Aylin Tezel wurde als Schauspielerin im Ermittler-Team des Dortmunder Tatorts bekannt. Acht Jahre lang, von 2012 bis 2020, war sie als Teil des Teams um Jörg Hartmann im Tatort zu sehen. Dann entschied sie sich, neue Wege als Schauspielerin zu gehen. Mittlerweile hat sich die 40-Jährige, die aus Ostwestfalen stammt, längst von dem Krimi-Dauerbrenner verabschiedet und mit vielen verschiedenen Projekten einen Namen gemacht. In Lünen stellte sie nun am Freitagabend in der Cineworld ihren Kinofilm „Falling into Place“ vor, der auch im Wettbewerb um die „Lüdia“, den Filmpreis der Stadt Lünen, konkurriert. Der in Schottland und England gedrehte Liebesfilm liegt Aylin Tezel gleich aus drei guten Gründen besonders am Herzen. Denn die kreative Künstlerin spielt nicht nur die weibliche Hauptrolle, sie führte auch Regie und schrieb das Drehbuch für den Kinofilm, der eine Woche nach dem Lüner Festival in den Kinos starten wird.
Derzeit ist Aylin Tezel damit beschäftigt, ihren Film bei Festivals vorzustellen. Dafür reiste sie auch vor kurzem nach Estland. In der Hauptstadt des baltischen Staates lief „Falling into Place“ bei einem renommierten internationalen Festival mehr als erfolgreich und bekam sogar einen Preis. In Lünen freute sie sich am Sonntag (3.12.) über den Preis für die beste schauspielerische Leistung, den ihr die Fachjury verlieh. Auch in der beliebten NDR-Talkshow war sie eine Woche vor dem Kinofest zu Gast, um über ihren Film zu sprechen. Im Interview mit unserer Redaktion erzählt Aylin Tezel von den Dreharbeiten, der Besetzung des Films und warum man sich „Falling into Place“ unbedingt im Kino ansehen sollte.
Sie haben das Drehbuch für Ihren Film „Falling into Place“ in Englisch geschrieben und den Film auch in Englisch gedreht. Wie war diese Erfahrung für Sie?
Da ich seit vielen Jahren viel nach Schottland, Irland und England pendele, ist ein englischsprachiges Dasein schon lange Teil meines Lebens. Daher war der Schritt, auf Englisch zu schreiben, gar kein so großer für mich. Und da sich in „Falling into Place“ die Deutsche Kira und der Schotte Ian auf der schottischen Insel Skye begegnen, war es auch nur logisch, dass Englisch ihre gemeinsame Sprache ist. Mit einem Team im Vereinigten Königreich zu drehen, war sehr angenehm. Die hohe Professionalität der Teammitglieder, Schauspielerinnen und Schauspieler dort ist beeindruckend und ich war dankbar, dass sie mir als deutscher Debüt-Regisseurin ihr vollstes Vertrauen entgegen gebracht haben. Für Zuschauerinnen und Zuschauer, die den Film lieber auf Deutsch sehen wollen, haben wir aber auch eine tolle deutsche Synchronfassung erstellt.
Hatten Sie Mitspracherecht beim Casting?
Natürlich, das sollte eigentlich immer der Normalfall sein, dass die Regie ein Teil des Teams ist, das Entscheidungen über Rollenbesetzungen trifft. Ich hatte das große Glück, mit Des Hamilton einen der renommiertesten Casting Directors aus Großbritannien zu haben, der bereits für Filme wie „Jojo Rabbit“ oder „Only God Forgives“ gecastet hat. Mir wurden extrem gute Schauspielerinnen und Schauspieler vorgestellt und am Ende konnte ich mich für diejenigen entscheiden, die meine absolut erste Wahl waren. Meine Produzentin Yvonne McWellie von der Kölner Produktion Weydemann Bros und ich hatten zum Glück die gleiche Vision und waren uns bei allen Besetzungen einig. Herausstechend war für uns alle der Schotte Chris Fulton, den wir für die männliche Hauptrolle besetzt haben. Er setzte mit seinem authentischen Spiel, seinem Charme und seinem Mut zur Verletzlichkeit den richtigen Ton für unsere Liebesgeschichte. Für mich ist Chris Fulton eine absolute Entdeckung. Er hatte bereits in Serienformaten wie „Bridgerton“ oder auch „The Witcher“ gespielt, aber „Falling into Place“ ist sein erster Kinofilm, in dem er die Hauptrolle spielt. Ich glaube fest daran, dass er die Herzen der Zuschauer und Zuschauerinnen im Flug erobern wird.
