In wenigen Jahren muss das Grubenwasser, das derzeit im östlichen Ruhrrevier unter Tage ansteigt, wieder gepumpt werden, um es auf einem bestimmten Niveau zu halten. Das über die einstige Schachtanlage Haus Aden ans Tageslicht gepumpte Wasser soll dann wie früher wieder in die Lippe an der Grenze von Bergkamen und Lünen eingeleitet werden – doch veränderte Umweltschutzbestimmungen erfordern heutzutage eine Aufbereitung des Grubenwassers. Es muss wasser- und umweltverträglich in den Fluss gegeben werden.
Noch stehen die notwendigen Genehmigungen dafür aus, doch die RAG bereitet sich in großem Umfang darauf vor, die behördlichen Auflagen, die an die Genehmigungen geknüpft sein dürften, dann auch zu erfüllen. Die Zeit drängt, denn schon 2026 muss das Grubenwasser zwingend wieder gepumpt werden. Die Pläne der RAG, was zur Aufbereitung des Grubenwassers zwischen Bergkamen-Heil und Lünen gebaut wird, sind deshalb mehr als konkret. Und die unmittelbaren Anwohner wurden am Dienstagabend (25.3.) über die Baumaßnahmen, die im Sommer beginnen werden, informiert.
Wohnhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft
Die Pläne, die in ein Luftbild des Bereichs nördlich der Königslandwehr gezeichnet wurden, machten so manchem Anwohner erst jetzt bewusst, welche Dimensionen die Aufbereitungsanlage haben wird. Zwar hatte die RAG über den Bau schon im Herbst 2024 in einem ersten Aufschlag berichtet, aber zunächst nur grob.
„Die Anlage, wie wir sie Ihnen heute vorstellen können, stand im September in der Form noch gar nicht fest“, erklärte Markus Roth, Fachbereichsleiter Grubenwassermanagement bei der RAG-Wasserhaltung. Und so wirkten die Zahlen, die Katharina Becks zu den Maßen der Anlage nannte, im Raum erstmal nach: „Wir haben zwei Sedimentbecken, die jeweils 90 Meter lang, 30 Meter breit und 6,5 Meter hoch sein werden.“ Zudem wird es für den Eindicker der Sedimente zwei runde Becken mit einer Art Rührwerk geben, die einen Durchmesser von 15 Metern und eine Höhe von 8,5 Meter haben werden. Von 2026 bis 2028 wird dann auch noch ein Betriebsgebäude gebaut, das zwölf Meter hoch und damit die Ausmaße eines zweigeschossigen Hauses haben wird.“

Mitten im Landschaftsschutzgebiet
„Und das mitten im Landschaftsschutzgebiet“, urteilte ein Anwohner fassungslos, der nicht nur den bislang unverbauten und somit freien Blick über Felder und Lippewiesen betrauerte, sondern auch Angst vor einer Entwertung seines Grundstücks hat.
Denn die vorgestellten Pläne zeigen nur das, was ab Sommer 2025 tatsächlich aufgrund von Prognosen zur Grubenwasser-Qualität gebaut wird. Je nachdem, welche Werte das Wasser aus der Tiefe tatsächlich haben wird, kann die gleiche Anlage eventuell nochmals gebaut werden müssen. Entsprechende Flächen dafür sind im Plan schon vorgesehen – und die liegen dann näher zu der jetzigen Wohnbebauung hin.
„Die Baumaßnahme bedingt landschaftsprägende Maßnahmen“, erklärte Markus Roth. Die Anlage soll „landschaftsgestalterisch“ in das Landschaftsschutzgebiet integriert werden. „Das hat keiner gerne“, gab Roth zu. Immerhin müsse die RAG dafür auch noch rund 40 Millionen Euro investieren. „Aber das ist für eine wasserverträgliche Einleitung notwendig.“
Rosemarie Kerstan, externe Gutachterin vom Planungsbüro Lange, erklärte deshalb, wie die Aufbereitungsanlage künftig hinter vielen grünen Pflanzen verschwinden soll. Wälle werden angeschüttet – und mit unterschiedlichen und hohen Sträuchern, Büschen und Bäumen bepflanzt. Die Gebäude selbst sollen mit Schlingpflanzen begrünt werden. „Die Dimension der Anlage und die Wichtigkeit des Umfelds sorgen für besondere Anforderungen“, erklärte sie, warum ihr Büro ein Plangebiet von 85 Hektar genau kartiert und erfasst hatte, „um alle Wirkungen, die von der Anlage ausgehen werden, zu prüfen, zu beschreiben und diesbezüglich entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“ Denn natürlich, so gab sie an, gäbe es auch einen Konflikt mit der Wohnbebauung.

Keine Emissionen
Besondere Angst haben die Anwohner auch vor Lärm- und Geruchsbelästigungen durch die Anlage. Viele erinnern sich noch an den Geruch des früheren Grubenwassers, wenn es in die Lippe gepumpt wurde. „Das hat gestunken“, erinnerte sich eine Frau. Hier setzt die RAG aber auf eine positive Wirkung des Grubenwasseranstiegs unter Tage, wodurch die Qualität des Grubenwassers verbessert werden solle. Das Eisen, das durch die Aufbereitungsanlage aus dem Wasser geholt werden soll, setze sich in den freiliegenden Klärbecken lediglich ab. Zu Geruchsbelästigungen käme es nicht.
Das Rührwerk im Eindicker befände sich unter Wasser und würde deshalb keine Geräusche verursachen – und alles andere befände sich eingehaust im Betriebsgebäude. Abseits der Baumaßnahme werde es deshalb keine Lärmbelästigung geben. Man kalkuliere auch nur mit ein bis zwei Lastwagen am Tag, im Laufe der Zeit weniger, die das Gelände über die Straße am Rothenbach ansteuern würden.
Warum keine andere Fläche?
„Warum wird hier Natur kaputt gemacht, während drüben auf dem Zechengelände schöner Wohnen entsteht?“, wollte ein Anwohner wissen – und ließ sich von der Antwort der RAG nicht überzeugen. Die Fläche in Heil und Lünen befände sich im Besitz der RAG, und sei nicht wie die anderen in der Nähe schon überplant, wie eine Fläche im Bereich der Halde, bei der man zudem aufwendig Leitungen zur Lippe verlegen müsse.
Was das Gelände der Zeche Haus Aden beträfe, hätte man bei Beginn der Planungen für die Wasserstadt im Jahr 2007 und beim tatsächlichen Verkauf 2013 einfach nicht gewusst, dass man die noch einmal würde gebrauchen können. „Die Prognose, dass wir eine Enteisung des Grubenwassers brauchen würden, ist erst von 2023“, erklärte Roth. Das läge auch an verschärften Umweltschutzauflagen. Schließlich soll die Lippe als Fluss gesund bleiben und die Maßnahmen in Bergkamen keine negativen Folgen für Anliegerstädte des Flusses haben. Die Halterner Sande zum Beispiel sind die wichtigste Grundwasserregion für die Trink- und Brauchwasserversorgung des nördlichen Ruhrgebietes und westlichen Münsterlandes.
Wie ist das weitere Vorgehen?
Die RAG geht von einem Baubeginn der Anlage im Sommer dieses Jahres aus. Im April soll der formale Antrag dazu gestellt werden. Im dann folgenden Ablauf kommt es zur Beteiligung von Öffentlichkeit, den Behörden wie dem Kreis Unna und der Bergbaubehörde. Innerhalb bestimmter Fristen könnten sich dann alle zu den Plänen äußern. Im Frühsommer will die RAG dann sämtliche Genehmigungen vorliegen haben und loslegen.