Sterbebegleitung unter Corona-Bedingungen: Lüner Hospiz hat einen Weg gefunden

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Sterbebegleitung unter Corona-Bedingungen: Lüner Hospiz hat einen Weg gefunden

rnHospizarbeit

„Solidarität bis zuletzt“, lautete das Motto des Welthospiztags am 10. Oktober. Für Sterbebegleiter in Corona-Zeiten nicht leicht umzusetzen. Doch in Lünen wurde ein Weg gefunden.

Lünen

, 13.10.2020, 12:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Im Durchschnitt sind es 19 Tage, die ein Mensch im Lüner Hospiz verbringt. Es sind die letzten des Lebens. Wer in ein Hospiz zieht, ist zum Sterben gekommen. In diesen Tagen nicht allein zu sein, das ist für viele Menschen das Wichtigste. Im Hospiz am Wallgang ist das auch in Corona-Zeiten möglich. Angehörige sind da gerne gesehen.

„Es gibt Hospize, die haben die Türen verschlossen und Angehörige dürfen allenfalls durch die Scheiben einmal winken“, weiß Sebastian Roth, Leiter des Lüner Hospizes. „Aber ich kann doch kein Hospiz betreiben, ohne die Sterbekultur aufrecht zu halten. Dann brauch ich es auch gar nicht zu machen“, sagt er. Eine Einstellung, die er und seine Mitarbeiter bis ins Kleinste ausleben.

Angehörige dürfen kommen

Das kommt bei Angehörigen sehr gut an. Ins Krankenhaus dürfen sie meist nicht. Geht es für die letzte Zeit ins Hospiz, ist aber für alle ein Abschied nehmen möglich. „Die Angehörigen sind sehr, sehr dankbar, dass sie bei uns rein dürfen“, erklärt Roth.

Zwar gibt es natürlich auch im Hospiz Sicherheits- und Hygienebestimmungen. Meldelisten werden geführt und grundsätzlich muss eine Maske getragen werden. Auch muss der Abstand zu anderen Personen gewahrt werden und die Hände sind regelmäßig zu desinfizieren. Die Räume müssen regelmäßig gelüftet werden und nur zwei Personen dürfen gleichzeitig bei einem Hospizbewohner sein, den Roth als „Gast“ bezeichnet. Doch all das funktioniert.

In den letzten Stunden sind fünfe auch mal gerade

In der Regel gibt es auch Besuchszeiten und Einlassbeschränkungen. Aber liegt ein Gast im Sterben, wird daraus ein Balance-Akt. „Sollen wir dann jemanden wegschicken, nur weil die Besuchszeit abgelaufen ist?“, stellt Roth eine Frage, auf die es keine Antwort braucht. Manchmal müsse man Fünfe auch mal gerade sein lassen - und wenn es in den Zimmern zu Umarmungen käme, dann wäre das eben so. Das Abschiednehmen und begleiten, das sei schließlich der Sinn der Hospizarbeit.

Sicherheit der Mitarbeiter ist wichtig

Dennoch muss auf das Wohl aller Gäste und Mitarbeiter geachtet werden. Und deshalb werden die Auflagen und deren Einhaltung außerhalb der Zimmer sehr ernst genommen. Das prägt auch das Privatleben der Mitarbeiter. „Meine Frau sagt Ja“, antwortet Roth lachend auf die Frage, ob er selbst durch die Corona-Pandemie vorsichtiger geworden wäre.

„Ich versuche, mich nicht in Schlangen zu stellen, vermeide, viele Leute auf einmal zu treffen und gehe nicht zu Hochzeiten und Familienfeiern“, erklärt Roth. Doch all das machten auch seine Kollegen. „Da gab es aber keine Anweisung. Darauf sind wir alle irgendwie automatisch geeicht.“

Herausforderung für Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst

Der Ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst im Kreis Unna, der eine Dependance in Lünen besitzt, stand beim Corona-Ausbruch mit seinen ehrenamtlichen Kräften vor einer Herausforderung. Denn hier es geht nicht vorrangig um direkte Sterbebegleitung, sondern um die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die lebensverkürzend erkrankt sind. Hier wird noch intensiv gelebt - und das vielleicht noch über Jahre. Sicherheit musste hier daher besonders groß geschrieben werden.

Virtuelle Treffen statt direkter Besuche

Teilweise wurden die persönlichen Besuchsdienste zum Schutz aller daher eingestellt. „Die Verbundenheit zu den Familien aufrechtzuerhalten, da zu sein und zuzuhören, dazu braucht es Nähe, Vertrauen und Begegnung“, erklärt jedoch Pressesprecherin Silke Keller. In der Digitalisierung lag hier eine Chance. Es gab virtuelle Treffen bei Video-Chats über Internet-Kanäle.

Im digitalen Weg lag zudem eine Chance: Nicht nur Eltern und Geschwister konnten sich über Video-Konferenzen austauschen, sondern auch die erkrankten Kinder und Jugendlichen selbst. „Trotz Abstand können wir ihnen dadurch sehr nah sein. Das zeigt, auch während einer Krise kann die Chance auf etwas Neues entstehen“, sagt Martin Gierse, Geschäftsführer im Deutschen Kinderhospizverein.