Sprengung am Steag-Kraftwerk Lünen: Zwei Schornsteine bleiben stehen

© Günther Goldstein

Sprengung am Steag-Kraftwerk Lünen: Zwei Schornsteine bleiben stehen

rnSteag-Kraftwerk

Dann macht es „Krawumm!“, und alles ist weg? Nein, so wird es am Sonntag bei der Sprengung in Lünen nicht zugehen. Auf dem Gelände der Steag bleiben gleich mehrere markante Bauwerke stehen.

Lünen

, 27.03.2021, 20:41 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Das ehemalige Steag-Kraftwerk fällt am 28. März.“ Das schreibt das verantwortliche Unternehmen Hagedorn selbst auf seiner Homepage. Richtig ist aber: Ganz fällt das mit mehr als 80 Jahren älteste Steag-Kraftwerk doch nicht in sich zusammen. Markante Teile des Kraftwerks an der Lippe bleiben stehen. Erst einmal. Wo die sind, lässt sich leicht erkennen.

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Seit Freitag sind die gelben Bagger mit dem roten Schriftzug Hagedorn auf dem 37,2 Hektar großen Kraftwerksgelände nicht mehr damit beschäftigt, Bauschutt zu sortieren. Sie parken alle gemeinsam in Reih und Glied. Das sieht schöner aus, wenn zahllose Kameras am Sonntag auf sie gerichtet sein werden. Und es ist auch sicherer. Denn da, wo die schweren Arbeitsmaschinen stehen, soll nichts umstürzen.

Am Freitag vor der Sprengung: Bagger-Parade der Firma Hagedorn auf dem Steag-Gelände.

Am Freitag vor der Sprengung: Bagger-Parade der Firma Hagedorn auf dem Steag-Gelände. © Goldstein

Die Bagger parken vor dem ehemaligen Verwaltungsgebäude, alten Kesselhäusern und drei dazu gehörigen alten Schornsteinen, von denen zwei weithin sichtbar sind und die Skyline prägen. Sie werden auch noch zu sehen sein, wenn sich nach der ersten Sprengung die Staubwolken wieder aufgelöst haben werden. Auch noch nach der zweiten Sprengung eine Stunde später. Wann Hagedorn diesen Bereich des alten Kraftwerks dem Erdboden gleich machen wird, ist noch nicht bekannt, Aber eben nicht am Sonntag.

Das wird alles gesprengt am Sonntag

Die sogenannte Dreifachsprengung in zwei Anläufen soll am Sonntag den 110 Meter hohen Kühlturm, den 250-Meter-Schornstein und das 70 Meter hohe Kesselhaus fallen lassen. Auch Pumpenhaus, Bunkerschwerbau und Rauchgasentschwefelungsanlage werden danach nicht mehr stehen. Dafür stecken schon insgesamt 420 Kilogramm Sprengstoff in 2100 Bohrlöchern.

Damit die großen Brocken auch tatsächlich so fallen, wie geplant - der 230-Meter-Schlot Langer Lulatsch zur Seite in ein dafür vorgesehenes Erdbett und der dicke Kühlturm in sich zusammen - , sind die Gebäude auch bereits präpariert: etwas, das den Verantwortlichen am Samstag (27. 3.) dazu veranlasste, 24 Stunden früher als geplant, die Moltkestraße zu sperren.

Die Standsicherheit der Beton-Riesen war nicht mehr so gegeben wie vor diesen Eingriffen - und das bei Gewitter und Sturmwarnungen durch den Deutschen Wetterdienst. Da wollten die Verantwortlichen kein Risiko eingehen. Die Sturmböen konnten aber keinem der beiden Türme aus dem Jahr 1968 etwas ernsthaft anhaben.

Eine Million Ziegelsteine im Langen Lulatsch

Der Schornstein, der zu seiner Zeit der größte Europas war, hat einen 145 Meter hohen Schaft aus Stahlbeton. Darauf wurden 105 Meter gemauert: mit einer Million Ziegeln, wie die Zeitungen damals stolz berichteten. Unten misst er im Durchmesser 18 Meter, oben noch 5 Meter. Beim Bau vor 53 Jahren wuchs der Betonschaft des Schlots um vier Meter pro Tag. Am Sonntag soll alles in Sekundenbruchteilen umkippen.

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Die drei älteren Brüder des langen Lulatsch - einer davon nur noch ein Torso - haben dagegen noch etwas Schonzeit. Der größte von ihnen entstand Ende der 1950er-Jahre, als Steag das damals rund 20 Jahre alte Werk um mehr als ein Drittel erweiterte. Er misst 130 Meter und überragt die ersten Schornsteine um knapp 50 Meter.

Dass die alten Schlote über all die Jahrzehnte stehen blieben, auch wenn sie und die dazu gehörenden Kessel gar nicht mehr in Betrieb waren, hat einen einfachen Grund: Das Abtragen solcher riesigen Gebäude im laufenden Betrieb ist nahezu unmöglich. Selbst bei einem Kraftwerk, das schon zwei Jahre außer Betrieb ist, ist die Aufgabe noch eine Herausforderung. Hagedorn will sie meistern - am Sonntag.

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