Adriana Ungurianu ist Sozialarbeiterin und kommt selbst aus Rumänien. Als Lotsin bietet sie in einer Kinderarztpraxis wöchentlich kostenlose Sprechstunden an. Ziel ist es, vor allem rumänische Familien zu erreichen und zu unterstützen.

Adriana Ungurianu ist Sozialarbeiterin und kommt selbst aus Rumänien. Als Lotsin bietet sie in einer Kinderarztpraxis wöchentlich kostenlose Sprechstunden an. Ziel ist es, vor allem rumänische Familien zu erreichen, damit ihre Kinder Vorsorgeuntersuchungen und Bildungsangebote wahrnehmen. © Quiring-Lategahn

Wenn Brambauer Familien Hilfe brauchen: Lotsin Adriana Ungurianu zeigt Wege auf

rnLotsendienst in Kinderarztpraxen

Sechs Kinder hat die Mutter aus Rumänien. Vorsorgeuntersuchungen kennt sie nicht, Kitabesuche sind in ihrer Heimat unüblich. Damit ihre Kinder in Brambauer gut aufwachsen, hilft eine Lotsin.

Brambauer

, 16.07.2022, 09:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Vieles ist ihnen fremd an ihrem neuen Wohnort. In den Jahren 2015 bis 2017 sind verstärkt Zuwanderer aus Südosteuropa nach Brambauer gezogen. Die meisten kommen aus Rumänien, etliche sind Sinti oder Roma. Viele Familien haben ihre ganz eigenen Probleme. Das fängt bei der Sprache an. Doch es geht weiter: Was hier selbstverständlich ist, der Kita- oder der regelmäßige Schulbesuch, wird in der Heimat oft vernachlässigt. Zum Arzt geht man dort nur, wenn jemand krank ist, aber nicht unbedingt, um sich impfen zu lassen oder Vorsorge wahrzunehmen. Dass das hier kostenlos ist, wissen viele nicht. Hinzu kommen Schwierigkeiten mit Behörden oder bei der Jobsuche.

Von komplexen Problemlagen spricht Sozialarbeiterin Adriana Ungurianu (32). Manche Kinder und deren Familien leiden unter innerfamiliären Belastungen und brauchen Unterstützung. Die üblichen Angebote nehmen sie aber meist nicht wahr. Hier setzt die Arbeit von Adriana Ungurianu an. Seit August 2020 begleitet und unterstützt sie alle hilfesuchenden Familien im Stadtteil, ein besonderer Fokus liegt auf Neuzugezogenen aus Südosteuropa. Dass sie rumänisch spricht, ist ein Vorteil. Die Sozialarbeiterin ist Teil des Projekts „Lotsendienst in Kinderarztpraxen“, für das das Lüner Jugendamt Geld aus dem Landesprogramm „Kinderstark - NRW schafft Chancen“ bekommt. Im Kreis Unna setzen auch Kamen, Unna und Bönen den Lotsendienst um.

Die Stadt Lünen möchte noch weitere Kinderarztpraxen gewinnen, um den Lotsendienst über Brambauer hinaus anzubieten.

Die Stadt Lünen möchte noch weitere Kinderarztpraxen gewinnen, um den Lotsendienst über Brambauer hinaus anzubieten. © Goldstein (A)

Immer montags von 11.30 bis 13.30 Uhr bietet Lotsin Adriana Ungurianu in der Kinderarztpraxis von Dr. Ayten Imren-Özden an der Königsheide 9 eine kostenlose Sprechstunde an. Für die Ärztin sei Adriana Ungurianu eine gute Unterstützung. „Bei Sprachbarrieren kann sie den Eltern vermitteln, welche Erkrankung das Kind hat und welche Untersuchungen nötig sind“, sagt Ayten Imren-Özden. Das werde gut angenommen.

Eigener Raum in der Kinderarztpraxis

Deshalb stellt Ayten Imren-Özden der Sozialarbeiterin in der Sprechstundenpause einen Raum zur Verfügung. Hier kann offen über Probleme gesprochen werden. Die beziehen sich nicht nur auf Kinderkrankheiten, fehlende Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen, da geht es auch um ärztliche Empfehlungen, Entwicklungsverzögerungen oder Probleme und Auffälligkeiten in der Schule. Aufgrund der Corona-Situation sollte mit Adriana Ungurianu vorher ein Termin unter Tel. 0175/4693783 vereinbart werden.

Kontakte zu anderen Einrichtungen knüpfen

Die junge Mutter mit den sechs Kindern beispielsweise war nicht krankenversichert, weil das Jobcenter die Leistungen nicht mehr bewilligt hatte. Adriana Ungurianu knüpft Kontakte zu Kobra, der Kooperative Bearbeitung regionaler Armut, die die Umweltwerkstatt anbietet. Sie geht auf Wunsch zu Elterngesprächen in der Schule mit, hilft bei der Kita-Anmeldung oder weist auf weitere Angebote hin, beispielsweise von Einrichtungen der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens oder von Vereinen.

32 Familien werden von der Lotsin aktuell begleitet. „Ich freue mich, wenn sich Familien melden und mir ihr Vertrauen schenken“, sagt sie. Manchmal muss sie auch Rückschläge hinnehmen. Wenn vereinbarte Termine nicht eingehalten und auch nicht abgesagt werden. „Ich versuche, alle zu verstehen“, so Adriana Ungurianu. Für eine Mutter mit sechs Kindern ohne Auto sei das eben nicht immer leicht.

Projekt weiter ausdehnen

Inzwischen zeigt sich der Erfolg des Lotsendienstes. Die Sozialarbeiterin konnte Eltern sensibilisieren, ärztliche Empfehlungen, auch Vorsorgeuntersuchungen, früher in den Blick zu nehmen. Etliche Kinder haben inzwischen einen Kita-Platz. Es gibt Rückmeldungen aus der Schule, die positiv sind.

Die Stadt Lünen sucht weitere Kinderarztpraxen, die sich an dem niederschwelligen Angebot des Lotsendienstes beteiligen. Dann könnte das Projekt auf weitere Ortsteile Lünens ausgeweitet werden.

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