
Jährlich bekommt Lünen viele Millionen Euro vom Land NRW. Kämmerin Bettina Brennenstuhl sagt auch, dass die Anträge für Förderprogramme häufig sehr kompliziert sind. Folgekosten bleiben außerdem oft bei der Stadt. © Stadt Lünen / dpa
Viele Millionen vom Land für Lünen: „Leider oft zu kurz gesprungen“
Landesmittel
Stadtgartenquartier, Breitbandausbau, Förderung für Innenstadt und Brambauer oder I-Pads an Schulen: Ohne Geld vom Land ginge das in Lünen nicht. Rundum glücklich ist die Kämmerin aber nicht.
Wie viel Geld bekommt die Stadt Lünen eigentlich vom Land NRW? Die kurze Antwort: Allein 2022 werden es wohl rund 127,4 Millionen Euro sein. Der größere Teil, nämlich rund 85,4 Millionen Euro (2021: rd. 73 Millionen Euro) entfallen auf die sogenannten Schlüsselzuweisungen, die jede Kommune vom Land erhält. Sprich: Beteiligungen an Steuergeldern, die der Stadt für eigene Zwecke zur Verfügung stehen.
Mit rund 42 Millionen Euro rechnet die Verwaltung aus Fördermitteln des Landes (inklusive Anteile des Bundes), wie Lünens Kämmerin Bettina Brennenstuhl beim Blick in den Haushaltsplan erklärt. Rund 17 Millionen davon verteilen sich auf Investitionen in Lünen, darunter etwa die IGA 2027, Zentrenförderung für Brambauer und Innenstadt, Teile des Neubaus des Stadtmuseums, Breitbandausbau oder auch Gelder aus dem Digitalpakt.
Alles Weitere ist für sogenannte konsumtive Mittel - also Geld für laufende Ausgaben (etwa Mieten, Strom, Personal, Büromaterial). Zum Vergleich: Der gesamte Haushalt Lünen beträgt rund 300 Millionen Euro.
Förderlücke droht für OGS-Ausbau
13 Millionen Euro Fördermittel fließen auch in den Breitbandausbau, je zur Hälfte von Bund und Land. Die Anträge für diese Gelder sind längst bewilligt, den Ausbau übernehmen die Stadtwerke, die die Ausschreibung der Stadtverwaltung gewonnen haben. Dem Plan nach sollen 501 Haushalte sowie 66 Unternehmen und Klassen in 28 Schulen Lünens bis Dezember 2024 an das schnelle Internet angeschlossen sein. „Stand jetzt wird der Ausbau dann auch fertig sein“, so Brennenstuhl.
Ein weiteres Großprojekt: der Ausbau der offenen Ganztagsschule. Ab 2026 hat jedes Kind Anspruch auf einen Platz. Dafür gibt es, neben Bundesmitteln, auch Geld von den Ländern, die die Entscheidung über den Bundesrat mitgetragen haben. Ursprünglich sollte der OGS-Ausbau komplett von Bund und Land refinanziert werden.

Fördergelder für OGS-Ausbau gibt es etwa für neue Gebäude. Wie hier für einen Anbau an der Gottfriedschule/Matthias-Claudius-Schule (Archivbild) rund 1,3 Millionen Euro. Andere Fragen rund um den ab 2026 geltenden OGS-Anspruch für alle Kinder sind bislang noch nicht nicht beantwortet. © Goldstein (A)
„Das scheint nach aktuellem Stand laut Städte- und Gemeindebund aber nicht der Fall zu sein. Sowohl beim Ausbau als auch beim nachfolgenden Betrieb soll es eine große Versorgungslücke geben“, sagt Bettina Brennenstuhl. „Meiner Meinung nach widerspricht das dem Konnexitätsprinzip. Das besagt: Auch in der Folge solcher Projekte dürfen keine Finanzprobleme auf die Kommunen abfallen.“
Wer kümmert sich um Fachkräfte an Schulen?
