Früher als sonst erreicht eine Grippewelle Nordrhein-Westfalen. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) würden zurzeit besonders viele Influenza-Fälle registriert. Dr. Arne Krüger, Hausarzt und Sprecher der Lüner Ärzte, hat seit etwa vier Wochen reichlich zu tun. Patientinnen und Patienten kommen mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit. Der Mediziner spricht von Infekten der oberen Atemwege.
Echte Grippefälle seien aber eher weniger darunter, das werde aber auch nicht routinemäßig getestet. Allerdings: Die Praxis ist voll, die Erkältungswelle ziehe sich durch alle Altersgruppen. Hinzu komme Corona mit ähnlichen Symptomen.
Diese Situation erlebt auch Hausarzt Dr. Ulrich Hüning. Die Schwierigkeit sei, Corona von einer Erkältung zu unterscheiden. Für entsprechende Tests verweist er an die Teststelle vor seiner Praxis am Facharztzentrum. Wie viele Grippefälle unter den Infekten seien, könne er seriös nicht unterscheiden. Dass Influenza aber eine Rolle spiele, glaubt Ulrich Hüning schon, denn viele Patientinnen und Patienten seien stärker und länger erkrankt. Seit der Covid-Welle können sich Betroffene auch ins Bett legen und per Telefon krankschreiben lassen.
Dem Kreis-Gesundheitsamt sind seit September kreisweit 13 Grippefälle gemeldet worden. Eine Aufschlüsselung, wie viele es in den einzelnen Städten und Gemeinden sind, sei nicht möglich, heißt es aus der Kreis-Pressestelle. Die Einschätzung aus dem Gesundheitsamt deckt sich mit der von Arne Krüger und Ulrich Hüning: Die Dunkelziffer ist hoch, weil nicht bei jeder Erkältung auf Grippe getestet wird.
Krankschreiben per Telefon
In den beiden vergangenen Jahren lagen die Grippe-Zahlen vergleichsweise niedrig. 2021 wurde dem Kreis-Gesundheitsamt ein Fall gemeldet, im Jahr davor waren es 520. Hingegen ging das Jahr 2018 mit 1127 Fällen als außergewöhnlich starkes Jahr in die Statistik ein. 2019 waren es 609.
Die Behandlung der betroffenen Patienten erfolge symptomatisch, berichtet Arne Krüger. Paracetamol, Ibuprofen, etwas gegen Husten und gucken, dass die Nase frei bleibe. Konsequentes Zuhausebleiben und Krankschreiben würde auch von den Arbeitgebern eingefordert, die nicht möchten, dass Mitarbeitende andere infizieren. Während die Infektion sonst fünf bis sieben Tage dauere, sei sie jetzt erst nach sieben bis neun Tagen abgeklungen.

Hohe Nachfrage nach Impfungen
Ob die Krankheitswelle aufgrund fehlender Corona-Schutzmaßnahmen diesmal heftiger ausfalle, weil das Immunsystem verlernt habe, zu reagieren, ist wissenschaftlich nicht belegt. Es deckt sich aber mit der Beobachtung der beiden Ärzte. Seit kaum noch Masken getragen und Abstand gehalten werde, sei „die Übertragungsqualität eine andere“, sagt Hüning.
Beim Blick auf das Grippe-Geschehen hilft ein Blick nach Asien und Australien, wo die Influenza schon früher auftrat. Dort sei die Welle heftiger ausgefallen. „Es scheint vom Ablauf so zu sein, dass sie sich jetzt auch hier aufbaut“, so Krüger.
Allerdings sieht er in seiner Praxis eine hohe Nachfrage nach Grippe-Impfungen. „Das ist ein konsequenter Schutzschirm.“ Auch Hausarzt Ulrich Hüning hat frühzeitig Impfstoff geordert und viele Anfragen dazu. Es könne sein, dass durch die zahlreichen Impfungen die Grippewelle auch wieder zurückgehe, so Krüger.
Laut RKI begann sie früher oft erst im Januar. Aktuell habe es vor allem zwei Bundesländer stark erwischt: Nordrhein-Westfalen und Bayern. In Lünen jedenfalls „habe ich gut zu tun“, sagt Arne Krüger.
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