„Siebenstellige Summe“ Nabu will Kreis Unna und Kommunen mit Naturschutz helfen und blitzt ab

Nabu will Kreis und Kommunen mit Kauf von Flächen helfen und blitzt ab
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Verzichten der Kreis Unna und seine Kommunen leichter Hand auf viel Geld? Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) ordnet ein abgelehntes Kaufangebot so ein, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Unna (WFG) sieht das anders.

Die WFG könne „nicht nutzbare Grundstücke für eine siebenstellige Summe für Naturschutzzwecke verkaufen“, sagt Adrian Mork. „Damit würde der Kreishaushalt entlastet“, fügt der Vorsitzende des Nabu-Kreisverbandes hinzu.

Wald und Grünland in der Lippeaue in Werne

Mork schlägt vor, die kreiseigene WFG möge rund 120 Hektar Land, davon die Hälfte Wald und die andere Hälfte Grünland, an die Nabu-Stiftung „Nationales Naturerbe“ zu marktüblichen Preisen verkaufen.

Ein forstliches Gutachten habe bereits allein für die Waldfläche den siebenstelligen Wert bestätigt, so Adrian Mork am Montag (13. November) auf Nachfrage dieser Redaktion. Ein Wert für das Grünland liege noch nicht vor.

Die Flächen der WFG liegen in der Lippeaue in Werne-Langern und seien aus ökologischer Sicht sehr wertvoll. „Die Flächen können nicht für die Ansiedlung von Gewerbe genutzt werden. Die Bebauung der Wald- und Wiesenflächen ist nicht erlaubt und so sind sie für die Aufgabenerfüllung der WFG nutzlos“, erläutert Mork.

Für diesen Wald in den Lippeauen von Werne-Langern hat die Nabu-Stiftung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Unna ein Kaufangebot unterbreitet.
Für diesen Wald in den Lippeauen von Werne-Langern hat die Nabu-Stiftung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Unna ein Kaufangebot unterbreitet. © Nabu-Kreisverband Unna

Die Nabu-Stiftung „Nationales Naturerbe“ habe der WFG 2022 angeboten, diese Flächen zu kaufen und bereits positive Gespräche geführt. Vor zwei Jahren, so Mork, sei die WFG aktiv mit diesen Flächen an die Nabu-Stiftung herangetreten.

„Allerdings,“ so Adrian Mork „ist der Kauf nicht zustande gekommen, da der Aufsichtsrat der WFG, in dem die Kommunen mit ihren Vertretern über die Abstimmungsmehrheit verfügen, nach einem Jahr positiv geführter Verhandlungen seine Verkaufsabsicht wieder zurückgenommen hat.“

Nabu-Kreisvorsitzender: „Klotz am Bein“

Für den Nabu und Mork ist die Entscheidung unverständlich. Die Flächen seien „ein Klotz am Bein“ der WFG. „Was will der Kreis denn mit diesen Flächen?“, fragt Mork, der im Hauptberuf Leiter der Stabsstelle Klimaschutz, Energie und Nachhaltigkeit bei der Bezirksregierung Arnsberg ist.

Die WFG gibt darauf eine Antwort. Der Aufsichtsrat habe die Flächen „wieder in die mittel- und langfristigen Überlegungen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft genommen, um darauf ggf. Kompensationsmaßnahmen für andere Projekte realisieren zu können“, heißt es nach Anfrage dieser Redaktion.

In Fröndenberg ist es dem Nabu – hier mit dem Kreisverbandsvorsitzenden Adrian Mork an einer zugehörigen Weide – vor einiger Zeit gelungen, Flächen für den Naturschutz zu erwerben.
In Fröndenberg ist es dem Nabu – hier mit dem Kreisverbandsvorsitzenden Adrian Mork an einer zugehörigen Weide – vor einiger Zeit gelungen, Flächen für den Naturschutz zu erwerben. © Archiv/Marcel Drawe

Mit Kompensationsflächen sollen größere bauliche Maßnahmen, die z. B. mit einer Flächenversiegelung einhergehen, ausgeglichen werden. Man werde, so die WFG, dabei das Umwandlungsverbot von Waldflächen und das Umbruchsverbot von Grünflächen wahren, „sodass vielfältige Interessen gewahrt bleiben, nicht zuletzt auch natur- und umweltpolitischer Art“.

Für Adrian Mork schließt ein Verkauf der Flächen an die Nabu-Stiftung dieses Ansinnen indes gar nicht aus. „Wir würden sie für eine Kompensation zur Verfügung stellen.“ Ausgleichsflächen müssten nicht demjenigen gehören, der in die Natur eingreift.

Wälder für Klimaschutz pflegen und erhalten

Für den Nabu seien die Flächen deswegen so wertvoll, da das Grünland vor allem an Pferdehalter verpachtet wurde und damit für viele Arten der Kulturlandschaft attraktiv sei. „Wir stellen seit Jahren einen starken Rückgang von Arten fest, die auf bewirtschafteten Viehweiden vorkommen, da es immer weniger von diesen wertvollen Lebensräumen gibt“, so Mork.

Deswegen sollen sich die jetzigen Pachtverhältnisse auch nicht ändern. Im Gegenteil freue sich der Nabu, wenn das Grünland mit weidenden Tieren gepflegt wird.

Auch für den Klimaschutz ist laut Nabu der Verkauf der Flächen und die Sicherung der Weidewirtschaft ein Gewinn, denn Grünland speichere im hohen Maße CO2. Auch die alten Laubwälder seien wertvoll als CO2-Speicher. „Wir wollen diese Wälder für den Klimaschutz und die Artenvielfalt pflegen und erhalten.“

Landrat: Verkauf hilft Kommunen nicht

Langfristiges Ziel des Nabu sei es, bereits in der Region vom Aussterben bedrohten oder bereits verschwundenen Arten, wie dem Braunkehlchen, der Turteltaube, dem Rebhuhn und dem Kiebitz wieder sichere Lebensräume im Kreis Unna zu geben, so der Nabu.

Der Nabu-Kreisverband Unna will vom Aussterben bedrohten Tierarten wie dem Braunkehlchen Lebensräume erhalten.
Der Nabu-Kreisverband Unna will vom Aussterben bedrohten Tierarten wie dem Braunkehlchen Lebensräume erhalten. © Maik Sommerhage

Die Aufwertung der Flächen mit Heckenstrukturen und großkronigen Laubbäumen könne der Nabu als größte und älteste Naturschutzorganisation Deutschlands fachkundig übernehmen, wodurch Kreis und Kommunen zusätzlich entlastet würden, die ansonsten die Naturschutzmaßnahmen auf ihren Flächen umsetzen und finanzieren müssten.

„Das Kaufangebot der Nabu-Stiftung könnte für alle Beteiligten einen Gewinn bedeuten“, so Adrian Mork. Der Nabu habe jetzt den Landrat und alle Kreiskommunen angeschrieben und sein Kaufangebot erneuert.

Landrat Mario Löhr, der auch Vorsitzender des WFG-Aufsichtsrates ist, sei allerdings der Auffassung, teilt die WFG mit, „dass derlei Verkaufsmaßnahmen nicht dazu geeignet sind, die Probleme der strukturell unterfinanzierten Kommunen zu lösen“.

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