Kaninchen in der Region sterben an China-Seuche
Tödliches Virus
Überall in Deutschland grassiert derzeit die China-Seuche, auch RHD2 genannt. Kaninchenhalter bangen um ihre Tiere. Denn einen Impfstoff gibt es auf dem deutschen Markt noch nicht und in der Regel verläuft die Krankheit tödlich. Was Tierhalter tun können, klärt unser Fragen und Antworten.

Vor allem Kaninchen, die in Außengehegen gehalten werden, sind von der China-Seuche bedroht.
Was ist die China-Seuche?
Die sogenannte China-Seuche ist eine Virus-Infektion. "RHD1 grassierte vor etwa 15 Jahren in Deutschland und ist der Vorgänger von RHD2", sagt Anke Löhr, Sprecherin des Landesverbandes Westfälischer Rassekaninchenzüchter. Im Laufe der Jahre ist das Virus mutiert.
Die Krankheit verläuft meist tödlich für die infizierten Kaninchen. Innerhalb von 12 bis 48 Stunden leiden die Tiere an inneren Blutungen in den Geweben. "Die Tiere sind dann meist innerhalb von 72 Stunden tot", sagt Züchter Meinhard Neuhaus aus Berghofen. Etwa 90 Prozent der infizierten Tiere sterben an dem Virus. Und anders als bei RHD1 sterben an der Mutation auch Jungtiere.
"Abends scheint noch alles in Ordnung zu sein, kommt man jedoch am nächsten Morgen in den Stall findet man ein oder mehrere tote Tiere. Und das geht mehrere Tage hintereinander so", berichtet Silvia Eberhard vom Kreisverband Dortmunder Rassekaninchenzüchter.
Wo ist die Seuche aufgetreten?
In diesem Sommer sei ganz Deutschland betroffen, sagen die Züchter. Wie viele Tiere in der Region mit der Seuche infiziert sind, ist schwer nachzuvollziehen. "Die China-Seuche ist nicht anzeigepflichtig", sagt Dr. Markus Nieters vom Kreisveterinäramt Recklinghausen. Er habe etwas von 500 Fällen im Kreis gehört, aber offizielle Zahlen gibt es nicht. Auch Jochem Manz, Pressesprecher des Kreises Recklinghausen, hat Nachrichten von rund 500 Fällen gehört. Die Verbreitung der Seuche sei im Kreis Recklinghausen seines Wissens nach unregelmäßig: "Soweit ich weiß, gibt es in Herten noch keinen Fall, woanders schon."
Der Landesverbandes Westfälischer Rassekaninchenzüchter hat Ende Juli eine Umfrage in den einzelnen Kreisverbänden gestartet, um herausfinden, wie verbreitet die China-Seuche ist. Johann Biermann vom Verein Lohclub W415 Münsterland hat daraufhin in seinem Verein nachgefragt. "Bei uns gab es einen Fall. Der Züchter hat 65 Tiere verloren", sagt Biermann.
In Lünen sind ebenfalls einige Bestände der Krankheit zum Opfer gefallen. Konkrete Zahlen gibt es jedoch noch nicht. Beim Lüner Thomas Neumann vom Landesverband Westfälischer Rassekaninchenzüchter sind durch das RHD2-Virus alle Tiere gestorben. Bei Züchterin Silvia Eberhard aus Dortmund starben 18 Kaninchen. Und auch Meinhard Neuhaus aus Berghofen hat einen Großteil seiner Zucht verloren: 83 von 116 Tieren starben.
Gibt es einen Impfstoff?
Es gibt einen Impfstoff gegen RHD1. Die Impfung ist auch Pflicht, wenn man sein Tier zu einer Schau anmelden möchte. Gegen das mutierte RHD2-Virus gibt es in Deutschland allerdings noch keinen zugelassenen Impfstoff. Der Impfstoff gegen RHD2 ist bisher nur in Frankreich und Spanien zugelassen. Dass der Impfstoff gegen das mutierte Virus noch nicht in Deutschland zugelassen sei, liegt laut Löhr an den weitaus größeren Kaninchenfleischindustrien in Frankreich und Spanien: „Das Interesse an einem Impfstoff ist in diesen Ländern dementsprechend größer als in Deutschland.“
In Deutschland erwartet man das Mittel in der zweiten Oktoberhälfte. Bis dahin rät Anke Löhr: „Beim Tierarzt kann das Kaninchen mit dem RHD1-Impfstoff zwei Mal innerhalb von acht Wochen geimpft werden. Das Impfen gegen RHD1 vermeidet zwar nicht die Erkrankung (an dem mutierten Virus, Anm. d. Red.), wohl aber den Tod des Tieres.“
Bisher gibt es den Impfstoff gegen RHD2 nur mit einer Ausnahmegenehmigung vom Tierarzt. "Und die kostet 80 Euro", sagt Züchter Johann Biermann aus Bocholt. Hinzu kommen noch die Kosten für das Impfen selbst.
Wie wird das Virus übertragen?
„Der RHD2-Virus wird von Wildkaninchen, Fliegen und über das Futter übertragen", sagt Anke Löhr. Silvia Eberhard, Sprecherin des Kreisverbands Dortmund, macht vor allem den milden Winter für die starke Verbreitung der Seuche verantwortlich: "Das Virus wird zum Beispiel durch Mücken übertragen. Weil der Winter so mild war, sind die Mücken nicht abgestorben und vermehren sich fleißig", sagt sie. Was dann folge, sei ein Domino-Effekt: "Wenn ein Züchter oder Halter in der Natur Futter für seine Kaninchen pflückt, kann er dadurch das Virus auf seine Tiere übertragen."
Was können Kaninchenzüchter oder -halter tun, abgesehen vom Impfen?
Löhr rät Kaninchenhaltern, die Tiere reinzuholen und sie nicht im Garten zu halten. Manche Züchter pflücken auch kein Löwenzahn oder Gras mehr auf Wiesen. Andere sagen Schauen ab und meiden den Kontakt zu anderen Züchtern.
Der Lüner Friedhelm Löser, der 60 Jahre lang Kaninchen gezüchtet hat, aber nun keine eigenen Kaninchen mehr besitzt, beobachtet die Ereignisse mit großer Sorge: „Viele Jungtier- und allgemeine Schauen in der Region wurden abgesagt. Wenn sich dort Tiere anstecken und sterben, dann muss der Veranstalter die Tiere ersetzen.“
Der Kreisverband Unna hat zum Beispiel seine Jungtierschau abgesagt und selbst auch keine besucht. Und auch die Schauen im Herbst könnten gestrichen werden, so Sprecher Willi Niederhausen. Die Ansteckungsgefahr sei einfach zu groß: "Wir müssen ja an die Tiere denken."
Was sollen Züchter tun, wenn ihre Kaninchen sterben?
Niederhausen warnt vor Panik."Wenn in einer Zucht ein Tier stirbt, muss es nicht an dem Virus liegen. Aber wenn auffällig viele Tiere sterben, dann sollten die Züchter das bei uns, also dem Kreisverband, melden." Dann könnte man Proben an das staatliche Veterinäruntersuchungsamt in Arnsberg schicken, um Gewissheit zu bekommen.
Zu guter Letzt bleibt den Züchtern nur übrig, auf einen wirksamen Impfstoff zu warten. "Bis der Impfstoff da ist, können wir Züchter nur warten und vorsichtig sein", sagt Niederhausen. Er hat selbst 70 Kaninchen und will sich nicht vorstellen, wie es wäre, seine Tiere an das Virus zu verlieren.
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