Lüner Krankenhäuser beruhigen Krebs-Patienten
Nach Medikamenten-Pfusch
Nachdem bekannt wurde, dass ein Bottroper Apotheker Krebsmedikamente in zu geringen Dosen verkauft haben soll, ist die Verunsicherung groß. Wir haben für Sie nachgefragt, ob so etwas auch in Lünen und Umgebung passieren könnte.

In sterilen Overalls und mit Mundschutz stellen Mitarbeiter der Klinik-Apotheke 12 000 Krebsmedikamente im Jahr her. Mitarbeiter und Material gelangen durch zwei Schleusen in diesen sensiblen Bereich. Die Anforderungen an die Keimfreiheit sind noch höher als im OP.
Mit besorgten Rückfragen seiner Patienten hatte der Lüner Onkologe Dr. Bernward Grothaus-Pinke gerechnet. Schließlich sorgte der Fall eines Bottroper Apothekers für Schlagzeilen. Dem Mann wird vorgeworfen, Krebsmedikamente zu gering dosiert zu haben. Verunsicherung macht sich breit. Aber wohl nicht in Lünen. Es hat noch kein Patient nachgefragt, sagt Grothaus-Pinke.
In Lünen sowie im gesamten Kreis Unna gibt es keine öffentliche Apotheke, die Mittel für die Krebsimmuntherapie herstellt, erklärt Birgit Kalle aus der Pressestelle des Kreises Unna. Das Gesundheitsamt des Kreises führt die Apothekenaufsicht.
Welche Auflagen gibt es für die Herstellung?
Wer Medikamente für die Chemotherapie herstellen will, muss für die Zulassung besondere Anforderungen erfüllen. Dazu zählen beispielsweise Reinräume, in denen die Bedingungen noch strenger sind als im OP. Diese Auflagen erfüllen kreisweit drei Klinik-Apotheken, darunter die des St.-Marien-Hospitals Lünen.
In dieser Krankenhaus-Apotheke werden die individuell angefertigten Krebsmedikamente (Zytostatika) für die Patienten von Grothaus-Pinke zubereitet. Mit einer Ausnahme: Für Patienten, die bei der Knappschaft versichert sind, erhält der Onkologe die Mittel von einer Apotheke aus Witten. Diese wird mitversorgt von einer Firma aus Haan bei Düsseldorf.
Die problematische Preispolitik der Kassen:
Bei den Knappschaftsversicherten greift seit Oktober eine Regel, die auf einer neuen gesetzlichen Grundlage basiert. Danach schreiben Krankenkassen die Belieferung mit Krebsmedikamenten in einem bestimmten Umkreis aus und vereinbaren Rabattverträge. Die Apotheke in Witten bekam den Zuschlag. Die Knappschaft ist Vorreiter, weitere Kassen werden folgen. „Dass bei der Arzneimittelleistung der niedrige Preis ein Entscheidungsgrund ist, macht mir Sorgenfalten“, sagt Grothaus-Pinke. Ähnlich sieht es Volker Brüning, Sprecher der Apotheke im Kreis Unna: „Dadurch werden immer größere Gebiete beliefert.“
Prüfung der Wirkstoffmenge ist problematisch
Grothaus-Pinke schätzt, dass er seinen Kooperationspartner vor Ort, die Krankenhaus-Apotheke, kennt. „Ein angestellter Apotheker hat kein persönliches Interesse, in betrügerischer Weise die Dosierung zu verändern und den Umsatz zu schönen“, glaubt er. Die Beurteilung, ob die angeforderte Wirkstoffmenge auch wirklich in einem Medikament ist, hält Onkologe Grothaus-Pinke grundsätzlich für schwierig. „Wir müssen uns darauf verlassen, dass das drin ist, was der Apotheker draufschreibt“. Höchstens über die Diskrepanz bei Abrechnung und eingekaufter Menge per Lieferschein könne ein Betrug auffallen.
Computer kontrollieren die Arzneimengen
Auch Bernd Scharfenkamp, Chefapotheker des St.-Marien-Hospitals, bestätigt, man könne von außen nicht sehen, wie viel Wirkstoff in einem Beutel sei. Am Klinikum seien computergesteuerte Waagen im Einsatz, diese geben das Medikament erst dann frei, wenn die verordneten Mengen eingewogen sind. „ Es hat in der Krankenhausapotheke zu keinem Zeitpunkt eine zu geringe Dosierung von Krebsmedikamenten gegeben. Unsere Patienten können sicher sein, die verordnete Dosis auch erhalten zu haben“, erklärt Scharfenkamp.