Wer in Hamburg, dem Saarland, Brandenburg oder Schleswig-Holstein in den vergangenen Wochen in die Apotheke wollte, dem konnte es passieren, dass die Türen geschlossen waren. Denn in diesen Bundesländern wurde gestreikt.
Grund dafür ist ein Gesetz des Bundesgesundheitsministeriums, das Einsparungen bei den Apotheken vorsieht, um die große Finanzlücke bei den gesetzlichen Krankenkassen zu schließen.
Mehr Rabatt für Krankenkassen
„Für uns bedeutet das, dass unsere Vergütungen gekürzt werden und die Krankenkassen einen höheren Rabatt bekommen“, erklärt Volker Brüning, der in Lünen und Selm insgesamt vier Apotheken betreibt. Bisher, so erklärt er im Gespräch mit der Redaktion, bekommen die Apotheken pro verschreibungspflichtigem Medikament ein Honorar von 8,10 Euro. Davon müssen sie den Krankenkassen einen Rabatt in Höhe von 1,75 Euro gewähren, der nun auf 2 Euro steigt. Somit bleiben den Apothekern nur noch 6,10 Euro Umsatz.
„Das Gesetz ist eine Katastrophe. Denn wir können null Kosten weitergeben an unsere Kunden“, sagt Volker Brüning, der auch Sprecher der Apothekerschaft im Nordkreis Unna ist. Er selbst wolle aber nicht in den Streik treten, denn die Kunden könnten nichts für das Gesetz. Von einigen Kollegen in Nordrhein-Westfalen weiß er aber, dass sie ihre Apotheken beispielsweise früher geschlossen haben, um ihren Unmut über das neue Gesetz zum Ausdruck zu bringen. Für diese Kollegen habe er Verständnis.
Sparpläne verschieben Problem
Für die Apotheken bedeutet diese Einsparung große wirtschaftliche Folgen. Denn von den Honoraren werden Mitarbeiter und Kosten für die Filialen gezahlt. Besonders die Energiekosten schlagen dieser Tage deutlich stärker zu Buche. „Alles wird teurer und wir verdienen künftig weiniger. Mich trifft das gleich mehrfach“, so der Apotheker. Denn die Sparpläne lösen seiner Meinung nach nicht das Problem, sondern verschieben es nur zum Nachteil der Apotheker und der Kundschaft.
Volker Brüning ist sich sicher, dass das Gesetz einige Schließungen nach sich ziehen wird. „Gerade für Apotheker, die nur eine Filiale betrieben, ist das hart. Wir konnten in guten Zeiten Rücklagen bilden und die derzeitige Situation aussitzen“, so Brüning.

Versorgungslage wird schlechter
Schon jetzt würden in Deutschland jährlich 300 Apotheken mehr schließen als neueröffnen, erklärt er. Für die Kunden wird das zum Problem. „Wir sind in diesem Jahr das erste Mal unter 19.000 Apotheken in Deutschland“, erklärt Brüning. Gerade in dünn besiedelten Regionen wird das für Kundinnen und Kunden zum echten Problem. Denn vermehrte Schließungen erzeugen irgendwann eine Unterversorgung. In Ballungsgebieten sei die Lage noch verhältnismäßig entspannt. Dort gebe es noch ausreichend Apotheken für die Menschen.
So müsse nach Volker Brüning die Verteilung der Apotheken besser geregelt werden. Denn da auf dem Land viele Ärzte fehlen und Praxen schließen, würden auch Apotheken verschwinden. Dort müsse die Politik nachjustieren.
Zweites Standbein Botenservice
An die schwierigen Zeiten, in denen Apotheken aktuell stecken, hat sich Volker Brüning und sein Team von 55 Mitarbeitenden aber schon angepasst. Neben dem Betrieb von vier Apotheken in Lünen und Selm bietet der Apotheker einen Botenservice an.
„Die Kunden können bei uns bestellen und wir liefern ihnen dann noch am selben Tag die Medikamente nach Hause“, erklärt der Apotheker. Zuletzt hat der Geschäftsmann viel Geld in diesen Service investiert. Denn dafür musste er Autos anschaffen und mehr Personal einstellen. Für die Kunden sei das aber wichtig und gut nachgefragt. Auch mit Blick auf die Konkurrenz der Online-Apotheken sei der Botenservice wichtig.