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Immer mehr Lüner wollen in barrierefreie Wohnungen ziehen
Nachfrage steigt
Die Lüner werden immer älter. Damit sie möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben können, werden barrierearme Wohnungen immer wichtiger. Die Preise für Wohnraum steigen jedoch.
Die Zahl der älteren Menschen steigt immer weiter. Laut Modellrechnung von IT NRW wird die Zahl der über 65-Jährigen in Lünen von 19.832 im Jahr 2018 auf 23.113 im Jahr 2040 steigen. Das führt auch zu einer steigenden Nachfrage nach barriererarmen und barrierefreien Wohnungen. Aber nicht nur ältere Menschen, sondern auch Lüner, die jünger, aber in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, suchen nach solchen Wohnungen.
Laut Abteilungsleiterin Beate Lötschert gibt es (Stichtag 31.12.2020) derzeit 44.749 Wohnungen, wobei der größte Teil, 30.500 Wohnungen, schon vor 1979 gebaut worden sei und eher nicht barrierearm oder -frei ist. „Der Wohnungsbestand in dieser Baualtersklasse kann die steigende Nachfrage Wohnraum nicht decken“, sagt Beate Lötschert.
Nur 22 Prozent
Laut Auswertung der Zensusdaten von IT NRW ist der Wohnungsbestand, der ab dem Jahr 2011 entstanden ist, zu 22 Prozent barrierearm oder barrierefrei. Das heißt für Lünen bei 1645 fertiggestellten Wohnungen seit 2011 sind 362 barrierefrei oder barrierearm.
In Großstädten werden gerade für barrierefreie Wohnungen, die frei finanziert gebaut wurden, immer höhere Mieten verlangt. Die Erhebungen der Wohnungsmieten für den Lüner Mietspiegel haben ergeben, dass die Miethöhe bei einem Neubau ab dem Baujahr 2007 im Durschnitt bei 8,42 Euro liegt. Ab dem Baujahr 2013 sogar bei 9,24 Euro. Günstiger, so Beate Lötschert, sind die öffentlich geförderten Wohnungen in dieser Baualtersklasse. Die aktuelle Bewilligungsmiete liege derzeit bei 5,70 Euro pro m². Das seien die Mieten, die für diese Ausstattung üblich sind.
Der Bauverein hat derzeit mehr als 1200 barrierearme oder barrierefreie Wohnungen im Bestand - ein Fünftel der insgesamt 6000 Wohneinheiten. „Teilweise sind die Wohnungen nachgerüstet, beispielsweise im Wiesengrund, wo wir Aufzüge vor die Fassade gesetzt haben“, sagt Vorstandsvorsitzender Andreas Zaremba. Das wurde bei den viergeschossigen Häusern gemacht, nicht bei den dreigeschossigen. Zaremba: „Uns ist aber wichtig, dass die langjährigen Mieter in ihrem gewohnten Quartier bleiben können. Ein Umzug für ältere Menschen in ein Haus mit Aufzug ist möglich gewesen.“
Mittlerweile sei bei Neubauten Barrierefreiheit oder Barrierearmut Pflicht, baurechtlich vorgeschrieben. „Wir haben aber schon in den vergangenen zehn Jahren fast alles barrierefrei gebaut“, so Carsten Unterberg, Vorstandsmitglied des Bauvereins. Bis auf ein Projekt in Selm, bei dem es zwei Maisonette-Wohnungen gibt, die naturgemäß wegen der Treppe nicht barrierefrei sein konnten.
Man wolle langjährige Mieter gerne halten und böten deshalb auch an, beispielsweise Bäder umzubauen, damit diese barrierefrei zugänglich sind. Wenn Wannen durch bodengleiche Duschen ersetzt oder Griffe an der Dusche zum besseren Halt angebracht werden. Man biete Mietern auch Beratung an, wenn diese Fördermittel für einen Umbau beantragen wollen.

Andreas Zaremba, Vorstandsvorsitzender des Bauvereins, freut sich, dass mittlerweile mehr als 1200 Wohnungen des Bauvereins barrierearm oder barrierefrei sind. © Beate Rottgardt
Teilweise, so Zaremba, seien bei den barrierefreien Neubauten auch öffentlich geförderte Wohnungen dabei. Bei den öffentlich geförderten Wohnungen liege der Mietpreis durchschnittlich bei 5,25 Euro, also unter dem Mietspiegel-Preis.
