Frauenmörder wähnt sich auf göttlicher Mission „Holy Spider“ zeigt iranische Gesellschaft

Von Kai-Uwe Brinkmann
Frauenmörder wähnt sich auf göttlicher Mission:
Lesezeit

Mashhad ist die zweitgrößte Metropole des Iran. 2002 machten Morde an Prostituierten Schlagzeilen, die Regisseur Ali Abbasi in seinem sehenswerten Spielfilm „Holy Spider“ aufgreift. Der Iraner, seit 2002 in Europa, hat in Kopenhagen Film studiert.

Für „Border“, ein Horrorstück mit Trollen, heimst er viel Lob ein, „Holy Spider“ ist seine dritte Kinoarbeit, ein Krimi-Thriller, den Abbasi zum Gesellschaftsporträt ausweitet. Auf der Anklagebank hockt nicht bloß ein Serienmörder, sondern auch das Mullah-Regime des Iran, das Frauen bevormundet und unter Kuratel stellt.

Die heilige Stadt säubern

Der reale Täter nahm für sich in Anspruch, ein gottgefälliges Werk zu verrichten, indem er die heilige Stadt von „ehrlosen“ Frauen säubere, die herumlungerten und Männer verführten. Da ist es wieder, das Klischee vom sündigen Weibsbild, das zur Moral erst gezwungen werden muss.

Wie die Männergesellschaft des Iran wirklich aussieht, macht „Holy Spider“ mit einem Kunstkniff deutlich. Abbasi führt die (fiktive) Figur einer Journalistin ein, die nach Mashhad reist und den Fall aufgreift.

Genaue Darstellung des Irans

Sahra Amir Ebrahimi, in Cannes zur besten Darstellerin gekürt, spielt die aufmüpfige Arezu, die fuchsig wird, wenn man sie gängeln will. Der Kerl vom Hotel mahnt zur Kopfbedeckung? Die Antwort ist deutlich. Als ein Polizist zudringlich wird, hat sie einfach Glück.

Abbasi beschreibt genau das Klima, das im Land momentan den Protest befeuert. Und er etabliert eine Heldin, die sogar die Arbeit der Fahnder übernimmt: Arezu stellt sich als Lockvogel für den „Spinnenmörder“ nachts an die Straße.

Das Finale trägt dick auf

Frau und Täter Auge in Auge – als Thriller durchaus packend. Bei seiner Kritik am iranischen System schießt der Film über das Ziel hinaus, weil das Finale schwarzmalerisch zu dick aufträgt.

Dass religiöse Eiferer Demos für den „unschuldigen“ Mörder organisierten, ist Fakt. Dass sein stolzer Sohn andeutet, er könne in Vaters Fußstapfen treten, fällt unter Kintopp.

Männerwelt voller Hass: Krimi-Thriller „In der Nacht des 12.“ beruht auf einem wahren Fall

„Operation Fortune“ : Sie jetten um die Welt auf der Spur des Waffenhandels

Problem-Hund oder treuer Freund?: „Belle & Sebastian“ kommt bald ins Kino