Das Verhältnis von Auto- und Radverkehr ist ein zentrales Thema nicht nur im neuen Radverkehrsgesetz.

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Neues NRW-Fahrradgesetz: ADFC sieht in Lünen weiterhin Schwachstellen

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Deutlich mehr Fahrradfahrer auf den Straßen und keine Unfälle mehr: Das neue NRW-Fahrradgesetz formuliert große Ziele. Ein ADFC-Vertreter aus Lünen sieht dennoch weiterhin Nachholbedarf.

Lünen

, 08.11.2021, 14:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ein großer Schritt für den Radverkehr soll das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz sein, das der NRW-Landtag am Donnerstag verabschiedet hat. Das Ziel: Der Anteil des Radverkehrs soll sich von derzeit neun auf 25 Prozent steigern. Bis wann genau das passieren soll, verrät das Gesetz aber nicht.

Nicht nur deswegen ist Jürgen Heidenreich von der ADFC-Ortsgruppe Lünen, der sich auch auf Kreisebene engagiert, mit dem Ergebnis der Verhandlungen weniger zufrieden. „Alles ist unpräzise formuliert“, findet er. Viele bauliche Maßnahmen seien zudem gar nicht zeitnah umsetzbar. „Man kann zum Beispiel nicht mitten in der Landschaft Radschnellwege bauen, auch aus rechtlichen Gründen“, stellt er klar.

Andere Länder fördern Radverkehr stärker

Stattdessen wäre es aus Sicht des ADFC-Mannes wesentlich sinnvoller, Radfahren in der Innenstadt sicherer und damit attraktiver zu machen. Das könne zum Beispiel durch breitere Radwege und Radverkehrsstreifen gelingen. Grundsätzlich ist es aber für den Fahrradclub wichtig, dass sich im Bewusstsein über das Verhältnis der Verkehrsteilnehmer zueinander etwas ändert. „Autos standen 60 Jahre lang fast alleine im Zentrum der Verkehrsplanung. Die Niederlande haben bereits in den 1970er Jahren begonnen, vermehrt auf Fahrräder zu achten, und deswegen einen großen Vorsprung“, ordnet Jürgen Heidenreich ein. Grundsätzlich gehe es aus seiner Sicht in Zukunft darum, wie man den Raum, den Autos einnehmen, für Fußgänger und Radfahrer nutzen kann.

In dem neuen Gesetz fänden sich viele Allgemeinplätze und auch viele Ideen, die es bereits gab. „Es ist auch für die Kommunen schwierig, neue Pläne umzusetzen, es fehlt Fachpersonal“, weiß der Fahrradfreund. Außerdem kämen viele Grundstücke nicht ohne weiteres für einen Radwegbau in Frage oder seien in Privatbesitz. In einigen Fällen stehen auch Naturschutzgründe dem Bau eines Radweges entgegen.

Jürgen Heidenreich setzt sich für den Radverkehr in Lünen ein.

Jürgen Heidenreich setzt sich für den Radverkehr in Lünen ein. © Günter Blaszczyk (A)

Das Gesetz enthalte nichtsdestotrotz auch einige positive Aspekte. Hier nennt Jürgen Heidenreich zum einen die Änderung eines Paragraphen, durch den die Beleuchtung von Radschnellwegen künftig zur Aufgabe der Straßeneigentümer wird. Dazu komme die „Vision zero“, das Ziel, alle Unfälle mit Radfahrern zu vermeiden. Dabei könnten die künftig vorgeschriebenen Abbiegeassistenzsysteme für Lkw helfen.

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Einige Problemstellen auch in Lünen

Auch in Lünen gibt es aus Sicht des ADFC-Mitglieds einige Lücken, die im Rahmen einer zunehmenden Attraktivität des Radverkehrs behoben werden sollten. Dabei nennt Jürgen Heidenreich vor allem die Ost-West-Verbindung von Brambauer in die Innenstadt. „Die Straßen sind nicht überall verkehrssicher. Zwischen Segelflugplatz und Konrad-Adenauer-Straße wird auf beiden Seiten geparkt, dazu kommt Lkw-Verkehr. Dadurch ist es für Radfahrer zu eng“, schildert der Lüner die Situation an einer Problemstelle. Dazu sei die Sicht an vielen Kreuzungen und Einmündungen verbesserungswürdig.

„Wenn man keine Anreize schafft, das Auto stehen zu lassen, muss man sich nicht wundern, wenn die Leute 500 Meter zum Bäcker fahren“, skizziert Jürgen Heidenreich das Grundproblem aus seiner Sicht, das auch durch das neue Gesetz nicht sofort behoben werden kann. Denn Studien hätten gezeigt, dass die Hälfte der Autofahrten fünf Kilometer oder weniger dauern. Dementsprechend könne man in diesem Bereich einen Großteil der Fahrten einsparen.

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Einige Fortschritte könne man vor Ort allerdings auch ohne große bauliche Maßnahmen erzielen. Als Beispiel nennt Jürgen Heidenreich eine längere Grünphase an Fußgängerampeln. Bislang sei eine maximale Wartezeit von 70 Sekunden für Autos vorgesehen. Insgesamt müsse der politische Wille vorhanden sein, um es auch für Autofahrer unangenehmer zu machen, das sei aber durch das aktuelle Gesetz noch nicht ausreichend gegeben.