
Seit mehr als zwei Jahren hat Hella Goeken Ärger mit einem obdachlosen Mann, der vor dem Eingang ihrer Wäscherei übernachtet. © Sophie Schober
Obdachloser vor Wäscherei in Lünen: Chefin fühlt sich im Stich gelassen
Wirtschaft
Seit einiger Zeit übernachtet ein wohnungsloser Mann vor der Wäscherei von Hella Goeken an der Jägerstraße in Lünen-Süd. Von der Polizei bekomme sie nicht ausreichend Hilfe.
Hella Goeken ist sauer: Vor ihrer Wäscherei an der Jägerstraße in Lünen-Süd übernachtet seit einiger Zeit ein wohnungsloser Mann. Direkt vor der Eingangstür, auf einer überdachten Stufe. „Das gehört schon zum Haus, eigentlich ist das Hausfriedensbruch“, sagt die 74-Jährige, die die Wäscherei und Änderungsschneiderei seit zwölf Jahren betreibt.
Mitarbeiterin hat Angst vor Mann
Seit gut zwei Jahren, etwa seit Beginn der Corona-Pandemie, sorge der Mann vor ihrer Tür immer wieder für Ärger. „Er hinterlässt Müll, es liegen Essensreste und leere Bierflaschen herum. Er hat sogar Kot an die Fensterscheiben gewischt. Das zu entfernen ist wirklich eklig“, sagt Hella Goeken. Acht Mal habe sie ihn bereits weggeschickt.
Ihre Mitarbeiterin habe sogar Angst vor dem Mann und konnte schon einige Male die Ladentür nicht rechtzeitig öffnen, weil der Mann noch vor dieser lag. „Er ist uns gegenüber schon aggressiv geworden und hat mir Schläge angedroht“, erklärt die Chefin.

Immer wieder hinterlässt der Mann vor der Tür der Wäscherei Müll, leere Bierflaschen und sogar Kot. © Sophie Schober
Schon mehrfach hat sie die Polizei angerufen, echte Hilfe hat sie aber nicht bekommen, wie sie sagt. „Bei einem Anruf sagte man mir, es komme in einigen Stunden jemand. Da war ich fassungslos“, erzählt sie. Andere Polizisten kamen zwar zeitnah, konnten aber nichts machen, weil der Mann inzwischen verschwunden war.
Keine Hilfe von der Vermieterin
„Meinetwegen kann der Mann bei uns im Hinterhof schlafen, da sind auch Gartenliegen. Oder auf einer der Parkbänke in unmittelbarer Nähe, aber nicht in unserem Eingang“, sagt Hella Goeken. Einige Kunden hätten sie bereits auf den Mann, der in einem alten Schlafsack schläft, angesprochen. „Ich habe weniger Kunden wegen ihm, ich habe schon welche vorbeilaufen sehen, die nicht bis zur Tür gekommen sind“, sagt Hella Goeken.
Auch von ihrer Vermieterin habe sie wenig Unterstützung zu erwarten. „Ich habe bereits nach einem Gitter vor der Stufe gefragt, doch dafür sei das Geld nicht da.“ Das Ordnungsamt der Stadt konnte ihr auch noch nicht helfen, das sei nicht zuständig, sagt Hella Goeken.
Menschliches, kein strafrechtliches Problem
Für die Polizei sei es ebenfalls keine einfache Situation. Es handele sich eher um ein menschliches als ein strafrechtliches Problem, wie Polizeisprecher Peter Bandermann im Gespräch mit der Redaktion betont. Es sei klar, dass der Eingang vor der Wäscherei kein Schlafplatz für einen Menschen ist.

Im Tagesaufenthalt für Wohnungslose der Diakonie können die Menschen frühstücken und bekommen eine warme Mahlzeit. © Sophie Schober
Dennoch müsse das Thema sensibel und menschlich behandelt werden. Klar sei, dass das Verhalten des Mannes geschäftsschädigend ist, aber es sei kein strafrechtlich relevantes Problem. Mehr als einen Platzverweis aussprechen können die Beamten nicht, so der Polizeisprecher. An dieser Stelle seien andere Stellen gefragt, die dem Mann auf sozialpädagogischer Ebene helfen können.
Diakonie bietet Fachberatungen an
Ansprechpartner für Menschen, die ohne festen Wohnsitz sind, ist die Fachberatungsstelle für Wohnungslose der Diakonie in Lünen. Leiter Alexander Lenz und sein Team haben im vergangenen Jahr gut 400 Lüner ohne Dach über dem Kopf beraten und versucht, ihnen einen Weg in ein geregeltes Leben zu ermöglichen. Dabei steht Hilfe zur Selbsthilfe immer an erster Stelle, denn die Betroffenen müssen immer auch bereit sein, Hilfe anzunehmen und an ihrer Situation etwas zu verbessern.
Neben der Beantwortung vieler Fragen bietet die Diakonie wohnungslosen Menschen eine Postadresse und mit dem Tagesaufenthalt St. Georg in der Lüner Innenstadt einen warmen Platz, an dem sich die Menschen aufhalten können.
Mehr junge Leute obdachlos
Seit einiger Zeit kann Alexander Lenz einen traurigen Trend erkennen: Immer mehr junge Menschen sind von Wohnungslosigkeit betroffen. „Wir sehen, dass vermehrt Menschen zwischen 18 und 30 wohnungslos sind. Oft entfliehen sie häuslicher Gewalt oder wurden kurz zuvor aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe entlassen“, erklärt Alexander Lenz. Einige werden obdachlos, weil sie nach einer Trennung auch ihre Wohnung verlieren.
Sophie Schober, aufgewachsen im Erzgebirge, wusste schon während des Soziologie-Studiums in Bamberg genau, dass sie im Lokaljournalismus landen will. Nach etlichen Praktika und Volontariat bei der Freien Presse verschlug es sie von Chemnitz ins beschauliche Cappenberg. Wenn sie nicht in der Redaktion sitzt, ist sie mit ihrem Hund im Cappenberger Wald unterwegs.
