Mehl und Sonnenblumenöl ist knapp zurzeit. Bio-Landwirt Vitus Schulze Wethmar hat das noch nie erlebt: Kunden bitten um Weizen und freuen sich, wenn sie etwas bekommen.

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Lüner Landwirt hat das so noch nie erlebt: „Kunde bittet um Weizen“

rnLebensmittelknappheit

Mehl und Sonnenblumenöl fehlen in den Läden. Schwenken Lüner Landwirte jetzt um und bauen verstärkt Weizen und Sonnenblumen an? „Das geht gar nicht“, sagt Ortslandwirt Carl Schulz-Gahmen

Lünen

, 21.03.2022, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

In den Supermarktregalen sind durch den Ukraine-Krieg Mehl und Sonnenblumenöl knapp geworden. Russland und die Ukraine sind wichtige Lieferanten. Könnte der Engpass für Lüner Landwirte eine Chance sein, hier mehr Weizen oder Sonnenblumen anzubauen? Was einfach klingt, ist eher kompliziert. Mal eben die Produktion hochfahren, das „geht gar nicht“, sagt Ortslandwirt Carl Schulz-Gahmen. Landwirtschaft sei eine Sache der Planung und mehrerer Fruchtfolgen, um Monokulturen sowie Schädlinge zu vermeiden und die Böden nicht auszulaugen. Auch Landwirt Julian Freisendorf bestätigt: „Eigentlich sind wir mit unserem Anbauplan auf fünf bis sechs Jahre festgelegt.“

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Hinzu kommt, dass hierzulande nicht das beste Klima für Sonnenblumen sei. Die Kerne reiften nicht aus. Sonnenblumen würden in dieser Gegend mehr als Silage für Biodiesel angebaut. Winterweizen sei schon seit Herbst im Boden, erläutert Schulz-Gahmen. Da könne man nicht mal eben schnell eine Lücke füllen. Sommerweizen werde im März gesät, doch da seien die Erträge geringer. Schließlich habe er eine kürzere Wachstumszeit.

"Mal eben umschwenken und die Lücken füllen, das geht gar nicht", sagt Ortslandwirt Carl Schulz-Gahmen.

„Mal eben umschwenken und die Lücken füllen, das geht gar nicht“, sagt Ortslandwirt Carl Schulz-Gahmen. © Melanie Wigger (A)

Winterweizen ist kein Backweizen

Die Lüner Landwirte setzen schon immer in großem Maße auf Weizen. Er wächst auch auf 30 Prozent der Felder des Ortslandwirts. „Der Winterweizen guckt schon aus dem Boden“, so Schulz-Gahmen. Als Backweizen sei er allerdings ungeeignet. Er habe nicht die erforderlichen Inhaltsstoffe und den Proteingehalt. Winterweizen gehe bei ihm komplett in die Futtermittelindustrie.

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Anders ist das bei Bio-Landwirt Vitus Schulze Wethmar. Er baut nicht nur Spargel und Gemüse, sondern auch Backweizen an. Der ist aktuell gefragt. „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Weizenkunde um Getreide bittet und sich freut, dass er etwas bekommt“, schildert Schulze Wethmar die Situation. Er beliefert Mühlen in NRW. In seinem eigenen Hofladen gibt es den Brotweizen allerdings nicht, weil das zu aufwendig wäre.

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Sonnenblumen sind für ihn wie für die anderen Landwirte auch kein Thema. Für den Bio-Landwirt gibt es neben der Ausreifung der Kerne noch andere Probleme. Die haben mit der Spätverunkrautung zu tun. Die Fruchtfolge sei auch in der Bio-Landwirtschaft ein wichtiger Faktor, um stabile Erträge zu erzielen. Allerdings überlegt Vitus Schulze Wethmar, aufgrund der Nachfrage diesmal statt Sommerweizen vielleicht Sommerhafer zu säen.

Landwirt Julian Freisendorf baut Winterweizen als Futtermittel an.

Landwirt Julian Freisendorf baut Winterweizen als Futtermittel an. © Jürgen Weitzel (A)

Wertschätzung für Landwirte gestiegen

Dass die Landwirtschaft plötzlich wieder anders wahrgenommen werde, hat Julian Freisendorf in der Corona-Krise und jetzt noch stärker gespürt. „Sonst wurden wir beschimpft. Jetzt merken die Leute, wie wichtig Landwirte sind.“

Zurzeit gibt die EU mit ihrem Unterprogramm Greening vor, wie viel ein Landwirt wie anbauen darf. „Mehr als 30 Prozent der gleichen Frucht sind verboten“, sagt Schulz Gahmen. Das Programm läuft in diesem Jahr aus. Er kann sich vorstellen, dass durch die aktuelle Entwicklung vielleicht im kommenden Jahr andere Vorgaben gelten. Geplant sei zudem, ab Ernte 2022 vier Prozent der Ackerflächen stillzulegen, damit sich Wildkräuter entwickeln können. „Das ist in der jetzigen Zeit ja eher kontraproduktiv“, meint Schulz-Gahmen.

Raps ist zurzeit wie Gold

Jetzt liefen bereits die Planungen für die Ernte 2023. Da könne man überlegen, wie es weitergehe. „Dazu lese ich jeden dritten Tag etwas anderes“, sagt Schulz-Gahmen. Raps sei zurzeit wie Gold. Weil es auch Diesel beigemischt würde, könne man derzeit das Dreifache erzielen. Mehr anbauen sei zurzeit jedenfalls auch kein Thema: Der Raps ist schon kurz vor der Blüte.

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