Sorgen macht dem Bauverein die Entwicklung der Baukosten, die stetig nach oben zeigt. Hohe Spritpreise und auch Materialkosten schlagen bei den Neubauten zu Buche und auch bei Umbauten. „Wegen der energetischen Sanierung stehen bei uns alle Objekte auf dem Prüfstand und werden auch in puncto Barrierearmut neu bewertet“, so Unterberg.
Bei der Lüner Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) befindet sich barrierearmer und barrierefreier Wohnraum überwiegend im Neubau, wozu Baujahre ab 2005 zählen. „Immer wieder versuchen wir auch Wohnungen aus dem Altbestand barrierearm umzurüsten. Also Erdgeschoss-Wohnungen und auch Wohnungen in höheren Etagen, wo bereits Aufzüge vorhanden sind“, so Justus Radke, Leiter Kundenmanagement der WBG. Eine Barrierefreiheit ist hier jedoch in den meisten Fällen nicht möglich. Beim Umbau versuche man mögliche Schwellen im Wohnumfeld und innerhalb der Wohnung zu minimieren.
Anderer Mietpreis
Die Mietpreise dieser Wohnungen im Neubau unterscheiden sich von der Förderung. Die Wohnungen sind gleich ausgestattet, haben jedoch auf Grund der Förderung einen anderen Mietpreis (bspw. Kaltmieten aktuell an der Graf-Haeseler-Straße: öffentlich gefördert: 5,80 Euro/m², frei finanziert 9 Euro/m². Radke: „Die Neubau-Wohnungen bei uns haben eine entsprechend gute Ausstattung. Der Fußboden ist bereits verlegt, es ist tapeziert und weiß gestrichen, gibt elektrische Rollläden, Fußbodenheizung, moderne Bäder, effiziente und nachhaltige Wärmeversorgung und Fahrradhäuser.
Die Wohnungen im Altbestand haben je nach Förderung und Ausstattung innerhalb der Wohnung eher einen geringeren Mietpreis. Auch dieser Wohnraum sei, so Radke, enorm wichtig, um auch den Bedarf an bezahlbaren Wohnraum (sanierter Altbestand mit Barrieren wie Treppenstufen, Badewannen) zu decken.
Die Nachfrage nach barrierearmen und -freien Wohnungen ist sehr hoch. Ältere Mieter, Mieter mit einer möglichen (Geh-)Behinderung oder auch Familien, die im Erdgeschoss keine Wohnung finden, favorisieren eine Wohnung mit möglichst wenigen „Schwellen“ im Umfeld und innerhalb der Wohnung. Auch mit der Maßnahme des Rück- und Neubaus wie in der Blumensiedlung oder an der Graf-Haeseler-Straße schaffe man immer mehr Wohnraum.
Vermieter sollen sich melden
- Die Stadt Lünen hat eine Broschüre über barrierefreie Wohnungen herausgegeben. Dieses Verzeichnis ist auf der Internetseite der Stadt Lünen unter dem Suchbegriff Wohnen ohne Barrieren in Lünen zu finden.
- Die Broschüre soll bei der Wohnungssuche behilflich sein. Dieses Verzeichnis ist trotz aller Recherche nicht vollständig, sondern enthält die Anschriften und Vermieter, die sich an dieser Aktion beteiligt haben.
- Vermieter von barrierefreien oder weitgehend barrierefreien Wohnung können sich gerne bei der Stadt Lünen, Wohnen und Soziales, Beate Lötschert, Tel. 104-1666, E-Mail Beate.Loetschert.16@luenen.de, melden, wenn sie in der Broschüre genannt werden möchten.
Beate Rottgardt, 1963 in Frankfurt am Main geboren, ist seit 1972 Lünerin. Nach dem Volontariat wurde sie 1987 Redakteurin in Lünen. Schule, Senioren, Kultur sind die Themen, die ihr am Herzen liegen. Genauso wie Begegnungen mit Menschen.
