Kinofest Lünen „Kalle Kosmonaut“: Filmemacher begleiten Kind zehn Jahre lang

„Kalle Kosmonaut“: Filmemacher begleiten Kind zehn Jahre lang
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Jeder sollte so einen Film über sich haben - findet Kalle aus Berlin. Zehn Jahre lang wurde der Junge aus dem Kiez von Tine Kugler und Günther Kurth mit der Kamera begleitet. Die sympathischen Dokumentarfilmer stellten das Ergebnis, den Film „Kalle Kosmonaut“ am Freitag (25.11.) beim Kinofest in der Cineworld vor. Die Doku läuft im Wettbewerb um die „Rakete“.

„Am Anfang hatten wir natürlich nicht gedacht, dass uns das Projekt zehn Jahre lang beschäftigen wird“, so Tine Kugler. Alles begann 2011, als die Filmer fürs ZDF einen Film über Schlüsselkinder (Als Schlüsselkind wird ein Kind bezeichnet, das nach Schulschluss regelmäßig ohne Betreuung ist, zum Beispiel, weil seine Eltern berufstätig sind, Anm. d. Red.) )drehten. Da begegnete ihnen Kalle aus dem Kiez und begeisterte sie so, dass sie einen eigenen Film über ihn machen wollten.

Im Gefängnis

„Wir wollten eine Coming-of-Age-Geschichte machen, Kalle war sehr offen und der Kamera zugeneigt. Er hat uns schon als Elfjähriger viel geschenkt“, so Kurth. Als auch seine Mutter einverstanden waren, startete das Projekt „Kalle Kosmonaut“. So heißt er, weil sein Kiez rund um die Allee der Kosmonauten in Berlin ist. Zwischendurch saß Kalle zweieinhalb Jahre im Gefängnis. Kurth: „Wir wollten erzählen, wie es weitergeht mit ihm, wenn er wieder aus dem Knast kommt.“

Die beiden Dokumentarfilmer haben auch heute noch Kontakt mit Kalle. „Man ist natürlich daran interessiert, was aus dem Jungen wird, wenn man ihn so gut kennenlernt“, sagt der Filmer. Ohne Nähe zwischen Protagonisten und Filmern funktioniere das Projekt nicht, so Tine Kugler. Zwischendurch haben sie natürlich auch andere Projekte realisiert, aber immer wieder kehrten sie zu Kalle und seiner Mutter zurück. Beim Kinofest gewann der Film die „Rakete“.

Premiere auf der Berlinale

Kinostart für „Kalle Kosmonaut“ ist am 26. Januar. Dass der ungewöhnliche Film einen Verleih gefunden hat, lag sicher auch daran, dass die Weltpremiere in der Reihe „Generation“ bei der Berinale stattgefunden hat. Als Kalle die Doku das erste Mal sah, waren ihm nur die Klamotten, die er mit 14 getragen hat, peinlich.

„Wir haben während des Drehs immer viel mit ihm gesprochen, erklärt, warum wir etwas gemacht haben. Alles was passiert ist, fand in Absprache mit Kalle statt“, so Kurth. Es sei schon eine große Verantwortung, die die Filmer übernommen haben, als sie einen Film über einen Menschen zwischen zehn und 20 Jahren gedreht haben. Tine Kugler: „Wenn Verantwortung durch Nähe entsteht, läuft man weniger Gefahr, einen Menschen bloß zu stellen.“

Halbzeit beim 32. Kinofest war am Freitag für die Verantwortlichen des Kinofests: (v.l.) Lutz Nennmann, Veranstalter und Cineworld-Chef, Sonja Hofmann, künstlerische Leiterin, Max Biela, operative Leitung, und Meinolf Thies, Cineworld-Chef und Veranstalter.
Halbzeit beim 32. Kinofest war am Freitag für die Verantwortlichen des Kinofests: (v.l.) Lutz Nennmann, Veranstalter und Cineworld-Chef, Sonja Hofmann, künstlerische Leiterin, Max Biela, operative Leitung, und Meinolf Thies, Cineworld-Chef und Veranstalter. © Günter Blaszczyk

Welches Material letztlich im Film landete, entschied sich auch im Schnitt. Nach Kinostart machen die beiden Filmer eine Tour in verschiedene Städte, in denen der Film läuft. Kurth: „Die Doku lief auch vor Pädagogen und Sozialarbeitern.“ Menschen zu erreichen, auch durch die ungewöhnliche Kombi aus Animation und Doku, ist den Filmern wichtig.

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