Wie waren die Dreharbeiten in Schottland?
Das Schöne, aber gleichzeitig für die Kontinuität eines Drehtags Herausfordernde ist, dass man in den schottischen Highlands vier Jahreszeiten innerhalb eines Tages erleben kann. Bei unseren Drehtagen auf der Isle of Skye schwitzten wir morgens in der Sonne und standen mittags im Schnee. Die dramatische Landschaft, das Meer und die vielen schönen Sonnenaufgänge haben mich während der Dreharbeiten immer wieder sehr glücklich gemacht. Da liegt ein Zauber in der Luft, den man schwer in Worte fassen kann, eine besondere Form der Melancholie, die zum Spiegel der Sehnsüchte unserer beiden Hauptfiguren wurde.

Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin in einer Person - ist das etwas, das Sie gerne wieder machen würden oder möchten Sie nach den Erfahrungen lieber wieder nur eine Aufgabe pro Film übernehmen?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, nochmal in dieser Kombination zu arbeiten. So viele Positionen gleichzeitig zu übernehmen, ist natürlich wahnsinnig anstrengend und zeitaufwendig, aber auch sehr bereichernd und spannend. Ich habe in den letzten Jahren auf der Reise mit diesem Film so viel gelernt, übers Filmemachen, über kreative Schaffensprozesse, die Zusammenarbeit mit einem großen Team und natürlich auch über mich selber. Das Schöne ist, dass es sich so anfühlt, als hätte ich ab jetzt einfach wirklich viele Mittel zur Verfügung, um Geschichten zu erzählen. Ich freu mich aber auch schon auf den nächsten Job, wo ich „nur“ spiele und dann vielleicht auch mal wieder ein freies Wochenende haben werde.
„Falling into Place“ ist ein Liebesfilm der besonderen Art, warum sollte man ihn sich unbedingt ansehen?
Wir erzählen nicht nur die Geschichte von zwei Menschen, die sich treffen und innerhalb kürzester Zeit eine überraschend tiefe Verbindung zueinander aufbauen, sondern auch die Geschichte zweier verlorener Seelen, die zunächst lernen müssen, sich selbst zu begegnen. Kira und Ian tragen beide eine tiefe Verunsicherung in sich, es fällt ihnen schwer, sich selbst zu lieben und wir begleiten sie dabei, wie sie sich unabhängig voneinander den Geistern ihrer Vergangenheit stellen, um sich selbst näher kommen zu können. Ich glaube, dass die Angst, nicht auszureichen oder nicht liebenswert zu sein und die Sehnsucht nach Nähe zutiefst menschliche Emotionen und Motoren sind, die uns in unserem Dasein auf dieser Welt verbinden. Ich glaube auch, dass es endlich wieder Zeit ist für ehrliche und liebevolle Geschichten, die ganz nah an uns Zuschauerinnen und Zuschauern dran sind. Es gab jetzt in den letzten Jahren einen ziemlichen Superhelden-Filme-Boom, es ist Zeit mal wieder beim Menschsein anzukommen.

Worauf haben Sie sich beim Lüner Kinofest besonders gefreut?
Auf den Moment, wenn der Film beginnt und es still wird im Saal, auf die Verbindung mit den Zuschauerinnen und Zuschauern und auf ein schönes Gespräch im Anschluss an den Film. Gerade komme ich aus Tallinn, wo ich beim international anerkannten Black Nights Film Festival mit dem „Fipresci-Preis“ der internationalen Film-Kritik ausgezeichnet wurde. Das ist natürlich eine wahnsinnig große Ehre für mich und meinen Film und ein wirklich schöner Start für die Kinotour, die mich nun innerhalb der nächsten zwei Wochen durch ganz Deutschland führen wird.
Wie sehen Ihre weiteren beruflichen Pläne aus?
Jetzt steht erst einmal am 7. Dezember der Kinostart von „Falling into Place“ an. Dann gibt´s hoffentlich eine kleine Verschnaufpause und dann freue ich mich darauf, mit großer Offenheit in ein neues Jahr zu gehen, um in verschiedenen Positionen weiterhin ein Teil davon sein zu dürfen, Geschichten zu erzählen.
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