Elf Schlecker-Filialen musste nach der Insolvenz in Lünen schließen. Was ist aus den Läden heute geworden? © Goldstein
Kaum Leerstand
Schlecker-Insolvenz: Das ist aus den elf Standorten in Lünen geworden
Vor zehn Jahren meldete die Drogeriekette Schlecker Insolvenz an und schloss alle ihre Filialen. In Lünen waren elf Geschäfte betroffen. Die Standorte werden heute gänzlich anders genutzt.
Bis 2012 prägten Schleckerfilialen mit dem weiß-blauen Schriftzug das Bild vieler Städte. Doch mit der Insolvenz vor zehn Jahren verschwand nicht nur die größte Drogeriekette Europas, sondern auch ein Traditionsunternehmen aus Deutschland. 24.000 Beschäftige haben damals durch die vielen Schließungen ihren Job verloren. In Lünen waren gleich elf Filialen betroffen.
Im Juli 2012 schloss an der Schützenstraße 9b der letzte Schleckerladen in Lünen. Noch im gleichen Jahr ist dort Blumen Völkel eingezogen. Inhaber Thomas Hoffmann hatte damals beim Einzug mitgeholfen, vor drei Jahren übernahm er das Geschäft dann selbst. Dass der Standort nach der Schlecker-Insolvenz nur einen einzigen Besitzer-Wechsel durchgemacht hat, stimmt den Eigentümer stolz.
Die Schlecker-Filiale an der Schützenstraße 9b war die letzte, die in Lünen noch geöffnet hatte. Sie wurde im Juni 2012 geschlossen. Wenig später zog das Blumengeschäft Völkel dort ein. © Günther Goldstein
Wenn Hoffmann jedoch auf den Übergang von der Drogeriekette zum Blumengeschäft blickt, ist auch viel Mitleid den ehemaligen Mitarbeitern gegenüber, die plötzlich ohne Job dastanden. Er bringt eine ganz besondere Verbindung zu dem Schlecker-Laden an der Schützenstraße mit. Seine Mutter arbeitete damals für eine Zeitarbeitsfirma, die sie in dem Geschäft beschäftigt hatte. „Mit der Schließung stand sie auf der Straße. Das ging alles ruckzuck. Sie wurde dann zum Glück aber woanders eingesetzt“, berichtet der Inhaber.
Schließungen führten an einigen Standorten zu längerem Leerstand
Die Folgen der Insolvenz vor zehn Jahren traf nicht nur das Personal in den Filialen hart. Durch die Einstellung der Geschäfte gab es laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG einen deutlichen Einbruch der Drogeriemärkte in Deutschland. Besonders in ländlichen Gebieten führte dieser Verlust zu einer starken Ausdünnung der Filialdichte. Dabei gehörte die Kette lange Zeit zum Marktführer und machte 2010 einen Umsatz von über vier Milliarden Euro.
Der plötzliche Wegfall von elf Geschäften hinterließ in Lünen damals Spuren. An der Jägerstraße 44 prägten der Leerstand und zugeklebte Schaufenster das Straßenbild. Seit vier Jahren befindet sich dort nun die „Halte-Stelle“ Lünen-Süd, eine soziale Einrichtung mit Beratungsangebot.
Dass dort bis 2012 mal ein Schleckerladen war, zeigt heute nur noch eine kleine Kammer, die das Personal früher genutzt hat, erklärt Madeline Brandt, Koordinatorin des Standortes. Der große Verkaufsraum sei 2018 komplett umgebaut worden, um multifunktionale Flächen entstehen zu lassen. „Das ist kein Vergleich mehr zu vorher, da wurde wirklich viel investiert“, so Brandt.
Nachfolger auf Nachfolger an der Moltkestraße
Während die Eigentümer an einigen Standorten länger nach einem Nachfolger suchen mussten, standen in der ehemaligen Filiale an der Moltkestraße 45 mehrere neue Besitzer im Geschäft. Bevor Ende 2020 dort der Laden „Stoffgedöns“ eingezogen ist, war erst ein Getränkemarkt, dann ein Trödelmann und im Anschluss ein Fensterbauer ansässig.
Wo heute ein Stoffladen ansässig ist, war 2014 noch der Getränkemarkt Gnan. An der Moltkestraße 45 erinnerte damals noch ein altes Schlecker-Schild an die Existenz der Filiale. Heute gibt es das nicht mehr. © Foto: Günther Goldstein
Die aktuelle Inhaberin Kerstin Linder erinnert sich noch gut an den alten Schlecker-Laden und die plötzliche Schließung. „Das war ein schöner Anlaufpunkt für Drogerieartikel. Und auf einmal war er dann weg.“ Vor allem für ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, fehle ein solcher Laden in der Gegend, findet die 49-Jährige.
Einziger Standort ohne gewerbliche Nachnutzung
Auffällig ist, dass in keinem der ehemaligen Schleckerfilialen branchenähnliche Geschäfte eingezogen ist. Laut dem Masterplan Einzelhandel 2020 der Stadt Lünen hat das auch Gründe. Denn heutige Drogerieketten wie dm oder Rossmann unterscheiden sich deutlich von den damaligen Schleckerläden. Die Verkaufsflächen sind heute größer, das Angebot breiter, die Regale niedriger und die Gänge breiter.
Eine besondere Nachnutzung findet sich in der Rudolph-Nagell-Straße 42b. Dort sind vor neun Jahren vier Wohnungen für ältere Menschen entstanden. „Zuvor haben wir versucht, über einen Makler etwas anderes anzusiedeln“, erklärt der ehemalige Eigentümer Dr. Karl Schürmann. Der Standort bot sich dann aber für eine Nutzung abseits des Gewerbes an. Derzeit ist die Wohnungsbaugesellschaft Lünen dort der Träger. Die ehemalige Schlecker-Filiale ist damit die Einzige ohne gewerbliche Nutzung.
In der Waltroper Straße 26 und der Langen Straße 56 sind Bäckereien eingezogen, an der Münsterstraße 24 ist das Kunst-Café ansässig und in der Münsterstraße 75 weisen Schilder darauf hin, dass hier wohl bald der Raumdeckenladen „Easy Sky“ öffnet. Der Barf-Shop, ein Geschäft für Tiernahrung, findet sich an dem ehemaligen Standort in der Preußenstraße 106 und der Motorrollerladen „Tatmamotors“ ist in die Gahmener Straße 265 eingezogen. Die einstige Filiale in der Alstedder Straße 136 ist derzeit nicht mit einem Unternehmen besetzt.
Sichtbare Zeichen, dass in Lünen einmal elf Filialen der insolventen Drogeriekette ansässig waren, gibt es nicht mehr – kein einziges blau-weißes Schleckerschild prägt mehr das Straßenbild. Ob sich daran in Zukunft etwas ändern wird? Der österreichische Unternehmer Patrick Landrock plant zumindest nach Medienberichten des SWR eine Neuauflage der Märkte. Zunächst soll Schlecker wohl online zurückkehren.
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