Die europaweit tätige Lüner „itemis AG“ befindet sich in finanzieller Schieflage: Wie aus einer Bekanntmachung des Amtsgerichts Dortmund vom Dienstag (30. Juli) hervorgeht, ist über das Vermögen des 2003 gegründeten IT-Unternehmens das Verfahren zur Insolvenzeröffnung gestartet worden. Damit bestätigten sich Informationen unserer Redaktion. Trotz mehrfacher Versuche war es uns in den Tagen zuvor nicht gelungen, mit dem Vorstandsvorsitzenden Jens Wagener ins Gespräch zu kommen. Einem Hinweis an die Redaktion zufolge, soll es noch am Freitag (26.) ein Gespräch der itemis-Geschäftsführung mit „einer Sparkasse“ zwecks eines neuen Kredites beziehungsweise Erweiterung der Kreditlinie gegeben haben. Eine offizielle Bestätigung dafür liegt nicht vor.
Entlassungen
Derweil bestätigte itemis-Vorstand Franz-Josef Schürmann am Mittwoch (31. Juli) auf Anfrage unserer Redaktion die Einleitung des Insolvenzverfahrens. Es handele sich um eine Insolvenz in Eigenverwaltung mit dem Ziel der Fortführung des Unternehmens. Alle itemis-Kunden seien darüber informiert worden. Daneben räumte Schürmann ein, dass es bereits Entlassungen gegeben habe. Als Grund für die finanziellen Probleme nannte Franz-Josef Schürmann Auftragsrückgänge aus der Automobilindustrie. Laut Amtsgericht wurde zum vorläufigen Sachwalter Rechtsanwalt Marvin Bauernfeind von der Dortmunder Kanzlei BBL bestellt. Bei der Kanzlei handelt es sich nach eigenen Angaben um eine von „Deutschlands Top-Sozietäten für Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz“.
Offizielle Stellungnahme
Wie Schürmann weiter sagte, sei itemis-Vorstandsvorsitzender Jens Wagener nach wie vor im Dienst, er werde sich zeitnah zu den jüngsten Entwicklungen äußern. Finanzvorstand und Mitgründer Wolfgang Neuhaus ist nicht mehr im Amt. Marvin Bauernfeind erklärte ebenfalls im Gespräch mit unserer Redaktion am Mittwoch, dass es am Donnerstag (1. August) eine offizielle, mit allen Beteiligten abgestimmte Pressemitteilung zur aktuellen Situation geben werde.
IT-Dienstleister
Die itemis AG bietet Beratungsleistungen und die Erstellung von Software in unterschiedlichen Bereichen der modernen Informationstechnologie an. Hierzu zählen unter anderem Data Science (künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen), Smart Technologies (Smarthome, IoT, Industrie 4.0), Webentwicklung, IT-Modernisierung, Software- & Systems-Engineering, Software-Ergonomie und agiles Projektmanagement.
Früheren Angaben zufolge ist itemis mit Standorten in Deutschland, Frankreich, Österreich und Ungarn gleich vierzehnmal in Europa vertreten. Außerdem ist die Firma mit dem Standort Chicago in den Vereinigten Staaten unterwegs. In Lünen beschäftigt das Unternehmen 100 Mitarbeiter, deutschlandweit sind es 350.
Das Lüner Unternehmen erhielt in den vergangenen Jahren immer mal wieder Fördergelder aus diversen landes- und bundeseigenen Programmen. Im Sommer 2022 kam eigens Christoph Dammermann, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW nach Lünen, um itemis einen Bewilligungsbescheid über 304.000 Euro zu überreichen. Das Geld sollte direkt in den Ausbau des Mitarbeiterstamms fließen. Neben Fördergeldern erhielt der IT-Dienstleister auch zahlreiche Auszeichnungen wie „Innovator des Jahres“ 2019 oder das „Top Job“-Siegel als bester Arbeitgeber im Mittelstand 2023.
Umzug nach Dortmund
Erst Anfang dieses Jahres hatte itemis die Verlegung des Firmensitzes im Herbst vom Lüntec-Technologiezentrum in Lünen-Brambauer in einen Neubau im Dortmunder Hafen – den „Lensing Media Port“ bekannt gegeben. Beim Lensing Media Port handelt es sich um ein Projekt des Unternehmens Lensing Media, das auch die Ruhr Nachrichten herausgibt.
Anm. d. Red.: In einer vorherigen Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass das Insolvenzverfahren bereits eröffnet sei. Tatsächlich ist erst das Verfahren zur Insolvenzeröffnung gestartet. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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