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100.000 Corona-Tote: Deutschland hat eine katastrophale Todesfall-Rate
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Inzwischen gibt es 100.000 Menschen, die in Deutschland an oder mit Corona gestorben sind. Und es wird viele Tote mehr geben. Zahlen zeigen, wie Deutschland im europäischen Vergleich dasteht.
Anfang März 2020 starben in Deutschland die ersten beiden Menschen an oder im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion: ein 78 Jahre alter Mann in Heinsberg und eine 89-jährige Frau in Essen. Es war der tödliche Beginn einer Pandemie. Am Donnerstag (25.11.) hat sie mit jetzt insgesamt 100.119 Corona-Toten eine neue, schreckliche Grenze überschritten. Ein Ende ist nicht in Sicht, im Gegenteil.
So viele weitere Tote kommen auf uns zu
Es ist erst wenige Tage her, da rechnete Lothar Wieler, der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI) vor, was die seit Wochen hohen Infektionszahlen bedeuten: 0,8 Prozent aller Menschen, die sich in diesen Wochen infizieren, werden sterben, sagte Wieler. Das sei unumstößlich, man könne sie trotz aller medizinischen Bemühungen nicht mehr retten.
Wobei 0,8 Prozent schon ein deutlich besserer Wert ist als die durchschnittlichen 1,8 Prozent, die es bezogen auf die ganze Zeit der Pandemie in Deutschland sind. Impfungen und die wachsenden Erfahrungen in der Behandlung der Covid-Kranken haben den Prozentsatz in den vergangenen Monaten deutlich nach unten gedrückt. Trotzdem ist die Corona-Sterblichkeit in Deutschland noch immer hoch.
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Am Donnerstag meldete das RKI 75.961 neue Corona-Fälle. Nach der Formel von Lothar Wieler bedeutet das: 608 dieser Menschen werden diese Pandemie nicht überleben, sie werden als Corona-Tote in die Geschichte dieser Seuche eingehen.
Und aktuell deutet nichts darauf hin, dass sich die Zahlen sehr schnell wieder beruhigen werden. Die Prognose des Carité-Virologen Christian Drosten, dass weitere 100.000 Menschen in Deutschland an oder mit Corona sterben werden, wenn nicht sofort energisch gegengelenkt werde, hängt wie eine düstere Prophezeiung über diesem Herbst.
Der Blick auf die Corona-Bilanz von 46 europäischen Ländern
Da stellt sich an dieser Wegmarke die Frage: Wie steht Deutschland im europäischen Vergleich da? Wie hat unser Land diese Seuche bisher bewältigt? Die Antwort fällt sehr zwiespältig aus. Bei einigen Faktoren schneidet Deutschland gut, bei anderen passabel und bei noch anderen geradezu jämmerlich ab.
Da ist zunächst die Infektionsquote. Dahinter verbirgt sich die Frage, wie groß ist der Anteil derer an der Bevölkerung, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben? Hier landet Deutschland unter den 46 europäischen Ländern, die wir miteinander verglichen haben, mit einem Wert von 6,61 Prozent auf einem guten 4. Platz. Besser sind hier nur die drei nordischen Länder Finnland (3,22 Prozent), Norwegen (4,52 Prozent) und Island (4,95 Prozent). Extrem schlecht schneiden zum Beispiel Großbritannien (14,64 Prozent), die Niederlande (14,73 Prozent) oder – ganz am Schluss der Skala – Montenegro (27,74 Prozent) ab.
Dieser Wert kann sich sehr gut sehen lassen, schließlich bedeutet das: Deutschland hat es im Ganzen betrachtet sehr viel besser als andere Länder geschafft, dass sich möglichst wenig Menschen mit dem Coronavirus infizieren. Die getroffenen Schutzmaßnahmen haben also geholfen. Ob dieser Wert auch in einigen Monaten noch so gut aussieht, ist eine andere Frage, denn aktuell explodieren die Infektionszahlen in lange für nicht mehr möglich gehaltener Weise.
Katastrophale Todesfallrate in Deutschland
Sehr viel schlechter, um nicht zu sagen katastrophal, schneidet Deutschland bei der Letalität ab. Dabei geht es um die Frage: Wieviel Prozent der mit dem Coronavirus infizierten Menschen sterben an oder mit dem Virus? In diesem Ranking landet Deutschland (Stand 24.11.) mit einem Wert von 1,81 Prozent von 46 Ländern auf dem 35. Platz. Damit steht Deutschland noch schlechter da als beispielsweise die Türkei (0,87 Prozent), Serbien (0,91 Prozent) oder selbst Albanien (1,55 Prozent). Diese hohe Quote stellt dem Gesundheitswesen in Deutschland nicht gerade ein gutes Zeugnis aus.
Schlechter als der Kosovo und Nordmazedonien
Bei der Impfquote liegt Deutschland mit einem Wert von 68,1 Prozent vollständig Geimpften auf Rang 16 im vorderen Mittelfeld. Bei der 7-Tage-Inzidenz dagegen landet Deutschland mit 404,5 (Stand 24. 11.) nur auf dem 28. Platz, hinter Ländern wie dem Kosovo, Rumänien oder Nordmazedonien. Aktuell steigen die Inzidenzzahlen in Deutschland so schnell, dass ein weiteres Abrutschen in diesem Ranking zu befürchten ist.
Noch ein Blick über Europa hinaus: Weltweit sind laut Johns-Hopkins-Universität inzwischen 5.175.143 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben (Stand 25.11.). In den USA gab es allein 773.770 Tote. Dort liegt die Infektionsquote bei 14,41 Prozent, die Letalitätsquote bei 1,61 Prozent (also besser als in Deutschland), die Inzidenz bei 201,4 und die Impfquote bei 57,95 Prozent.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
