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Kundenärger im Telefonshop: „Verbraucher werden massiv unter Druck gesetzt“
Testkäufe in Geschäften
Kunden werden in Telefonshops häufig zu Vertragsabschlüssen gedrängt. Ein Gesetz soll das zwar ändern. Verbraucherschützer haben jedoch herausgefunden: Viel geändert hat sich leider noch nicht.
Am 15. März ist Weltverbrauchertag – und der steht in diesem Jahr unter dem Motto „Pass auf deine Mäuse auf“. Dazu hat die Verbraucherzentrale NRW das Thema Telekommunikation gewählt. Denn hier gibt es noch Handlungsbedarf, obwohl seit dem 1. Dezember 2021 eine bessere Gesetzeslage herrscht.
Diese Änderung im Telekommunikationsgesetz (TKG) hat nämlich bewirkt, dass Vertragsbedingungen inzwischen wesentlich verbraucherfreundlicher sind. Ein neuer Telefonvertrag wird in der Regel mit einer Laufzeit von 24 Monaten abgeschlossen. „Bis Dezember war es so, dass sich der Vertrag automatisch um ein Jahr verlängert, wenn man nicht fristgerecht kündigt“, so Astrid Lindner, Leiterin der Verbraucherzentrale Kamen. Nach neuem Stand können Verbraucher nach Ablauf der Mindestdauer einen Vertrag zu jedem Monat kündigen.
Mehr Sicherheit bei Vertragsabschlüssen
Eine weitere Neuerung des TKG soll Verbrauchern mehr Sicherheit bei Vertragsabschlüssen geben. Denn hier herrscht noch immer die größte Problematik, wie Jutta Gülzow, Leiterin der Zweigstelle in Lünen, weiß. „Verbraucher gehen vertrauensvoll in einen Shop und werden dort massiv unter Druck gesetzt. Angeblich tolle Sonderangebote gelten angeblich nur noch am selben Tag und müssen sofort unterzeichnet werden.“ Häufig bekämen die Verbraucher dabei die Unterlagen nicht einmal zu Gesicht.

Jutta Gülzow ist schon seit vielen Jahren Leiterin der Verbraucherzentrale-Beratungsstelle in Lünen. © Beate Rottgardt
Die Anbieter würden dabei ihrer Informationspflicht nicht nachkommen. Ein Produktinformationsblatt mit Preisen im Überblick würde erst ausgehändigt, wenn der Vertrag bereits zustande gekommen sei. „Das ist eine nette Übersicht, hat aber den Nutzen verfehlt, die richtige Vertragsentscheidung zu treffen“, so Gülzow. Und hierbei kommt die zweite Neuerung des TKG ins Spiel: Vor Vertragsschluss sollen Verbraucher nun eine verständliche Vertragszusammenfassung erhalten. Entweder auf Papier oder digital für eine bessere Übersicht.
Das Problem ist nur: Setzen das die Handyshops um? Dazu hat die Verbraucherzentrale in ganz NRW stichprobenartig untersucht, ob die Shops diese Zusammenfassung herausgeben. Das Ergebnis: „Von 198 Läden haben nur sechs Shops eine Übersicht ausgehändigt, fünf davon nur auf explizite Nachfrage. Ein einziger Shop hat sie freiwillig ausgehändigt“, so Ramona Pfau, Beraterin in Kamen und Lünen. In zwölf Läden seien gar keine schriftlichen Informationen zur Verfügung gestellt worden. Die anderen 180 Shops hätten Werbeflyer, persönliche Angebote und handschriftliche Zusammenfassungen herausgegeben.
Nur ein Laden im Kreis gab Vertragszusammenfassung heraus
Im Kreis Unna hätten laut Pfau 13 von 14 Läden Flyer ausgehändigt, nur ein einziger Laden gab die Vertragszusammenfassung nach expliziter Nachfrage und Ausgabe von persönlichen Daten heraus. Vier Shops in Kamen, sechs in Lünen und vier in Schwerte dienten dieser Stichprobe. „Die Problematik daran ist: Die Zusammenfassung soll uns die Möglichkeit geben, uns vor dem Abschluss des Vertrags zu informieren“, sagt Guido Spalthoff, Berater in der Zweigstelle Schwerte. „Die Ergebnisse zeigen aber klar, dass die Shops das nicht vorher herausgeben. Das neue Gesetz schützt also nicht so, wie es von der EU erdacht ist.“

