A45-Brücke Rahmede: Bürgermeister warnt vor immer mehr Nöten und Sorgen

Verkehr

Die Vorbereitungen zur Sprengung der Brücke Rahmede an der A45 sollen auf Hochtouren laufen. Doch der Bürgermeister sieht für Anwohner und Wirtschaft kaum Verbesserungen. Die Sorgen sind groß.

Lüdenscheid

16.04.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min
Ersan Acar steht vor seinem Haus, das unter der maroden A45-Brücke Rahmede steht. Seit 2010 lebt er hier. Nun soll die Brücke gesprengt werden. Er ist einer von vielen in der Region, die Nöte haben. (Symbol-/Archivbild)

Ersan Acar steht vor seinem Haus, das unter der maroden A45-Brücke Rahmede steht. Seit 2010 lebt er hier. Nun soll die Brücke gesprengt werden. Er ist einer von vielen in der Region, die Nöte haben. (Symbol-/Archivbild) © picture alliance/dpa

Gut vier Monate nach Vollsperrung der Autobahnbrücke Rahmede an der wichtigen A45 laufen die Vorbereitungen für Sprengung und Neubau auf Hochtouren. Unter anderem seien zum „Leichtern“ des Bauwerks bei Lüdenscheid Beton-Gleitwände mit dem Gewicht von 150 Elefanten von der Brücke gezogen worden, schilderte die Westfalen-Niederlassung der Autobahn GmbH.

Seit Anfang Dezember ist die Talbrücke im Sauerland voll gesperrt - und damit zugleich eine deutschlandweit zentrale Nord-Süd-Achse unterbrochen. Viele Anwohner vor allem in Lüdenscheid und die bedeutenden Wirtschaftsregion Südwestfalen sind stark getroffen. Hier gebe es noch kaum Verbesserungen, sagte der Lüdenscheider Bürgermeister Sebastian Wagemeyer.

Er war von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) als Bürgerbeauftragter für das mehrere Jahre dauernde Großprojekt eingesetzt worden. Als Teil des Steuerungsteams soll der SPD-Politiker die Sicht der betroffenen Region einbringen und für reibungslose Kommunikation unter den vielen Ebenen sorgen.

Laut Autobahn GmbH haben zahlreiche Arbeiten begonnen oder werden derzeit umgesetzt. Mit unmittelbar betroffenen Anliegern und Eigentümern habe man früh Kontakt aufgenommen. Ab Jahresbeginn wurden für die benötigten Flächen Gutachten zu deren Bewertung erstellt, berichtete eine Sprecherin. Es seien Verträge zum Kauf oder zu einer „vorübergehenden Inanspruchnahme“ der Grundstücke in Vorbereitung.

Lärm, Abgase, Stau nehmen nicht ab

Zum baulichen Fortschritt sagte sie auf Anfrage, Flächen unter der Brücke seien freigeschlagen worden, Baumstämme auch mit einer mobilen Seilbahn abtransportiert worden. Die Untersuchung des Baugrunds im Hang werde ohne Verzögerungen über die Bühne gehen. Ausschreibungen würden vorbereitet. Parallel dazu habe man erste Ausgleichsmaßnahmen im Umweltbereich umgesetzt. Dazu gehörten Nistkästen für Wanderfalken oder auch Ersatzquartiere für Fledermausarten.

Der Lüdenscheider Bürgermeister sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Belastung für Anwohner an den Umleitungsstrecken - Lärm, Abgase, Stau und Umwege - habe bislang kaum abgenommen. „Die Verringerung des Verkehrs, insbesondere des Schwerlastverkehrs in der Stadt und auf der Hauptumleitungsstrecke, zählt nach wie vor zu den größten Herausforderungen in diesem insgesamt extrem komplexen Konstrukt.“

Wirtschaftshilfen des Landes NRW sein zwar teilweise angekommen, aber „in der Perspektive nur ein Tropfen auf den heißen Stein“. Die Hilfen seien auch nicht „ganz passgenau“, meinte Wagemeyer mit Blick etwa auf kleinere Unternehmen, denen bis zu 90 Prozent der Einnahmen weggebrochen seien.

Das Bundesverkehrsministerium arbeite derzeit an einer Gesetzesänderung, um zielgerichtet etwa Zahlungen für den Einbau von Lärmschutzmaßnahmen leisten zu können. „Auch hier besteht eine große Dringlichkeit, diese Maßnahmen in die Umsetzung zu bekommen.“ Die Unternehmen seien weiter stark besorgt. Fachkräfteabwanderungen befürchteten auch Schulen, Verwaltung oder der medizinische Bereich.

Sein Start als Bürgerbeauftragter sei „turbulent“ verlaufen, berichtete Wagemeyer. An ihn würden immer mehr Sorgen, Ängste und Nöte herangetragen. Er habe inzwischen er ein kleines, noch nicht ganz vollständiges Team zusammengestellt, externe Expertise eingeholt, Verhandlungen mit Agenturen geführt und das Büro namens „Brückenbauer“ konzeptionell auf gute Füße gestellt.

„Es ist eine XL-Aufgabe, aber auch eine hochinteressante und einzigartige Herausforderung.“ Wissing hatte für den geplanten sechsspurigen Neubau „maximale Beschleunigung“ zugesagt - und eine Sprengung noch in diesem Jahr. Die anhaltende Sperrung der Brücke werde bei einer üblichen Neubauzeit von zehn Jahren Gesamtschäden von 3,5 Milliarden Euro verursachen, hatte jüngst eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft prognostiziert. Die Autobahn GmbH plant bisher allerdings mit fünf Jahren. Wagemeyer betonte, er halte das - ebenso wie eine Sprengung noch 2022 - für „absolut“ realistisch.

lnw