Im El Gaucho am Bahnhof brutzeln die Steaks auf dem Holzkohlegrill
Restaurant-Check
Seit über 30 Jahren gibt es das El Gaucho. Wer sich so lange in der umkämpften Gastronomie-Branche hält, muss vieles richtig und wenig falsch gemacht haben. Die Erwartungen sind also hoch.
Es braucht ein wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass hinter der eher tristen Schaufensterfassade an der Münsterstraße in schönem Ambiente gut gekocht wird. Also schnell hinein ins El Gaucho, damit die inneren Werte überzeugen können. Die erste Überraschung wartet sofort hinter der Tür.
Die Atmosphäre
In der offenen Küche lodert ein Holzkohlegrill. Wer einen Platz an den drei Tischen in diesem Bereich ergattert, kann zusehen, wie des Fleisch zubereitet wird. Nebenan tut sich ein weitaus größerer Raum auf. Erst vor wenigen Wochen hat Inhaber Nermin Bevab renovieren lassen. Die Gäste sitzen jetzt auf mit grauem Kunstleder bezogenen Bänken und Stühlen an Holztischen. Raumteiler schaffen Nischen. Die Fenster schirmen den Lärm der Hauptstraße gut ab. Die Einrichtung insgesamt - Geschmacksache.
Die Speisekarte
Ein Restaurant mit dem Namen El Gaucho ist natürlich ein Steakhaus. Aber Nermin Bevab, der aus Bosnien stammt und das Lokal 2006 übernommen hat, hat es auch als internationales Restaurant ausgeflaggt. Entsprechend breit aufgestellt ist die Speisekarte: Steaks, Balkanspezialitäten, Schnitzel, Geflügel, Lamm, Fisch, Toast, Salate. Da sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Auch wenn Fleischgerichte dominieren, wird laut Bevab auf Wunsch auch vegetarisch gekocht. Mich macht so eine üppige Karte wie im El Gaucho stets ein wenig misstrauisch. Weil Vielfalt bisweilen auf Kosten der Qualität geht, ist weniger manchmal mehr, so meine Erfahrung. Schaun wir mal.
Von den Vorspeisen reizen mich die Scampi in Kräuterbutter am meisten. Aber es ist einer dieser ersten kalten Herbsttage, der Körper hat sich daran noch nicht gewöhnt. Ich brauche jetzt eine heiße Suppe, eine Gulaschsuppe (3,50 Euro) soll es sein. Meine Frau, die mich zum Restaurant-Check begleitet, verzichtet auf eine Vorspeise. Die Suppe wird schnell serviert, mit einer Scheibe Toast. Ein bisschen trist kommt sie in ihrer schlichten weißen Tasse daher. Aber sie ist heiß und gut gewürzt. Außerdem liegt die Betonung nicht nur auf Suppe, sondern auch auf Gulasch. Ich fühle mich jedenfalls angenehm durchgewärmt. Die Scheibe Toast hätte nach einem gnädigen Esser verlangt. Ich bin es nicht.
Zu fast allen Hauptspeisen gehört im El Gaucho Salat. Den können sich die Gäste am Büffet selbst zusammenstellen. Zwei fertige Dressings werden angeboten, Essig und Öl als Option für ein weiteres Dressing ebenfalls. Neben den üblichen Rohkost-Verdächtigen gibt es in der Salatbar auch Kartoffelsalat, angemacht mit Zwiebeln. Sehr empfehlenswert. Die leeren Salatteller bleiben übrigens auf dem Tisch. Wir könnten uns also nochmals Salat nehmen.
Wenn schon El Gaucho, dann Steak. Und wenn schon Steak, dann Filetsteak. Ich gönne mir das 200-Gramm-Exemplar mit Salat und Folienkartoffel (21,50 Euro) Meine Frau wählt aus den Balkanspezialitäten „Halb und Halb“: Cevapcici, Grillspieß, Djuvecreis, Pommes frites und Salat (10,50 Euro). Auf die Pommes verzichtet sie. Auch die Hauptspeisen werden schnell gebracht. Meine Frau, die als gebürtige Kroatin die Kompetenz für Balkanküche in sich trägt, ist zufrieden: „Schön saftig die Cevapcici.“ Und ganz wichtig: Es sind auch Zwiebeln dabei. Der Djuvecreis mundet der Gemahlin ebenfalls.
Ich hatte mir das Steak „etwas über Medium hinaus“ bestellt. Und exakt so kommt es auf den Tisch. Rosa, saftig und zart das Fleisch, klasse gewürzt, toll im Geschmack. Für mich ein perfektes Steak. Die gebackene Kartoffel wird in Alufolie gereicht, die zu einer Bonbonform gewickelt ist. Im Gegensatz zur Gulaschsuppe darf hier auch das Auge mitessen.