Astrid Lindner ist seit einem Jahr Leiterin der Beratungsstelle Kamen der Verbraucherzentrale NRW. © C. Wortmann, Studio1 Fotografie
Deshalb fordert die Verbraucherzentrale eine weitere Änderung des TKG. Die Einführung eines 14-tägigen Widerrufsrechts etwa würde Verbrauchern die Möglichkeit geben, Vertragsunterlagen noch einmal in Ruhe zu prüfen. Denn: „Es ist eines der Hauptrechtsirrtümer, dass Verbraucher denken, sie könnten den Vertrag widerrufen“, so Lindner. Das sei derzeit nur in sehr speziellen Fällen gegeben.
Mehr Druck auf Shop-Betreiber ausüben
Wichtig sei auch, mehr Druck auf die Shop-Betreiber auszuüben. „So, wie es aktuell geregelt ist, hätten die keinen Anlass dazu, etwas zu ändern“, merkt Spalthoff an. Immerhin: Die Verbraucherzentrale kann im Zusammenhang mit der Auswertung der Stichproben Abmahnungen aussprechen, diese laufen in Form von Unterlassungserklärungen der Shops. „Wir fordern ein Unternehmen auf, einen bestimmten Vorgang zu unterlassen“, erklärt Hannah Pick, Leiterin der Geschäftsstelle Schwerte. „Behalten diese ihr bisheriges Verhalten bei, können empfindliche Strafen geltend gemacht werden. Werden von den Shops keine Unterlassungserklärungen abgegeben, führt das zu einer Klage.“

Hannah Pick ist seit einem Jahr Leiterin der Verbraucherzentrale-Beratungsstelle Schwerte. © Hannah Pick
Und eine weitere wertvolle Waffe ist Information, sagt Lindner: „Wenn mehr Verbraucher wissen, dass sie Vertragsinformation anfordern dürfen, dann ist die Motivation von Shops gegeben, das auch anzubieten. Sie wollen immerhin zufriedene Kunden haben.“
Was beachten bei Abschlüssen von Telefonverträgen?
- Hinterfragen Sie, was für einen Bedarf Sie im Alltag haben: Wie viel telefonieren Sie, wie viel Datenvolumen benötigen Sie unterwegs?
- Vergleichen Sie Preise und Angebote.
- Prüfen Sie genau Ihre Vertragsunterlagen. Bevor der Vertrag unterschrieben wird, müssen Händler eine Vertragszusammenfassung in Textform vorlegen.
- Drängen Sie auf die Informationspflichten Ihres Anbieters und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Angebote, die nicht verschriftlicht werden oder die zu gut klingen, um wahr zu sein, sollte man auf keinen Fall annehmen.
- Ist ein Vertrag unrechtmäßig zustande gekommen, prüfen Sie, ob dieser sich anfechten lässt – etwa, wenn Sie nicht hinreichend informiert wurden.
- Mit einer Drittanbietersperre schützen Sie sich vor ungewollten Bezahlvorgängen, die im Hintergrund aktiviert werden.
- Eine Checkliste gibt es auf der Seite der Verbraucherzentrale oder in den Geschäftsstellen in Kamen, Lünen und Schwerte.
Kamener Kind mit Wurzeln in Bergkamen. Findet seriösen Journalismus wichtiger denn je. Schreibt gern nicht nur über Menschen und Geschehen, sondern in der Freizeit auch über fantastische Welten. Seit 2017 im Einsatz, erzählt seit 2022 die Geschichten ihrer Heimatstadt.
