Besondere Ehrung für Knut Thamm-Bürger (82) Lehrer, Kino-Enthusiast und Film-Gedächtnis Lünens

Heinrich-Bußmann-Preis für Dokumentarfilmer Knut Thamm-Bürger
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Das war eine Überraschung, mit der Knut Thamm-Bürger nicht gerechnet hat. Als der 82-Jährige mit seinem Rad auf der Marktstraße unterwegs war, traf er Dr. Dieter Wiefelspütz. Der Vorsitzende der Jury des Heinrich-Bußmann-Preises schüttelte Thamm-Bürger die Hand und verkündete ihm, dass er der neue Preisträger ist. „Ich konnte das kaum glauben, aber dann haben wir noch mal telefoniert. Und wenn ich sehe, wer diesen Preis schon bekommen hat, dann ist das für mich eine große Ehre“, so der Wahl-Lüner, der seit mehr als einem halben Jahrhundert in der Lippestadt lebt.

Ende Januar 2024 wird er den Preis bekommen. Dann ist Thamm-Bürger der 16. Preisträger. Unter anderem der Arbeitskreis Stolpersteine, der Verein DoDogs, Dr. Samir Kazkaz und der Verein „Dach über dem Kopf“ haben bereits den Preis der Lüner SPD erhalten, der nach dem Lüner Widerstandskämpfer gegen die Nazis, dem Lokalpolitiker Heinrich Bußmann, benannt ist.

Thamm-Bürger erhält den Preis für seine besondere kulturelle Leistung. Jahrzehntelang hat er besondere Ereignisse in Lünen mit der Kamera dokumentiert. Ihm war es wichtig, die Entwicklung des Mittelzentrums Lünen, „das sehr vielfältig und doch überschaubar ist und in dem ich mich sehr wohl fühle“ zu begleiten.

Knut Thamm-Bürger im eigenen Arbeitszimmer an der „Schnittstelle" seiner Filme.
Knut Thamm-Bürger im eigenen Arbeitszimmer an der „Schnittstelle" seiner Filme. © Foto Textoris

Von seinem Geburtsort Berlin zog er ins Ruhrgebiet, zunächst nach Mülheim an der Ruhr. Vor mehr als 50 Jahren wurde er dann Lehrer in Lünen. Viele Jahre unterrichtete er an der Hauptschule, die auch den Namen Heinrich Bußmanns trägt. „Mein erster Gedanke, als ich von dem Preis erfuhr, war, das sieht jetzt so aus, als ob ich ein guter Lehrer war.“

Das kann so falsch nicht sein, immerhin freuen sich viele ehemalige Schülerinnen und Schüler, wenn sie ihm in Lünen begegnen. Das war beim einstigen Schüler Thamm-Bürger ganz anders: „Ich habe damals die Straßenseite gewechselt, wenn ich meine früheren Lehrer getroffen habe.“ 39 Jahre lang war Thamm-Bürger im Schuldienst, besonders gern erinnert er sich an die Jahre an der Bußmann-Schule mit dem damaligen Leiter Jürgen Ortlepp, übrigens auch ein Heinrich-Bußmann-Preisträger: „Das war eine tolle, kreative Zeit. Auch wenn in meiner ersten Klasse 46 Schüler saßen. Das wäre heute unvorstellbar.“

Es gibt in Lünen „kaum einen großen Raum, in dem ich noch nicht Kino gemacht habe“, sagt Thamm-Bürger. Vor allem in der kinolosen Zeit, die es auch ein paar Jahre in der Lippestadt gab. „Da bin ich losgesaust, mit einem Projektor und habe Filme gezeigt.“ Thamm-Bürger war im ersten Filmclub, den er später auch leitete, ebenso engagiert wie in dem neuen, der vor einigen Jahren gegründet wurde. „Ich gehe nach wie vor gerne ins Kino, vor allem in die Filmclub-Veranstaltungen und natürlich zum Kinofest.“ Auch das Festival hat er viele Jahre begleitet: „Immer ohne Auftrag, aber mit Erlaubnis.“