Weitere offene Fragen seien etwa die nach ausreichendem Platz in Schulgebäuden oder auf dem Schulgelände. „Das mit dem Platz bekommen wir in Lünen noch hin. Relativ wenig gesprochen wird zurzeit aber darüber, wo die Fachkräfte dafür herkommen sollen.“ Hier müsse dringend nachgebessert werden. Wie viel Geld Lünen für den OGS-Ausbau bekommen wird, und wie viel dann noch fehlt, kann Brennenstuhl aktuell noch nicht beziffern. „Es spielt in der jetzigen Planung aber schon eine Rolle. Das kann ich vielleicht in zwei bis drei Monaten genauer sagen.“
Der Ausbau der B54 / Dortmunder Straße spielt für den städtischen Haushalt direkt nur eine sehr kleine Rolle. Rund 16 Millionen Euro kostet das Großprojekt von Straßen.nrw für den vierspurigen Ausbau, der nach Fertigstellung auch für Lüner Autofahrer eine Verbesserung sein soll.
Anträge beschäftigen ganze Teams und Juristen
Eine klassische Forderung der Städte und Gemeinden, auch aus Lünen, ist da nach mehr Geld von Land und Bund. Reicht das Geld also nicht? „Das ist gar nicht so leicht zu beantworten“, sagt Brennenstuhl. „Wir würden aber keine Sonderfördermittel brauchen, wenn wir eine nachhaltige und ausreichende Grundfinanzierung hätten.“
Das sei aber nur ein Teil des Problems. „Häufig sind Fördermittelprogramme sehr kompliziert. Wenn ich zunächst eine eigene Arbeitsgruppe mit zehn Mitarbeitern und eine rechtliche Beratung brauche, um einen Antrag zu stellen, ist das nicht so gut.“ Die Antragstellung müsse einfacher werden. Abgelehnte Förderanträge gebe es dennoch nur selten, so Brennenstuhl. „Eher kommt es vor, dass Fördertöpfe überzeichnet sind, es also zu viele Anträge gibt und deshalb nicht alle durchgehen.“
Folgekosten für Schüler-iPads bleiben bei der Stadt
Hinzu komme, dass die Förderungen häufig politisch motivierte seien. „Natürlich ist ‚Gute Schule 2020‘ ein gutes Programm und Bildungsstruktur ist wichtig. Im Vergleich zu den nördlichen Ländern liegen wir deutlich zurück.“ Hier würden allerdings Gelder sehr konzentriert auf den Markt gebracht. Die Konsequenz: Alle Kommunen bauen zeitgleich Schulen und machen sich dabei auch Konkurrenz. Und nur ein kleiner Teil des gesamten Marktes werde bedient.
Ein anderes Beispiel seien Folgekosten, auf denen Kommunen wahrscheinlich sitzen bleiben. „Die iPads für Schüler und Lehrer sind gefördert worden, das ist zunächst einmal super.“ Nicht gesprochen worden sei aber über den technischen Support, für den die Stadt Lünen jetzt drei bis vier Leute einstellen musste. „Und was passiert, wenn die iPads in einigen Jahren ersetzt oder erneuert werden müssen? Ich will Politikern nichts Schlechtes. Aber gut gemeinte Förderprogramme sind da leider zu kurz gesprungen.“
Wünschenswert und zielführender wäre es laut Bettina Brennenstuhl, wenn Förderungen nicht nur als Einzelprogramme, sondern pauschaler ausgesprochen werden würden. Logisch: Dann hätte auch Lünen deutlich mehr Freiheit beim Planen und Ausgeben.
Beruflicher Quereinsteiger und Liebhaber von tief schwarzem Humor. Manchmal mit sehr eigenem Blick auf das Geschehen. Großer Hang zu Zahlen, Statistiken und Datenbanken, wenn sie denn aussagekräftig sind. Ein Überbleibsel aus meinem Leben als Laborant und Techniker. Immer für ein gutes und/oder kritisches Gespräch zu haben.
