Fast 15 Jahre hatte sich der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen das vor zehn Jahren am Lüner Stummhafen ans Netz gegangene Steinkohlekraftwerk gewehrt. Es ist eines der bundesweit jüngsten Kraftwerke und erzeugt jährlich bis zu 6 Millionen Megawattstunden Strom. Das 750-Megawatt-Kraftwerk, das für 1,4 Milliarden Euro in Lippholthausen gebaut worden war, hatte von Anfang an Gegner. Einer war der BUND. Der zog vor Gericht und klagte gegen die Betriebsgenehmigung.
Jetzt kam die Wende. Nach zweitägiger Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster erklärte der BUND am Freitag (20.1.) die Klage für erledigt. Drei Tage vor der mündlichen Verhandlung hatte die Bezirksregierung Arnsberg per Änderungsbescheid den erlaubten Ammoniakausstoß des Kraftwerks nochmals um 80 Prozent reduziert. Das OVG habe am Freitag durchblicken lassen, dass die Erfolgsaussichten der BUND-Klage dadurch nur noch gering seien. „Der wichtigste Ansatzpunkt der Klage war damit erledigt“, heißt es seitens des BUND in einer Pressemitteilung.
Der sieht zumindest einen Teilerfolg. „Auch wenn wir das Kraftwerk letztlich nicht stoppen konnten, haben wir gegen den jahrelangen Widerstand der Landesbehörden viel für die Umwelt erreicht“, so der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Krämerkämper in der Mitteilung.
Er übt aber auch Kritik: . „Allerdings verhindert der Gesetzgeber, dass selbst rechtswidrige Genehmigungen auf der Basis von manipulierten Gutachten effizient beklagt werden können.“ Anstatt endlos mit gewaltigem Aufwand weiter zu prozessieren, habe der BUND nach entsprechenden Hinweisen des Gerichtes entschieden, dieses Verfahren zu beenden. „Zudem ist das Ende der Kohleverstromung absehbar.“
„Einsatz gelohnt“
Trianel selbst spricht von einem „guten Ende“. „Mit dieser Erledigungserklärung ist endlich Rechtssicherheit eingetreten. Die beiden Termine zur mündlichen Verhandlung am 16. und 20. Januar 2023 haben gezeigt, dass unser Kraftwerk seit der ersten Betriebsstunde alle immissions- und naturschutzrechtlichen Auflagen erfüllt,“ erklärt Stefan Paul, Geschäftsführer der Trianel Kohlekraftwerk Lünen GmbH & Co. KG, in einer Pressemitteilung. „Im Sinne der Prozessökonomie begrüßen wir das vom Gericht angeregte Vorgehen und haben der Erklärung daher zugestimmt.“ Durch den Verfahrensausgang seien aus Sicht des BUND zwar zahlreiche Fragen ungeklärt geblieben, dennoch habe sich der jahrelange juristische Einsatz gelohnt.
Schadstoffsenkung durchgesetzt

Über den Umweg zum Europäischen Gerichtshof habe der BUND Umweltverbänden europaweit den Zugang zu Gerichten und damit zur Überprüfung von Plänen und Genehmigungen erkämpft. Auch habe der BUND eine drastische Senkung des genehmigten Schadstoffausstoßes des Lüner Kraftwerkes durchsetzen können: beim Ammoniak um 90 Prozent, bei Schwefeldioxid und Stickoxiden um rund 60 Prozent sowie beim Quecksilber um fast 70 Prozent.
Entscheidend für diesen Erfolg sei auch die wiederholte gründliche und aufmerksame Prüfung durch den 8. Senat gewesen. Diese Absenkung der Schadstoffbelastung zu betreiben, erklärt der BUND, wäre die Aufgabe der Umweltbehörden des Landes NRW gewesen. Hier verfahre man aber offenbar weiterhin nach der Devise „Durchwinken was kommt“, so der BUND. Natur- und Umweltschutz hätten insbesondere bei der Bezirksregierung Arnsberg einen geringen Stellenwert.
„Versorgungssicherheit“
Trianel begrüßt, dass durch die Erledigungserklärung das Gerichtsverfahren endgültig beendet ist. „Das Trianel Kohlekraftwerk Lünen verfügt damit über eine rechtkräftige Betriebsgenehmigung und leistet weiterhin einen wichtigen Beitrag für die Versorgungssicherheit“, betont Paul. Trianel erklärte sich bereit, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen.
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