Lockere Freunde und Gesinnungsgenossen: Knut Thamm und der Enthüllungs-Journalist Günter Wallraff.
Lockere Freunde und Gesinnungsgenossen: Knut Thamm und der Enthüllungs-Journalist Günter Wallraff. © Foto Diethelm Textoris

Thamm-Bürger war „der Erste, der Kino im Heinz-Hilpert-Theater gezeigt hat.“ Vom Kulturbüro holte er sich die Erlaubnis, den legendären Stummfilm „Nosferatu - Sinfonie des Grauens“ im Theater zu präsentieren. Mit drei Jazzmusikern auf der Bühne. Jazz fasziniert ihn ebenso, deshalb engagierte er sich auch im Lüner Jazz-Club, war mit dem Jazz-Papst Günter Boas befreundet. Für das Kinofest organisierte er zwei Rahmen-Veranstaltungen speziell für Senioren. In der Residenz Osterfeld und im Bürgerhaus Brambauer präsentierte er vor und nach dem Kinofest Film-Vorführungen.

Seine Begeisterung für das Medium Film begann schon in der Kindheit in Berlin. Er bekam von seiner Mutter eine Laterna Magica geschenkt, mit der er Bilder auf weiße Laken projizierte. Eine Nachbildung dieses Geräts besitzt er noch. „Ich bin nun mal aus dem analogen Zeitalter. Da die Filme in Echtzeit digitalisiert werden, schaffe ich es nicht mehr, alles Filmmaterial aus den vergangenen 50 Jahren zu sichten. Aber einen Teil werde ich auf jeden Fall dem Lüner Stadtarchiv zur Verfügung stellen.“

Apropos Stadtarchiv - Thamm-Bürger findet es richtig gut, dass nun gleich drei kulturelle Institutionen in Lünen von Frauen geleitet werden. Neben dem Stadtarchiv auch das Kulturbüro und das Museum: „Es entwickelt sich viel Neues, da passiert was“, sagt er. Als sachkundiger Bürger im Kulturausschuss mischt Thamm-Bürger auch politisch weiter mit.

Filmemacher Knut Thamm mit Erinnerungsstücken an das analoge Zeitalter des Films.
Filmemacher Knut Thamm mit Erinnerungsstücken an das analoge Zeitalter des Films. © Foto Textoris

Und er ist dankbar für „meinen tollen Freundes- und Bekanntenkreis, denn Kontakte sind wichtig und wertvoll.“ Beim Filmen hält er sich jetzt mehr zurück, dokumentiert aber noch für die Arbeiterwohlfahrt Aktivitäten in der Begegnungsstätte „Zur gemütlichen Schranke“. Dass er weiter Erfolg mit seinen Filmdokumenten hat, zeigt seine Teilnahme am Wettbewerb um den Generationen-Filmpreis in Augsburg. 2022 gewann er für seinen Beitrag „Die Kamera war nicht dabei“ den zweiten Preis - bei über 500 Einsendungen.

In diesem Jahr reichte er einen Film ein, der mit dem früheren Lüner Bürgermeister Hans-Werner Harzer und dessen politischer Einstellung beginnt und mit der Begegnung mit dem Schauspieler Mario Adorf beim Kinofest 2022 endet. Wenn Thamm-Bürger seine Schwerpunkte beim Filmen aufzählt, wird die ganze Bandbreite seiner Interessen deutlich - Arbeitswelt, Verkehr, Stadtplanung, Kultur.

So dokumentierte er auch die Arbeiten an der Stadtkirche St. Georg im Laufe der Jahre und war in vier der sechs Lüner Partnerstädte zu Gast. Wobei ihm die Begegnung mit den Männern, die im Krieg Feinde waren, dann Freunde wurden und schließlich die Partnerschaft zwischen Lünen und Salford begründeten, in besonderer Erinnerung bleibt.

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