Taxi für 70 Euro: So erlebten Fahrgäste den ersten Tag mit Schienenersatzverkehr

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Taxi für 70 Euro: So erlebten Fahrgäste den ersten Tag mit Schienenersatzverkehr

rnStrecke Dortmund-Münster

Bis August fährt die Eurobahn nicht mehr wie gewohnt von Lünen nach Davensberg. Das führt mitunter zur Problemen: Michael Holz aus Bayern beispielsweise verpasst mehrere Züge und zahlt drauf.

Lünen

, 06.01.2020, 15:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Vollkommen aus dem Atem rennt Michael Holz die Treppe hoch. Seit 24 Stunden ist der 41-Jährige aus Bayern nun unterwegs. Doch gerade als er am Gleis angekommen ist, fährt der Zug in Richtung Dortmund auch schon ab. Für seine Verspätung ist er aber nicht selbst verantwortlich.

Der Schienenersatzverkehr: Eine Herausforderung für jeden Fahrgast. Seit Montag (6. Januar) fährt die RB50 nicht mehr wie gewohnt von Lünen nach Davensberg. Michael Holz ist einer von vielen, die mit der Situation überfordert sind.

„Bis Ascheberg lief alles gut.“ Dann hat er, wie es ihm sein Ticket angezeigt hat, bei den Bussen am Bahnhof auf seinen Ersatzbus gewartet. Zwei Minuten vor Abfahrt erfuhr der Mann aus Bayern schließlich, dass der Bus nicht direkt am Bahnhof abfährt, sondern noch etwa einen Kilometer davon entfernt. So verpasste er diesen.

Zug fährt nicht auf Gleis 3

Der letzte Ausweg: „Ein tiefer Griff in die Tasche.“ Um seinen Anschlusszug in Lünen trotzdem noch zu bekommen und auch die anderen Züge bis nach München nicht zu verpassen, bestellte er sich ein Taxi. 70 Euro kostete Michael Holz die Sonderfahrt. Trotzdem erreichte er den Zug von Lünen nach Dortmund nicht mehr rechtzeitig. Denn sein Ticket zeigte ihm Gleis 3 und nicht 1 an, was dem Mann aus Bayern erneut Zeit kostete.

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Das Problem hatte aber nicht nur er: „Eine andere Frau rannte mit mir zum anderen Gleis und verpasste den Zug auch.“ 20 Minuten später kam dann der nächste Zug nach Dortmund. Wie es von da an weitergehen sollte, wusste Michael Holz zu dem Zeitpunkt noch nicht - denn die Anschlusszüge wird er alle verpassen. „In Schulnoten würde ich der Bahn eine 6 geben“, sagt der 41-Jährige. 2015 sei er das letzte Mal Zug gefahren und hätte ähnliche Erfahrungen gemacht, da es einen Streik gab. In einem Monat muss Holz die Strecke erneut fahren. „Bis dahin überlegt ich mir noch, ob ich nicht besser mit dem Auto fahre.“

Besonders Pendler sind genervt

Die Situation am Lüner Bahnhof sieht aber nicht nur für den Mann aus Bayern grenzwertig aus. Viele Fahrgäste, besonders Pendler, sind genervt. Vor allem die, die die Strecke täglich fahren müssen - und das von nun an etwa acht Monate lang mit Beeinträchtigungen.

So fährt die Schülerin Michelle Schotte jeden Tag von Werne nach Dortmund. Wenn die Schule um 8.30 Uhr anfängt, muss sie nun schon um 6.40 Uhr aus dem Haus. Die 19-Jährige war aber schon einmal von einem Schienenersatzverkehr betroffen. „Beim letzten Mal haben sich die Busfahrer ständig verfahren“, erinnert sie sich. Jetzt hofft sie, dass wenigstens das funktioniert. Der erste Tag lief für sie schon nach Plan.

Für Marcel Schoppmann hingegen nicht: Der 24-Jährige aus Herbern nimmt normalerweise die RB50, um zur Fachhochschule in Dortmund zu kommen. In den nächsten acht Monaten hat er die Ersatzmöglichkeit, mit dem Zug über den Bahnhof Mersch in Drensteinfurt zu fahren. Dieser Zug ist heute allerdings ausgefallen. Deshalb musste der Student zuerst mit dem Auto nach Lünen. „Solange der Zugausfall nicht öfter vorkommt, kann ich mich aber mit dem Ersatzverkehr arrangieren.“

Die Eurobahn will das Beste aus der Situation machen

Die Eurobahn bietet Unterstützung, um den ungewohnten Ersatzweg zu erleichtern: Überall sind am Lüner Bahnhof Aushänge und Wegweiser. Um das Warten angenehmer zu gestalten, verteilen Mitarbeiter der Eurobahn außerdem in den ersten drei Tagen Taschenwärmer. Zusätzlich stehen bis August Mitarbeiter am Lüner Bahnhof bereit, um Fragen zu beantworten und die Fahrgäste zum Zug beziehungsweise Bus zu begleiten.

Laut einer Mitarbeiterin sei es nämlich jedes Mal „ein großes Geschrei“, wenn die Bahn nicht wie gewohnt fährt. Durch die Mühe sollen die Gäste beruhigt werden. Auf die Hilfe könnten in der nächsten Zeit noch einige angewiesen sein. Denn der Fahrstuhl ist nicht mehr funktionsfähig und damit der Lüner Bahnhof nicht barrierefrei. Schon am ersten Ersatzverkehrstag stand ein Mann ratlos vor dem Fahrstuhl und wunderte sich, warum keiner kommt.

Inhaber von Monatskarten können ICE nutzen

„Dass der Fahrstuhl an Gleis 1 und 2 defekt ist, ist natürlich ärgerlich, da wir unsere Einfahrt bewusst an diesen Bahnsteig gewählt haben, um allen Fahrgästen auch einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen“, erklärt Eurobahn-Sprecherin Nicole Pizzuti auf Anfrage. Leider sei man nicht für die Wartung verantwortlich. „Die Kollegen von DB Station und Service haben uns mitgeteilt, dass sie alles bewegen, um den Fahrstuhl schnellstmöglich in Betrieb nehmen zu können.“

Für Stammkunden mit Monatstickets oder anderen Zeitkarten bietet die Bahn noch eine weitere Möglichkeit, um die Fahrtzeit nach Münster zu verkürzen: Ab Dortmund dürfen diese einen IC oder ICE direkt nach Münster nehmen.

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