Der Landtag Nordrhein-Westfalen war im Rahmen des Formats "Landtag lokal" am Montag (25. April) in Lünen zu Gast. Die Präsidiumsmitglieder um Landtagspräsident André Kuper und Vize-Landtagspräsident Rainer Schmeltzer besuchten unter anderem die Lüner Schulen und die Werkstatt der Caritas.
Anschließend nahmen sich Kuper und Schmeltzer auch noch Zeit für ein ausführliches Pressegespräch in der Redaktion. Schmeltzer ist gebürtiger Lüner und Abgeordneter für die Wahlkreise Lünen, Selm und Werne. Das Amt als Vizepräsident des Landtags bezeichnet er als „eines meiner Highlights“ in der Abgeordnetentätigkeit.
Aufgaben des Landtags
Doch was genau macht ein Landtagspräsident überhaupt? Kuper erklärt: „Sowohl der Präsident als auch die Vizepräsidenten sind die überparteilichen Vertreter des Landtags. Das heißt, des gesamten Parlamentes. Unsere Aufgabe ist es, die Sitzungen des Landtags zu leiten und ein Stück weit Werbung für die Demokratie zu machen.“
Die vier Vertreter des Landtagspräsidiums gehören jeweils unterschiedlichen Parteien an. Laut Schmeltzer erschwere die unterschiedliche Parteizugehörigkeit die Arbeit aber nicht. Er sagt: „Wir arbeiten im Sinne des Parlaments sehr vertrauensvoll zusammen. Aufgrund der Überparteilichkeit und dessen, dass wir das Parlament des Landes Nordrhein-Westfalen repräsentieren, ist diese Einigkeit auch ganz wichtig. Da hat es noch nie Streitpunkte gegeben. Und ich sehe auch keine auf uns zukommen.“
Auf den Einfluss des Landtags angesprochen, sagt Kuper: „Im Alltäglichen haben wir schon einiges an Entscheidungsmöglichkeiten.“ Der Landtag hat als zentrales Organ der Legislative unter anderem die Aufgabe, Gesetze zu beschließen. Schmeltzer: „Das Machtzentrum in der Landespolitik stellt sicherlich die Landesregierung. Die Landesregierung ist die Exekutive, das ausführende Gremium.“
Das Leben eines Menschen werde in wesentlichen Teilen von der Politik und somit auch der Landespolitik bestimmt. „Wenn wir durch die Fußgängerzone in Lünen gehen, kann ich an jeder Ecke einen Punkt finden, der irgendwo auf Landespolitik zurückzuführen ist“, macht Schmeltzer klar.

Werbung für die Demokratie
Die Schulbesuche des Präsidiums haben nicht nur eine symbolische Bedeutung, sondern auch einen ernsten Hintergrund. Der Landtag möchte junge Menschen dazu ermuntern, sich für Politik zu begeistern und Engagement zu zeigen. In den Schulen wird Demokratie gelebt. Sei es in Diskussionen über eine neue Tischtennisplatte, die Ausstattung des Klassenraumes oder die Wahl des Klassensprechers.
Auf Schülerfragen geben die Präsidiumsmitglieder nicht ihre persönliche oder eine Parteimeinung wieder, sondern Aussagen, die im Parlament gefällt worden sind, so Kuper. Das Ziel sei es, die Schülerinnen und Schüler zu ermuntern, sich eine eigene Meinung zu bilden. Der Landtagspräsident macht seine Aussage deutlich: „Die Zeiten, in denen wir nur eine Meinung vertreten durften, haben wir während des Nationalsozialismus erlebt.“ Demokratie funktioniere nur, wenn die Mehrheit der Bevölkerung das System mit all seinen Vor- und Nachteilen als bestmögliche Regierungsform anerkenne.

Bei der letzten Landtagswahl gab es in Lünen eine Wahlbeteiligung von 49 Prozent. „Für mich als Lüner ist eine absolute Katastrophe, dass noch nicht einmal jeder Zweite zur Wahl gegangen ist“, sagt Schmeltzer. Deshalb ist die „Demokratiewerbung“ aus seiner Sicht auch so wichtig. Kuper ergänzt: „Es ist unser Ansatz, junge Menschen abzuholen und sie ein Stück weit mitzunehmen. Sich zu engagieren, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern darüber hinaus."
Lokalpolitik in Lünen
Trotz Formaten wie "Landtag lokal", das erst noch im Probelauf ist, fällt es manchem Bürger schwer, eine Nähe zu den Politikern aufzubauen.
Rainer Schmeltzer erklärt, warum das in seinem Fall, obwohl er bereits seit über 20 Jahren Berufspolitiker ist, anders sein soll: „Ich bin hier geboren und habe alles hier gemacht. Kindergarten, Schule, Ausbildung. Dann weiß man, wie die einzelnen Stadtteile, wie die Menschen ticken. Ich habe die Entwicklung dieser Stadt miterlebt.“ Als Politiker müsse man für die Bürgerinnen und Bürger ansprechbar sein, ansonsten mache man etwas falsch.
Auf Parteiebene ist Schmeltzer mit der SPD in der Opposition. Seine Wähler müssten sich aber keine Sorgen machen, dass ihre Anliegen nun nicht mehr gehört werden.
„Wenn wir vor Ort nur noch Ansprechpartner in Form eines Abgeordneten aus der Regierungskoalition hätten, dann wäre in unserem demokratischen Staat etwas falsch. Auch jetzt als Oppositionspolitiker habe ich überhaupt keine Probleme, mit den Ministerinnen und Ministern der Landesregierung zu kommunizieren, wenn es um Themen in Lünen, Werne und Selm geht.“
In den überparteilichen Fragen waren sich Kuper und Schmeltzer einig. In der Schnellfragerunde gingen die Antworten dann aber doch etwas auseinander. Auf die Frage nach Feierabendbier oder Morgenyoga antwortete Kuper: „Morgenyoga.“ Für Schmeltzer war hingegen klar: „Bier.“
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