Nach RTL-Enthüllung: Lünen kündigt Kita-Caterer

Wallraff kritisierte Essenslieferant

Nachdem ein RTL-Team des Journalisten Günter Wallraff am Montagabend im TV behauptet hatte, der Wuppertaler Caterer Vitesca verarbeite verdorbene Lebensmittel, kündigte die Stadt Lünen umgehend die Verträge. Vitesca belieferte zwei Lüner Kitas. Die Beteuerungen des Unternehmens kamen zu spät.

LÜNEN

, 11.06.2015, 11:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Lüner Kitas am Diesterweg 7b und am St.-Georg-Kirchplatzvon wurden von der Wuppertaler Großküche Vitesca beliefert. Die ist durch die RTL-Sendung "Team Wallraff", die am Montag, 8. Juni, ausgestrahlt wurde, extrem in die Kritik geraten. In der Folge der Undercover-Recherche-Serie tauchten Enthüllungsjournalisten in verschiedenen Großküchen für Schulen, Kindergärten und Pflegeheimen ab und lieferten mit versteckter Kamera erschreckende Bilder ab.

Im Fall von Vitesca werfen Wallraff und sein Reporter-Team dem Unternehmen unter anderem vor, schimmelige Gurken und „abgelaufenes“ Hackfleisch verarbeitet zu haben. Zwar nahm Vitesca auf der Unternehmens-Homepage ausführliche Stellung zur RTL-Sendung, für die Lüner Einrichtungen kommen die Beteuerungen des Wuppertaler Caterers aber zu spät.

Das bestätigt Beanka Ganser, bei der Stadt auch für die Koordination der elf städtischen Kindertageseinrichtungen zuständig. Zwei davon – die Kitas am Diesterweg 7b und am St.-Georg-Kirchplatz – wurden bis Dienstag noch von Vitesca mit Lebensmitteln versorgt. 

Kündigung nur zeitlich vorgezogen

Die plötzliche Kündigung sei jedoch ohnehin nur eine zeitliche Vorverschiebung: „Wir hatten das sowieso vor, weil die Qualität nicht überzeugend war.“ Beschwerden von Eltern oder Kindern habe es jedoch bisher nicht gegeben, erklärt Ganser. Ein Wechsel sei bisher nur noch nicht geschehen, weil für den neuen Caterer einige kleine Umbau-Arbeiten geschehen müssten: „Mal müssen wir Platz für einen größeren Kühlschrank schaffen, mal neue Wasseranschlüsse legen“.

Das wurde jetzt veranlasst. Neuer Caterer werde dann wohl die Apetito AG mit Sitz in Rheine, die auch schon die weiteren städtischen Einrichtungen mit Essen versorgt. Und auf die beispielsweise auch die AWO setzt, die in Lünen fünf Kitas betreibt.

Auch Freiherr-vom-Stein-Gymnasium reagiert sofort

Den Fernsehbericht haben am Montagabend auch die Verantwortlichen am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium (FSG) gesehen. „Wir haben sofort reagiert und schon am Tag danach die Versorgung eingestellt“, erklärt der stellvertretende Schulleiter Detlef Suckrau.

Allerdings habe Vitesca am Dienstag von sich aus auch schon gar nicht mehr geliefert. In der Cafeteria werde für die kurze Zeit bis zu den Sommerferien erst einmal wieder selbst gekocht. Statt zwei Gerichten könne deshalb vorerst nur ein Gericht angeboten werden. Nach den Sommerferien soll es dann einen neuen Caterer geben – „Klagen oder Beschwerden hat es hier allerdings nie gegeben“, räumt Suckrau ein. 

Stellungnahme von Vitesca

Erst im Januar,  so die Stellungnahme von Vitesca , habe die zuständige Lebensmittelüberwachung nach einer unangemeldeten Kontrolle die Noten gut und sehr gut vergeben. Die Vorwürfe des Wallraff-Teams weist das Unternehmen zurück und erklärt, wie es zu Fehl-Interpretationen der betrieblichen Vorgänge gekommen sein könnte.

Darin heißt es unter anderem: "Mit Entsetzen und Betroffenheit müssen wir feststellen, dass hier ein Zerrbild gezeichnet wurde, das die Realität in weiten Teilen auf den Kopf stellt."

Umsatz des Unternehmens extrem eingebrochen

Im weiteren Verlauf der Stellungnahme geht das Unternehmen auf verschiedene Kritikpunkte der Sendung ein. Erklärt zum Beispiel, wie der Eindruck entstehen konnte, dass abgelaufenes Putenfleisch benutzt wurde: 

"Das Datum, das hier als das Mindesthaltbarkeitsdatum ausgelegt wurde, ist in Wirklichkeit unser eigenes Herstellungsdatum. Putenschinken wird bei uns im Haus vorbereitet und bis zur Verarbeitung vakuumiert." 

Laut einem Bericht in der WDR-Lokalzeit Bergisches Land, ist der Umsatz des Unternehmens seit Montag um 50 Prozent eingebrochen. So hat zum Beispiel auch die Stadt Iserlohn, wo sieben Schulen mit Essen von Vitesca beliefert werden, den Caterer sofort gewechselt. Auch acht Einrichtungen in Dortmund beziehen jetzt keine Menüs mehr von Vitesca.