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60.000 Neuinfektionen weniger – doch die 4. Welle könnte nur eine Pause einlegen
Coronavirus
Die vierte Corona-Welle scheint an Kraft zu verlieren, aber: Es gibt Anzeichen, dass sie nur eine Pause einlegt, um dann stärker denn je zu werden. Die alarmierenden Signale häufen sich.
Auf den ersten Blick ist es eine erfreuliche Entwicklung, die sich da in den vergangenen Tagen abgespielt hat. Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus ist deutlich zurück gegangenen.
Zwar sind 345.645 neue Corona-Fälle, die das Robert-Koch-Institut (RKI) zwischen dem 6. und 13. Dezember registriert hat, noch immer eine gigantische Zahl, aber: Es sind auch rund 60.000 Neuinfektionen weniger als in der Woche zuvor.
Das wäre in der Tat eine sehr gute Nachricht, wenn es nicht nach wie vor Zweifel an der Richtigkeit dieser Zahl geben würde. Möglichweise ist der Rückgang nämlich nur darin begründet, dass die Behörden nicht mehr mit der Datenübermittlung hinterherkommen.
Aber selbst, wenn alle Daten korrekt sein sollten, wären wir von einer Entspannung weit entfernt. Mehr noch: Es gibt Hinweise, dass die vierte Welle nur so etwas wie eine Verschnaufpause einlegt, um dann mit einem Verstärker um so heftiger zuzuschlagen.
Da sind zunächst die Zahlen aus den Krankenhäusern. Noch immer steigt die Zahl der Covid-19-Patientinnen und Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen. Am Montag (13. Dezember) sind das 4.899 Menschen. Mehr Corona-Kranke gab es auf den Intensivstationen zuletzt Anfang Mai. Und das gilt auch in Bezug auf die Beatmungspatienten.
Überaus bedenklich und traurig zugleich ist auch die Entwicklung der Zahl der Menschen, die an oder mit einer Coronainfektion gestorben sind. Zwischen dem 6. und 13. Dezember waren das 2.633 Betroffene. Mehr Corona-Tote hatte es zuletzt in der Woche zwischen dem 15. und 22. Februar gegeben, als das RKI 2.827 Todesfälle registrierte.
Das alles zeigt, wie ernst die Lage weiterhin ist, zumal mit der zunächst in Südafrika identifizierten Omikron-Variante ein neuer unberechenbarer Faktor ins Spiel gekommen ist. Noch gibt es nur einige wenige Fälle in Deutschland, doch das dürfte sich rasch ändern. In Großbritannien und Südafrika breitet sich die Variante rasend schnell aus. Offenbar ist sie deutlich ansteckender als alle bisherigen Varianten.
Die fatale Eigenschaft von Omikron
Und dann hat Omikron allem Anschein nach die fatale Eigenschaft, auch den durch die bisherigen Corona-Impfungen aufgebauten Schutz zu umgehen. Nach der Einschätzung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach beträgt der Schutz vor einer Infektion mit Omikron nach einer vollständigen Impfung nur rund 35 Prozent und der Schutz nach einer Booster-Impfung etwa 75 Prozent.
Das sind keine guten Werte, auch wenn nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen eine Impfung auch bei Omikron einen sehr guten Schutz vor einem schweren Verlauf der Infektion gewährleistet. Zudem – und auch das ist eine gute Erkenntnisse – scheinen generell die durch Omikron ausgelösten Erkrankungen in der Regel nicht so schwerwiegend wie bei anderen Varianten zu sein. Dennoch könnte die hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit von Omikron wie ein Verstärker in der sich gerade stabilisierenden vierten Welle auswirken und die Pandemie erneut anheizen. Das wäre fatal.
Das gilt umso mehr, als die Geschwindigkeit bei den Erst-Impfungen nach einem Aufschwung in den Vorwochen zuletzt wieder nachgelassen hat. Gerade einmal 520.207 Menschen erhielten zuletzt innerhalb einer Woche die erste Spritze. Bei den Booster-Impfungen waren es mit 5,2 Millionen im gleichen Zeitraum zehnmal so viele.
27,6 Prozent aller Deutschen sind noch ungeimpft
Noch immer sind aktuell 27,6 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ungeimpft. 30,6 Prozent haben noch keine zweite, 78,7 Prozent noch keine Boosterimpfung erhalten. Wenn man dann der aktuellen Einschätzung des Gesundheitsministers folgt, nach der selbst eine Impfquote von 90 Prozent nicht ausreicht, um die Pandemie zu stoppen, wird schnell deutlich, warum inzwischen eine Impfpflicht für bestimmte Berufe beschlossen und eine solche für alle Menschen in Vorbereitung ist.
Allein durch Überzeugungsarbeit dürften Impfquoten, wie sie notwendig wären, in absehbarer Zeit nicht erreicht werden. Das gilt umso mehr, als sich die Fronten inzwischen deutlich verhärtet haben. Das macht es Menschen, die sich bisher nicht haben impfen lassen, zunehmend schwer, die eigene Position zu korrigieren. Eine Impfpflicht würde ihnen einen das Gesicht wahrenden Ausweg bieten: „Jetzt bleibt mir ja nichts anderes übrig. Jetzt muss ich ja und lasse mich daher impfen.“
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
