Klimawandel
Zuschuss für Lastenrad: Mit wieviel Geld Städte den Verzicht aufs Auto versüßen
Ein Lastenfahrrad ist teuer: rund 5000 Euro. Nicht jeder muss aber so viel zahlen. Wer etwa in Lünen wohnt, kann bald sparen. Damit gehört die Lippestadt zu den Vorreitern im Kreis.
„Ein Lastenfahrrad ersetzt ein Auto“, sagt Marc Frieling. Der Mann aus Lünen weiß, wovon er spricht. Er verzichtet bewusst auf ein Auto und macht alle Besorgungen mit dem stabilen Fahrrad. In der Kiste hinter dem Lenker lassen sich 100 Kilo bequem transportieren: Einkäufe, auch Getränkekisten, Kinder, Hunde - ganz nach Bedarf. „In Lünen sieht man diese Lastenräder noch relativ selten“, sagt Frieling. Das könnte sich aber bald ändern - Dank eines Beschlusses, den der Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität am Mittwoch (1. 6.) fast einstimmig gefasst hat.
Düsseldorf hat es vorgemacht. Der Rat der Landeshauptstadt hatte im April 2021 ein städtisches Förderprogramm beschlossen - zusätzlich zu den bestehenden Programmen von Land und Bund, die sich allerdings nur an Unternehmen und Kommunen richten. Lastenfahrräder und -anhänger werden seitdem in der reichen Rheinmetropole mit 50 Prozent der Anschaffungskosten bezuschusst. Die Maximalförderung beträgt 2500 Euro. Vorgesehen war ursprünglich eine Gesamtsumme von einer Million Euro pro Jahr - viel zu wenig, wie sich angesichts der großen Nachfrage schon bald zeigte. Schon im ersten Jahr hat Düsseldorf die Förderung auf zwei Millionen Euro aufgestockt. Dennoch konnten die Anträge nicht alle abgearbeitet werden.
Düsseldorf gibt 2500 Euro Zuschuss
Das Modell Düsseldorf hat schnell, wenn auch längst nicht flächendeckend, Nachahmer gefunden: im Kreis Unna inzwischen auch in der Stadt Unna. Die Kreisstadt hat beschlossen, 25.000 Euro zur Verfügung zu stellen für den Kauf privater Lastenräder. Wie genau die Förderrichtlinien aussehen, wird aber erst „im Laufe des Sommers“ erarbeitet, wie es im Rathaus Unna heißt. Da ist Lünen inzwischen weiter. Und großzügiger - wenn auch längst nicht so freigebig wie das Vorbild Düsseldorf.
Lastenfahrräder werden immer populärer. Verdecke helfen, dass die Passagiere nicht nass werden. © Stefan Korte
Lünen, die größte Stadt des Kreises Unna, will 50.000 Euro für den Kauf von Lastenrädern zur Verfügung stellen. Das 360.000 Einwohner große Mönchengladbach hat genauso viel Geld in die Hand genommen. Während es in Lünen mindestens 63 Menschen sein werden, die vermutlich ab Herbst mit einem Zuschuss aus der Stadtkasse für ein besseres Klima strampeln können, waren es in der rheinischen Großstadt gerade einmal 20. Von denen kann aber jeder einen deutlich tieferen Schluck aus der Pulle nehmen: Genauso wie Düsseldorf stehen bis zu 2500 Euro pro Antragsteller zur Verfügung. Das ist in Lünen anders geplant.
Lünen liegt mit 800 Euro im Mittelfeld
In der Lippestadt wird die Förderquote bei maximal 20 Prozent des Anschaffungspreises liegen - allerdings höchstens 800 Euro je Lastenrad. Unter den Städten, die überhaupt bezuschussen - immer noch eine Minderheit, ist das ein Wert im Mittelfeld. Siegen gibt 350 Euro pro Lastenrad dazu. Essen und Drensteinfurt 500 Euro, Datteln, Recklinghausen und Haltern bis zu 1000 Euro und Dortmund pauschal 1000 Euro.
Marc Frieling, der Fahrradaktivist aus Lünen, hätte sich für für seine Stadt noch mehr gewünscht. Er ist Ratsmitglied der Grünen und hatte den Antrag auf Förderung der Lastenräder selbst initiiert. Dennoch sei es schon einmal „ein richtig guter Start“. Jedes Lastenrad helfe, Autoverkehr einzudämmen und damit die CO2-Belastung zu reduzieren und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Frieling ist überzeugt, dass so vor allem der Verzicht auf den Zweitwagen leicht gemacht werde. Und dass mehr Lastenräder im Straßenbild auch andere zum Umsteigen bewegen werden. Allerdings hat er auch eine Sorge.
Diese Erfahrung hat Mönchengladbach gemacht
Er könne sich vorstellen, dass „wir überrannt werden“, sobald das Anmeldeportal öffnet. So waren auch die Erfahrungen in Mönchengladbach. 147 Menschen hatten sich dort Mitte Mai 2022 innerhalb des ersten Tages gemeldet. Am Ende wird jetzt das Los entscheiden, wer zum Zuge kommt. Wie sich Lünen für den Ansturm wappnen wird, ist noch offen. Im Herbst soll es so weit sein - mit dem Förderpaket. Etwas anderes wird noch länger dauern.
Gefahrenstellen, schlechte Fahrbahn, irritierende Beschilderung, fehlende Abstellmöglichkeiten: „Unsere Fahrradwege in Lünen sind nicht unbedingt geeignet für Lastenfahrräder“, sagte Dr. Hans-Martin Prager (CDU). Der Beschluss zur Förderung, den er mittrug, bedeute, „eigentlich den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen“. Nur eine Fraktion lehnte das Förderpaket für Lastenräder ab: die AfD. „Das ist rausgeschmissenes Steuergeld“, sagt Friederike Hagelstein. Bei nur einer Gegenstimme im Ausschuss für Klima, Umwelt und Mobilität scheint auch der Zustimmung im Stadtrat nichts mehr im Wege zu stehen. Das Gremium tagt am 23. Juni um 17 Uhr im Rathaus.
Kostenlos testen Dank Angebots des adfc
Um rechtzeitig vor der Öffnung des Förderportals im Herbst entscheiden zu können, ob ein Lastenrad für sie in Frage kommt, haben Lünerinnen und Lüner eine gute Gelegenheit. Kurz vorm Pfingstwochenende ist Ella nach Lünen zurückgekehrt: ein zweispurig elektrisch unterstütztes Cargobikes der Marke Babboe, des adfc-Kreisverbandes Unna. „Bis Ende des Jahres steht es in der Radstation am Hautbahnhof Lünen zur kostenlosen Ausleihe bereit“, sagt Marc Frieling, der auch Mitglied ist im Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (adfc). Eine Buchung ist über die Homepage der Vereins möglich. Wer ein Wochenende lang mit Ella radelt, werde schnell verstehen: „Ein Lastenrad ist nicht nur vernünftig, es macht einfach auch Spaß.“
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