
Das baufällige Fachwerkhaus auf dem Kirchplatz St. Marien wird abgerissen. Der geplante Neubau eines Verwaltungszentrums ist nach Auskunft von Pfarrer Michael Mombauer aus Kostengründen verworfen worden. © Goldstein/Rottgardt (A)
Mehr Kirchenaustritte, weniger Geld: St. Marien Lünen legt Neubau auf Eis
Immobilienkonzept
Ein modernes Verwaltungszentrum mit Wohnung für den leitenden Pfarrer sollte neben der St.-Marien-Kirche gebaut werden. Die Pläne gibt es nicht mehr. Das hat auch mit Kirchenaustritten zu tun.
Abgerissen wird zurzeit das baufällige Fachwerkhaus auf dem Kirchplatz von St. Marien. Viele Jahre war es eine Begegnungsstätte, dann stand es leer. Weil sich eine Sanierung nicht rentierte, wird es jetzt dem Erdboden gleichgemacht. Längst war an einer Nachfolgelösung für das Grundstück neben der katholischen Kirche gefeilt worden: Dort sollte das Verwaltungszentrum von St. Marien entstehen und die in der Gemeinde verteilten Büros unter einem Dach zusammenfinden. Neben den beiden Pastoralreferenten, hätte auch die Verwaltungsreferentin dort ihr Büro bekommen. Das Pfarrbüro war dort geplant, das Büro des leitenden Pfarrers und seine Dienstwohnung. Auch für Konferenzräume sollte es Raum geben. Ein kompakter Komplex für die Kirchenarbeit. Doch daraus wird nichts, obwohl schon erste Teilgenehmigungen vorliegen.
Die Kirchengemeinde St. Marien hat auf die Bremse getreten - aus finanziellen Gründen. „Die derzeit überall explodierenden Kosten, nicht nur im Baubereich, haben den Kirchenvorstand davon Abstand nehmen lassen“, erklärt Michael Mombauer, leitender Pfarrer von St. Marien, auf Anfrage der Redaktion.

Wie es mit dem Grundstück der ehemaligen Begegnungsstätte weitergeht, wird noch beraten. © Goldstein
Baustopp im Bistum
Doch das ist nur einer von viele Gründen. Ein weiterer: Die finanzielle Situation im Bistum Münster ist angespannt. Das hat mit den hohen Austrittszahlen aus der katholischen Kirche zu tun. Als Konsequenz ist im gesamten Bistum ein Baustopp verhängt worden. „Das ist ein ganz klares Signal“, so Mombauer. Weil Menschen der Kirchen den Rücken kehren, geht auch die Kirchensteuer zurück.
Zur Großgemeinde St. Marien gehören zurzeit noch 10.001 Katholiken. Vor fünf Jahren waren es 10.300. Allein in diesem Jahr hat die Gemeinde 125 Mitglieder verloren. Viele wenden sich enttäuscht von der Kirche ab. Ältere Mitglieder sterben. Viele junge Familien, so hört es Mombauer, verlassen Lünen, weil es hier schwierig sei, Wohnraum zu bezahlen. Für St. Marien hat das Konsequenzen: Wenn die Mitgliederzahl von 10.000 unterschritten wird, verliert sie 20 Prozent ihres Haushaltsbudgets. Die Folgen sind existenziell. Hinzu kommen die explodierenden Energiekosten. „Wir müssen gucken, was das für unsere Immobilen bedeutet“, so Mombauer.
Pastorale Räume bis 2040
Sobald der Abriss der ehemaligen Begegnungsstätte abgeschlossen ist, „wird der Kirchenvorstand zusammen mit dem Pfarreirat Gedanken zu einer Überplanung des Kirchplatzes an der Marienkirche anstellen.“ Momentan gibt es die Idee, die Büros im Pfarrhaus unterzubringen. Dann müsste sich Pfarrer Mombauer in Lünen eine andere Wohnung suchen.
Doch die Folgen sind noch viel weitreichender. Das Bistum Münster plant, bis 2040 alle Kirchengemeinden in größeren Einheiten, den pastoralen Räumen, neu aufzustellen. Dabei sollen die Kirchengemeinden allerdings selbständig bleiben. So wie vor zwölf Jahren in Lünen aus vier Gemeinden die Großgemeinde St. Marien wurde, werden dann mehrere fusionierte Gemeinden zu einem pastoralen Raum. Dazu gibt es verschiedene Überlegungen. Eine könnte sein, das Dekanat Werne zu einem pastoralen Raum zu erklären. Vielleicht wird er auch größer. 2024 soll der Prozess eingeleitet werden.

Auch die St.-Marien-Gemeinde wird künftig in einem pastoralen Raum aufgehen. © Quiring-Lategahn (A)
Es gibt zu wenig Pfarrer
Hintergrund ist der Mangel an Seelsorgern. „Wenn ein Pfarrer geht, wird es keinen Nachfolger mehr geben“, sagt Mombauer. Auch auf Lünen kommt das zu: Pfarrer Mombauer ist 57. Dass sich Pfarrer Klaus Lunemann (65) nach dem Weggang von Pfarrer Mummadi für Lünen entschieden hat, sei Zufall. Zudem ist noch Pater Adalbert da.
Kirchenvorstand und Pfarreirat gehen mit Begleitung des Generalvikariates im September in Klausur. Dort geht es um die seelsorglichen und wirtschaftlichen Perspektiven der Kirchengemeinde. Dabei soll auch ein Immobilienkonzept entwickelt werden.
Lünen ist eine Stadt mit unterschiedlichen Facetten. Nah dran zu sein an den lokalen Themen, ist eine spannende Aufgabe. Obwohl ich schon lange in Lünen arbeite, gibt es immer noch viel zu entdecken.
