Ruhrtriennale-Intendantin verteidigt Rolle der Kunst

Zeit-Räume Ruhr

Mit einer kontroversen Podiumsdiskussion zur „Zukunft der Erinnerung“ endete am Mittwoch der zweitägige „Zeit-Räume Ruhr“-Konvent auf Zollverein in Essen. Stefanie Carp, Intendantin der Ruhrtriennale, diskutierte mit zwei Historikern, Lucian Hölscher aus Bochum und Jörn Rüsen von der Universität Witten-Herdecke, über Erinnerungskultur, daraus entstehende Erwartungen, Gefahren und die besondere Perspektive der Kunst.

Essen

, 27.06.2018, 18:53 Uhr / Lesedauer: 1 min
Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp: „Kunst muss Probleme machen, nicht lösen“

Ruhrtriennale-Intendantin Stefanie Carp: „Kunst muss Probleme machen, nicht lösen“ © Tobias Wurzel

Etwa die Hälfte der 200 angemeldeten Teilnehmer kamen zur Abschlussveranstaltung der Tagung „Zeit-Räume Ruhr“ auf Zollverein: der Podiumsdiskussion „Zukunft der Erinnerung“. Stefanie Carp beschränkte sich in ihrem Statement auf den Umgang von Künstlern der Ruhrtriennale mit Erinnerungsorten in der Region.

Künstler erfahren Geschichte in Erinnerungsorten

„Jeder, der diese Räume betritt, erfährt die Geschichte.“ Ein „Künstler-Ego“ könne sich dessen nicht entziehen. Auch hinterfragte sie kurz die Ursprünge von Nostalgie.

Deutlich komplexer waren die Ausführungen der Historiker: Hölscher hinterfragte, ob Erinnerungen überhaupt eine Zukunft haben. Die Tradition von Erinnerung sei mit einem „Drang zur Pädagogisierung bis hin zur Vergewaltigung von Geschichtsdiagnosen“ verbunden. Erinnerungskultur sei ein „Hype“, dessen Gefahren man sich bewusst sein sollte.

„Eine offene Zukunft ist überhaupt keine“

Völlig anders sah das Jörn Rüsen, der sich für eine Zukunftsperspektive aussprach: „Eine offene Zukunft ist überhaupt keine.“ Er plädierte an die Menschlichkeit, erinnerte ans Vergessen, kritisierte die aktuelle Kultur als „zerstörerisch“. Dagegen Carp: „Kunst ist dafür da, um Probleme zu machen, nicht zu lösen.“

Das interessanteste daran sei für sie die Perspektive aus der Zukunft – historisch unmöglich.

Der zweitägige Konvent ist Teil des Projekts „Zeit-Räume Ruhr“. Ende des Jahres soll dazu ein tausendseitiger Band mit 50 Erinnerungsorten erscheinen.