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Lüner Arzt zum Weltkrebstag: „Die Darmkrebsfälle gehen zurück“
Darmkrebszentrum Lünen
Im Marienhospital gibt es das Darmkrebszentrum. Teil der Erfolgsformel des Zentrums ist eine psychische Begleitung der Patienten durch ehemalige Betroffene, die den Krebs besiegt haben.
Krebs ist ein Thema, über das sich die wenigsten gerne unterhalten. Die bisweilen tödlichen Krankheitsverläufe, die Wucherungen, die teilweise langwierigen und invasiven Behandlungen, kaum etwas an der Krankheit sorgt für positiven Gesprächsstoff. Noch schwieriger wird es, wenn sich die Krankheit mit einem anderen Tabuthema vermengt - nämlich dem der Körperausscheidungen. Für Darm- und Blasenkrebspatienten ist das Lebensrealität.
Doch mit wem redet man über seine Belange. „Viele der Betroffenen teilen sich ihren Angehörigen und Freunden kaum mit, aus der Befürchtung sie zu belasten“, sagt Martina Richter, Vorsitzende des Landesverbands der deutschen ILCO. Die ILCO ist ein ehrenamtlicher Verein, der sich um Patienten mit Stomata, mit künstlichen Darm- und Blasenausgängen kümmert und ihnen seelische Unterstützung während ihrer Behandlungszeit und darüber hinaus bietet.
Er besteht ausschließlich aus ehemalig Betroffenen. „Ich würde mir wünschen, dass ich dem Mitarbeiter im Getränkemarkt einfach sagen könnte, dass ich ein Stoma habe und nicht schwer heben kann. Dann könnte er mir helfen den Wasserkasten in den Kofferraum zu heben“, so Richter. Stattdessen würde sie immer mit Rückenproblemen argumentieren.

So sehen die Stomabeutel aus, die einfach über den künstlichen Darmausgang eines Stomapatienten geklebt werden. Heutzutage sind sie geruchsneutral und hautverträglich. © Mahad Theurer
„Darmkrebs und künstliche Darmausgänge werden leider nach wie vor als Tabuthema behandelt“, findet auch Uwe Eickhoff. Seit 1993 ist der heutige Vorstand im ILLCO-Verband Hamm-Hellweg-Lippe, der seinen Sitz in Lünen hat, aktiv.
Auch er ist ehemalig betroffen. 1991 bekam er seine Darmkrebsdiagnose. „Da muss man natürlich erstmal tief durchatmen. Ich konnte mich aber tatsächlich an die Tante eines Freundes, erinnern die auch Darmkrebs hatte und einen künstlichen Ausgang bekommen hat. Die hat die Behandlung gut überstanden. Das hat mir Hoffnung gegeben.“
Psychische Unterstützung durch ehemalig Betroffene
Hoffnung geben gehört zum Konzept der ILCO, die regelmäßige Gesprächsrunden für Betroffene anbietet, oder sie im Krankenhaus besucht und mit ihnen telefoniert. Das darüber reden, soll Trost spenden und aufklären. Außerdem seien die ILCO-Mitglieder als ehemalige Betroffene der lebende Beweis für den Erfolg der Therapien. Darüber hinaus könnten sie aus eigenen Erfahrung heraus manch eine Frage besser beantworten als die Therapeuten, so Uwe Eickhoff. Auf diese Weise hätte man letztes Jahr 120 Personen in der Region telefonischen Beistand geleistet.
Diese psychohygienische Unterstützung ist Teil der zertifizierten Arbeitsweise des Lüner Darmkrebszentrum, das mit der ILCO kooperiert. Die ILCO hat ihre Räumlichkeiten im Anbau des Marienhospitals und stationäre Darm- und Blasenkrebspatienten haben für die monatliche Gesprächsrunde am ersten Mittwoch (momentan coronabedingt ausgesetzt) kurze Laufwege, können quasi im Bademantel teilnehmen.
Rückgang der Fallzahlen
„Wir bieten bei uns quasi eine psycho-ontologische Behandlung“, sagt Dr. Roland Kurdow, Chefarzt der chirurgischen Klinik des Marienhospitals. Die moderne Krebstherapie stünde auf mehreren Säulen: Der Chirurgie, der Strahlen- und der Chemotherapie. Heutzutage gibt es kaum eine Behandlung, die sich lediglich auf eine Säule stützt. Häufig sei es eine Kombination.
„Die Fallzahlen sind in den letzten Jahren stetig zurückgegangen“, sagt Dr. Kurdow. Der Grund hierfür seien die erfolgreichen Prophylaxe-Untersuchungen, die für Männer ab 50, für Frauen ab 55 Jahren von der Krankenkasse übernommen werden.
„Die Vorstufe des Krebs ist der Polyp. Dieser kann während einer Spiegelung direkt entfernt werden, sodass der Krebs gar nicht erst entsteht“, erklärt der Mediziner. Die ILCO weißt in ihrer Pressearbeit regelmäßig auf Vorsorgeuntersuchungen hin - das nächste Mal im März. Das ist nämlich der Darmkrebsmonat.
Mahad Theurer, geboren 1989 in Witten, ist studierter Musikjournalist, davon abgesehen ist er stark sportbegeistert und wohnt als Schalke-Fan manchmal einfach in der falschen Stadt. Aber Ruhrgebietscharme, den es zu beschreiben gilt, haben Dortmund und Umgebung auch reichlich.