Meine Frau ist bereits satt und bietet mir ihren Spieß an. Der ist absolut in Ordnung, nur habe ich gerade ein Filetsteak genossen. Da hat es der Spieß schwer, bei mir zu punkten. Er kann nichts dafür.
Zum Nachtisch bestellen wir Palacinke, so heißen auf dem Balkan die Pfannkuchen, für uns mit heißen Kirschen, Sahne und Eis (5,50 Euro). Mein Geschmacksfavorit ist die Kugel Vanilleeis, eingewickelt in den Pfannkuchen. Herrlich zart schmilzt sie dahin. Den Pfannkuchen macht meine Frau besser.
Die Getränke
Wir starten mit Bitter Lemon (2,20 Euro) und Apfelsaft-Schorle (2,20 Euro). Mein angenehmer Begleiter zum Steak wird ein Glas Rotwein, ein Plavac (4 Euro). Plavac gilt als die hochwertigste Rebsorte Kroatiens.
Der Service
Der Service ist mit drei Worten beschrieben: Aufmerksam, freundlich, schnell. Auch Chef Nermin Bevab bedient. Vorspeise und Hauptgericht werden für unseren Geschmack fast schon ein bisschen zu zügig serviert. Bis zum Dessert gibt es dann eine angenehme Pause. Kleine Sonderwünsche sind kein Problem: Noch ein bisschen Kräuter-Quark zur gebackenen Kartoffel wird fix gebracht. Unsere Bitte, uns eine Portion Palacinke teilen zu dürfen, wird gern erfüllt. Und zum Schluss gibt es als Gruß des Hauses Julischka, eine Mischung aus Slivovitz (Obstbrand aus Pflaumen) und Kruškovac (Birnenlikör). Meine Frau verzichtet, ich sage mal: Muss man mögen.
Die Rechnung
Am Ende stehen 49,40 Euro auf der Rechnung für eine Vorspeise, zwei Hauptspeisen, zwei alkoholfreie Getränke, ein Glas Wein und ein (geteiltes) Dessert. Da kann man nicht meckern.
Kinderfreundlichkeit
Vier Gerichte für kleine Gäste stehen auf der Karte, alle mit Pommes.
Barrierefreiheit
Eher schwierig. Am Eingang sind zwei schmale Stufen zu überwinden. Zu den Toiletten führt der Weg über eine Treppe in den Keller.
Erreichbarkeit
So gut wie perfekt. Bushaltestelle direkt vor der Tür, Hauptbahnhof und Zentraler Omnibusbahnhof nur ein paar Schritte entfernt. Abends und am Wochenende finden Autofahrer auf dem Parkplatz vor dem Hauptbahnhof ziemlich sicher einen Platz. Zum Mittagessen dürfte das nahezu unmöglich sein.
Das Fazit
Das El Gaucho hält definitiv mehr, als es von außen verspricht. Mehr Sein als Schein also. Finde ich bei Menschen gut, bei Restaurants auch. Küchenleistung, insbesondere bei den Hauptgerichten, Service und Preis stimmen. Da wundert es nicht, dass das El Gaucho schon über so viele Jahre eine feste Größe in der Lüner Gastro-Szene ist.
Was das Netz sagt
Bei Google erhält das El Gaucho 4,5 von 5 Sternen (159 Bewertungen).
Alle Informationen
El Gaucho, Münsterstraße 55, geöffnet montags bis donnerstags von 17-23 Uhr, freitags, samstags, sonntags und feiertags von 11.30-14.30 und von 17-23 Uhr. Dienstag Ruhetag. Kontakt. Tel. (02306) 63577, Mail: info@steakhaus-luenen.de, Internet: www.steakhaus-luenen.de
So funktioniert der Restaurant-Check
Wir gehen ohne Vorankündigung in die jeweiligen Restaurants, als ganz normale Gäste. Wir sind keine Gastro-Experten, sondern einfache Menschen, die gerne an schönen Orten essen.
Wir beschreiben die Läden so, wie wir über sie auch mit Freunden und Bekannten sprechen würden. Mit ihren Schwächen, mit ihren Stärken. Ehrlich.
Nachdem wir die Rechnung beglichen haben, offenbaren wir uns und vereinbaren einen Fototermin für die Gaststätten-Aufnahmen.
Berichtet aus Lünen über Lünen für Lünen. Jahrgang 1958, Urgestein bei Lensing Media, seit über 40 Jahren im Geschäft. Vieles hat sich in dieser Zeit verändert, eines nie: Die Leidenschaft für Lokaljournalismus.