Zur kleinen Weihnachtsausstellung im Museum gehört auch ein Engel mit Wachskopf und metallischem Gewand. Museumsleiterin Dr. Katja Stromberg zeigt Gegenstände, die aus dem Alltag der Lünerinnen und Lüner stammen. Sie sind kulturgeschichtlich interessant.

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Weihnachten im Museum: Als es Bescherung nur in bürgerlichen Familien gab

rnExponate aus der Sammlung

Weihnachten im Museum zeigt den Wandel. Früher gab es lediglich in bürgerlichen Familien Bescherung zum Fest. Nur sie konnten sich ein Wohnzimmer samt Weihnachtsbaum und Geschenken leisten.

Lünen

, 25.12.2021, 08:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Engel mit dem Wachsgesicht trägt ein Kleid aus Metall. Er ist Teil einer kleinen Weihnachtsausstellung im Stadtmuseum Lünen. Sie zeigt auch, was früher unter dem Tannenbaum lag und dass Geschenke eine Aufgabe hatten: Sie sollten Kinder belohnen und erziehen. Die kleine Sammlung nimmt den Betrachter mit auf eine Zeitreise. Es geht zurück ins Biedermeier, als der Brauch der Bescherung in den großbürgerlichen Kreisen aufkam, und führt bis in die heutige Zeit. Da steht der Plastik-Nikolaus als Playmobilfigur.

Einst waren Weihnachtsmänner die Gabenbringer. Ganz früher galten sie als strenge Gesellen.

Einst waren Weihnachtsmänner die Gabenbringer. Ganz früher galten sie als strenge Gesellen. © Quiring-Lategahn

Vieles im Museum ist schon in Kisten verpackt, weil der Umzug in die umgebaute Villa Urbahn gut organisiert sein will. Doch in einer Ecke im ehemaligen Gesindehaus Schwansbell ist Weihnachten. Mit Exponaten aus einer Sammlung, die 2014 dem Museum gespendet wurde. Ganz vorne steht eine kleine Parade Weihnachtsmänner. Früher waren sie die Gabenbringer. Doch lange davor galt der Weihnachtsmann als strenge Gestalt. Damals gehörte er noch nicht in einen religiösen Kontext. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde er zum milden Geber. Manchmal hatte er einen blauen Mantel. Rot wurde dieser in Anlehnung an das Bischofsgewand des St. Nikolaus. Als Santa Claus war er in den USA bekannt und wurde zur Werbefigur von Coca Cola. Vor allem für protestantische Bürgerfamilien war der Weihnachtsmann auch Erziehungsgehilfe: Gaben sollten motivieren und Zeichen elterlicher Liebe sein.

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Als Weihnachten Bescherfest wurde

Zum sogenannten Bescherfest wurde Weihnachten Mitte des 19. Jahrhunderts. In bürgerlichen Kreisen bekam das kindlichen Spiel einen höheren Stellenwert, es sollte auf das Leben vorbereiten. Zunehmend wurde Spielzeug verschenkt. Im Erzgebirge, einer Bergbauregion, entstand Spielzeug aus Holz, aber auch vieles mehr: Nußknacker, Spieluhren und Kerzenhalter sowie Pyramiden und Kurrendesänger. All das findet sich im Museum.

In katholischen Familien stand früher an Weihnachten die Krippe im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu den protestantischen Familien kam ihnen erst im 19. Jahrhundert ein Weihnachtsbaum ins Haus.

In katholischen Familien stand früher an Weihnachten die Krippe im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu den protestantischen Familien kam ihnen erst im 19. Jahrhundert ein Weihnachtsbaum ins Haus. © Quiring-Lategahn

Wie ein Weihnachtsbaum, der früher mit Essbarem geschmückt war: Apfel, Nuss, Mandelkern, Früchte und Gebackenes hing in seinen Zweigen. Ein Glasbläser, der sich das nicht leisten konnte, formte Glaskugeln für seinen Baum. Dies war der Anfang einer Tradition, die bis heute gepflegt wird. Einen Weihnachtsbaum stellten früher vornehmlich protestantische Familien auf, bei den Katholiken hingegen war die Krippe der Mittelpunkt des Weihnachtszimmers. Unter dem Baum lagen auch damals schon die Geschenke, allerdings zunächst abgedeckt, damit sie die Kinder nicht vom Beten und Singen ablenkten.

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Die Mutter als Mittelpunkt der Familie

Weihnachtsteller mit Süßigkeiten gehörten ebenfalls zum Fest. Im Museum finden sie sich mit Märchenmotiven oder als Weihnachtsgabe von Firmen. Auf einem Teller steht ein Weihnachtsgruß vom evangelischen Kindergottesdienst 1926. Eine Weihnachtstasse zeigt Engel und Christkind vor einem Haus. „Ehre sei Gott in der Höhe“ ziert ein Schmuckband auf dem Porzellan. Ein Weihnachtsheft mit Gedichten und Liedern von 1943 macht das Frauenbild der damaligen Zeit deutlich: die Mutter als Mittelpunkt der Familie.

Eine Weihnachtstasse aus den 1920er Jahren zeigt das Christkind mit einem Engel vor einem verschneiten Haus.

Eine Weihnachtstasse aus den 1920er Jahren zeigt das Christkind mit einem Engel vor einem verschneiten Haus. © Quiring-Lategahn

Und auch an dunkle Zeiten erinnern Exponate im Museum: Eine Gebäckpresse aus einem polnischen Privathaushalt ist 1945 auf der Flucht mitgenommen worden und später in Lünen gelandet. Wie auch Adventshäuschen. Sogar „ganze Puppenstuben sind fürs Kind auf der Flucht mitgebracht worden“, weiß Museumleiterin Dr. Katja Stromberg.

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„Frohes Fest“ auf der Hertie-Tüte

Die derzeitige Hauptausstellung im Museum widmet sich „Jüdischem Leben in Lünen“. Katja Stromberg berichtet, dass es in der Hitler-Zeit Christbaumkugeln mit Hakenkreuzen und im Ersten Weltkrieg auch in Bombenform gab. Weihnachten im Museum zeigt zeittypische und gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch Brauchtum, das bis heute gepflegt wird. Dass es längst zu einem Konsumfest geworden ist, verdeutlicht die Hertie-Plastiktüte mit dem Aufdruck: Frohes Fest.

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