Apotheker soll Krebsmittel gestreckt haben

Betrugsverdacht

Ein Apotheker in Bottrop steht im Verdacht, bei Krebsmedikamenten an Wirkstoffen gespart zu haben. In 40.000 Fällen soll er schwer erkrankte Patienten mit einer veränderten Mischung gefährdet haben. Nun sitzt der 46-Jährige in Untersuchungshaft.

BOTTROP

, 01.12.2016, 16:33 Uhr / Lesedauer: 2 min
In 40.000 Fällen soll ein Apotheker aus Bottrop Krebsinfusionen absichtlich falsch dosiert haben.

In 40.000 Fällen soll ein Apotheker aus Bottrop Krebsinfusionen absichtlich falsch dosiert haben.

„Krankenhäuser und Ärzte fordern bei Apotheken Infusionen an, die entsprechend der Bedürfnisse der Patienten zusammengestellt werden“, erklärt Anette Milk, Oberstaatsanwältin in Essen. Bei diesem Vorgang soll der 46-Jährige in mindestens 40 000 Einzelfällen die vorgegebenen Rezepturen nicht eingehalten haben und geringere Anteile der verschriebenen Arzneimittel verarbeitet haben. In Rechnung stellte der Apotheker allerdings die volle Menge an Arzneimitteln – obwohl er, so der Verdacht, weitaus weniger eingekauft und verwendet habe.

2,5 Millionen Euro Schaden

Die Staatsanwaltschaft schätzt den Schaden, der den Krankenkassen entstanden ist, auf rund 2,5 Millionen Euro. Der Apotheker soll beim Mischen der Infusionen außerdem nicht den geltenden Hygienemaßnhamen entsprechend gehandelt haben - also zum Beispiel keine Handschuhe getragen haben, so die Staatsanwältin.

Es sei voraussichtlich nicht herauszubekommen, welche Patienten von fehlerhaften Infusionen betroffen waren und welche Auswirkungen das gehabt haben könnte, erklärte die Staatsanwaltschaft. Der Apotheker schweige. Aufgefallen war der Fall nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch Insiderinformationen. Seit Ende November befindet sich der Verdächtige in Untersuchungshaft.

Die Daten der Betroffenen sind bekannt

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz reagierte bestürzt und fordert die Ermittler auf, schnellstens aufzuklären, welche Patienten gestreckte Medikamente erhalten haben. "Das Schweigen des Apothekers darf den Opferschutz nicht behindern. Schließlich sind die Daten der Patienten den belieferten Krankenhäusern und Arztpraxen bekannt", sagte Vorstand Eugen Brysch.

"Eine Überprüfung der medizinischen Seite wird weitaus schwieriger. Es ist kaum nachzuvollziehen, an welche Patienten die zu gering dosierten Infusionen gingen und ob diese unmittelbare Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf gehabt hat", entgegnet Oberstaatsanwältin Milk. Nur wenn Aufzeichnungen des Apothekers auftauchen, in denen er festhält, in welchen Fällen er nicht der Vorgabe entsprechend dosierte, könne laut Staatsanwaltschaft, eine umfassende medizinische Aufklärung stattfinden.

Patientenschützer fordern die Ausweitung der Ermittlungen

Im Fall des Bottroper Apothekers fordern Patientenschützer eine Ausweitung der Ermittlungen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verlangt Untersuchungen wegen des Verdachts der Körperverletzung und Körperletzung mit Todesfolge. 

Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt gegen den 46-Jährigen - allerdings geht es in den Ermittlungen bislang nur um Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) rät verunsicherten Patienten, sich an ihre behandelnden Ärzte zu wenden.  

mit Material von dpa