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Immobilienpreise in Lünen: Unterschiede sind da - aber nicht so stark
Hauskauf
Ist ein Haus in Nordlünen doppelt so teuer wie ein Haus in Brambauer? Verschiedene Makler-Portale im Netz lassen darauf schließen. Der Gutachterausschuss in der Stadt Lünen widerspricht.
Im Oktober 2020 hatte unsere Redaktion über die Suche der Lüner Familie Piwellek nach einer passenden Immobilie berichtet. Neben der Tatsache, dass Häuser und Wohnungen meist schon unmittelbar nach der Ausschreibung verkauft sind - oftmals ohne dass der Käufer das Objekt überhaupt in Augenschein nimmt -, waren auch überhöhte Preise ein Grund, warum sich die Suche für die Familie nicht nur in Lünen schwierig gestaltet.
Blickt man auf diverse Maklerportale im Netz, werden dort im Durchschnitt 2200 Euro pro Quadratmeter für Lünen aufgerufen. Auf dem Portal „McMakler“ wurden zudem regionale Unterschiede deutlich: Ein Haus in Nordlünen kostet im Durchschnitt 2500 Euro pro Quadratmeter, in Brambauer seien es „nur“ 1300 Euro. „Das würde bedeuten, dass ein vergleichbares Objekt in Nordlünen fast doppelt so teuer wie in Brambauer sein würde. Das ist sicherlich nicht so“, sagt Jörg Schulze vom Gutachterausschuss in der Stadt Lünen.
Gutachterausschuss wertet Verträge aus
Der Ausschuss wertet sämtliche Kaufverträge für Immobilien eines Jahres für Lünen aus und veröffentlicht im ersten Quartal des folgenden Jahres seinen Bericht. Demzufolge gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen beispielsweise Nordlünen und Brambauer. Der fällt aber bei weitem nicht so krass aus, wie es unter anderem „McMakler“ behauptet: „Nach der Auswertung aller Kaufverträge aus dem Jahr 2019 lag der durchschnittliche Kaufpreis für ein Ein- bis Zweifamilienhaus in Brambauer bei 2000 Euro pro Quadratmeter für ein Objekt mit 120 Quadratmeter Wohnfläche und dem Baujahr 1978“, so Jörg Schulze. Ein Objekt in Altlünen mit 140 Quadratmetern aus dem Jahr 1980 habe im Durchschnitt 2060 Euro pro Quadratmeter gekostet - also nur knapp 60 Euro mehr. „Das Preisniveau der bisher für 2020 ausgewerteten Kaufverträge für Ein- bis Familienhäuser liegt in Altlünen circa 120 Euro pro Quadratmeter über dem Niveau von Brambauer“, sagt Jörg Schulze.
Woher kommen also die Zahlen der Portale im Netz? Dazu hat Schulze zwei Anmerkungen: „Zum einen handelt es sich bei den in den Internetportalen aufgeführten Preisen lediglich um Angebotspreise. Die Kaufpreise liegen in der Regel unter diesen Preisen.“ Zum anderen hätten die Portale nur eine eingeschränkte Auswahl an Daten zur Verfügung. Entsprechend sei die Aussagekraft der Portale „sehr differenziert zu bewerten“.
Nicht von der Hand zu weisen sei der Trend, den auch die Portalpreise widerspiegeln: „Es ist sicherlich so, dass auch in Lünen die Corona-Pandemie bisher keine Auswirkungen auf die Kaufpreise hatte.“ Der Gutachterausschuss habe auch in Lünen weiterhin steigende Preise für gebrauchte Ein- bis Zweifamilienhäuser zu verzeichnen. Wie stark, werde jedoch erst der Bericht für das Jahr 2020 zeigen können.
Auch für Mieter ist die Entwicklung schwierig
So oder so stellt sich die Frage, welcher Preis für eine Immobilie denn noch fair ist. „Dazu kann ich nur feststellen: Der Markt bestimmt den Preis“, so Jörg Schulze. Ist die Nachfrage größer als das Angebot, würden auch die Preise steigen. Das führt leider auch dazu, dass Objekte überteuert angeboten und auch verkauft werden. Niedrige Zinsen unterstützen diese Entwicklung.“ Der jeweils aktuelle Bericht des Gutachterausschusses biete da eine Orientierung.
Im Übrigen wird nicht nur für Hauskäufer die Situation schwieriger. Auch Mieter stehen vor einer ähnlichen Entwicklung, was die Preise angeht: „Menschen mit geringeren Einkommen werden regelrecht aus den Städten verdrängt“, stellte der Mieterbund Nordrhein-Westfalen in der vergangenen Woche (5. November) fest. Entsprechend solle die Landesregierung einen stärkeren Fokus auf öffentlich geförderten Wohnraum legen. In Lünen haben unter anderem die Wohnungsbaugesellschaft (WBG) und der Bauverein Pläne, solche Neubauten zu realisieren.
Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
