Der Bau und die Unterhaltung des Abwassernetzes in einer Stadt muss über Gebühren finanziert werden. Nach einem Urteil des OVG Münster zeigen wir auf einer interaktiven Karte, wie teuer die Abwasserversorgung für Sie in Ihrer Stadt ist.

Der Bau und die Unterhaltung des Abwassernetzes in einer Stadt muss über Gebühren finanziert werden. Nach einem Urteil des OVG Münster zeigen wir auf einer interaktiven Karte, wie teuer die Abwasserversorgung für Sie in Ihrer Stadt ist. © picture alliance/dpa

Zu hohe Abwassergebühren in NRW: Interaktive Karte zeigt Gebühren in Ihrer Stadt

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Die Abwassergebühren in NRW klaffen extrem weit auseinander. Jetzt hat ein Urteil die Berechnung der Gebühren erschüttert. Unsere interaktive Karte vergleicht die Gebühren aller Städte in NRW.

NRW

, 11.06.2022, 09:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Mitte Mai hat das Oberverwaltungsgericht Münster in Sachen Abwassergebühren eine wegweisende Entscheidung getroffen. Geklagt hatte ein Mann aus Oer-Erkenschwick und er bekam Recht. Die von der Stadt Oer-Erkenschwick festgesetzten Abwassergebühren stufte das Gericht als zu hoch ein.

Die konkrete Begründung dieser Entscheidung ist komplex und sie verändert die bisherige Rechtsprechung. Vereinfacht gesagt geht es darum, wie hoch die Abschreibungen und Zinsen für die baulichen Anlagen der Abwasserbeseitigung sein dürfen, die die Stadt in ihre Gebührenberechnung einbeziehen darf. Hier, da ist das OVG Münster überzeugt, hat die Stadt Oer-Erkenschwick zu hohe Sätze angelegt. Das Gericht geht davon aus, dass die erhobenen Gebühren daher um rund 18 Prozent höher sind als sie hätten sein dürfen.

Steuern unterliegen anderen Regeln als Gebühren

Grundsätzlich gilt nämlich bei Gebühren: Sie müssen zwar die Kosten decken, Gewinne über eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals hinaus sind allerdings nicht zulässig. Das gilt für Abwassergebühren ebenso wie für Straßenreinigungs- und Müllabfuhrgebühren. Für von den Städten und Gemeinden erhobene Steuern wie etwa die Hundesteuer gilt das übrigens nicht. Hier sind die Kommunen bei der Festsetzung nicht an solche Vorgaben gebunden.

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Der nordrhein-westfälische Bund der Steuerzahler hat die 2021 erhobenen Sätze der Abwassergebühren für alle 396 Städte und Gemeinden in NRW abgerufen. Anhand eines vierköpfigen Musterhaushaltes hat der Bund der Steuerzahler dann berechnet, wie hoch die Jahres-Abwassergebühr ausfällt. Wir haben die Daten in eine interaktive Karte übertragen, auf der Sie das Ergebnis für Ihre Stadt oder Gemeinde ablesen können.

Die so auf einen Blick zutage tretenden Unterschiede sind gewaltig. Am günstigsten ist die Abwassergebühr in Reken im Kreis Borken im Münsterland. In dieser Gemeinde mit ihren knapp 15.000 Einwohner fallen im Jahr Abwasserkosten von 246,50 Euro an.

150 Kilometer südlich von Reken liegt die Gemeinde Much im Rhein-Sieg-Kreis, 30 Kilometer östlich von Köln. Sie hat wie Reken ebenfalls knapp 15.000 Einwohner. In diesem Ort werden allerdings landesweit die höchsten Abwassergebühren verlangt: 1.274,90 Euro für die Musterfamilie im Jahr, im Vergleich zu Reken mehr als das Fünffache.

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Selbst wenn Orte direkte Nachbarn sind, sind die Unterschiede bei den Abwassergebühren oft riesig. In Olfen etwa beträgt die Jahresgebühr für einen Musterhaushalt 503,40 Uhr, im Nachbarort Selm 964,10. Oder: In Hamm kostet die Abwasser-Entsorgung 478,90 Euro, der Nachbar in Bergkamen nimmt mit 1.064,80 mehr als das Doppelte. Oder: Haltern verlangt 606,60 Euro, Datteln nebenan mit 778,20 Euro 270 Euro mehr.

Städten und Gemeinden droht eine große Finanzierungslücke

Noch steht nicht fest, ob die Stadt Oer-Erkenschwick gegen das Urteil des OVG Münster vor das Bundesverwaltungsgericht zieht. Eine Revision gegen das Urteil hat das OVG zwar nicht zugelassen, aber dagegen kann die Stadt Beschwerde einlegen und danach gegebenenfalls doch vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ziehen.

Fest steht allerdings schon: Sollte das Urteil Bestand haben, dürfte sich in zahlreichen Städten und Gemeinden die Kalkulation der Gebühren erheblich verändern – und zwar in aller Regel zu Gunsten der Bürgerinnen und Bürger. Des einen Freud, des anderen Leid: Für die Städte und Gemeinden könnte sich so eine erhebliche Finanzierungslücke auftun.

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