Eltern in Lünen ärgern sich über Ogata-Abholzeiten
Kritik an Kinderbetreuung
Wie viele andere Eltern in Lünen hat auch Andrea Daringhoff Ende des Jahres einen Brief aus der Offenen Ganztagsschule (Ogata oder OGS) ihrer Tochter erhalten. Darin die Erinnerung an die Regel: Die Kinder dürften nicht vor 15 Uhr abgeholt werden. Ein Umstand, der viele Eltern zunehmend verärgert.

In den Ogatas wird viel Wert auf Gemeinsamkeit gelegt, so auch beim Mittagessen. Bei der Frage, wann die Kinder nachmittags abgeholt werden, gibt es jedoch häufig keinen gemeinsamen Nenner
In besagtem Schreiben erinnerten Schul- und Ogata-Leitung noch einmal an die Vorgaben des Ministeriums, die Kinder jeden Tag bis mindestens 15 Uhr in der Einrichtung zu lassen. Kindergeburtstage, Arzttermine oder Ballettstunden sollen auf den Nachmittag verschoben werden, sonst ist eine schriftliche Sondererlaubnis des Schulleiters nötig.
„Diesen Brief hätte ich am liebsten gar nicht unterschrieben“, erzählt die Lünerin. „Aber ich habe mich so unter Druck gesetzt gefühlt und die Sorge, dass mein Platz weg sein könnte, wenn ich mich daran nicht halte. Auch wenn es nicht direkt gesagt wurde, aber es fühlt sich so an.“
Erlass des Ministeriums sieht diese Regelung vor
Es sei lediglich eine Erinnerung an die ohnehin schon immer geltenden Regeln gewesen, erklärt Roland Ebert, Schulleiter der Matthias-Claudius-Grundschule, auf Anfrage. „So sieht es der Erlass des Ministeriums nun einmal vor. Immer mal wieder erinnern wir die Eltern an die Regeln, damit die Situation nicht eskaliert.“
Mit Eskalation meint Ebert, dass Eltern ihre Kinder aus der Offenen Ganztagsschule häufig zu unterschiedlichen Zeiten abholen oder gar nicht erst in die Einrichtung schicken. Dieser flexible Umgang mit den Betreuungszeiten ist im Runderlass des Schulministeriums nicht vorgesehen: Kinder, die zu Schuljahresbeginn im Offenen Ganztag angemeldet wurden, sollen die OGS in der Regel an fünf Tagen in der Woche bis mindestens 15 Uhr besuchen — über Ausnahmen wird vor Ort entschieden.
Eltern können Kinder nicht zu beliebigen Zeiten abholen
Eine Anwesenheitspflicht, die Andrea Daringhoff wütend macht: „Ich darf meine Tochter nicht sehen, wenn ich Zeit für sie hätte. Das kann doch nicht wahr sein!“ Die Mutter aus Lünen arbeitet als Krankenschwester eine Woche voll – da reicht ihr die Betreuungszeit bis maximal 16 Uhr kaum aus. Die andere Woche ist sie zuhause – darf ihr Kind aber nicht eher aus der Ogata holen, um gemeinsam Zeit zu verbringen.
Auch Tanja Vogel, Mutter dreier Kinder, hat ein Problem mit der fehlenden Flexibilität. Ihre beiden älteren Kinder gehen in die OGS, der jüngste Sohn Jakob in den Kindergarten. Jakob darf sie nur zwischen 13.45 und 14 Uhr abholen, die großen Geschwister aber erst um 15 Uhr. Jeden Tag muss sie also eine Stunde überbrücken. „Mich nervt die Situation einfach, aber für Jakob ist es richtig blöd. Er ist gerade zuhause angekommen und schon muss ich ihn aus dem Spiel reißen oder vom Essen wegholen, um zur OGS zu fahren. Und das jeden Tag.“
Land sieht keinen Bedarf an einer neuen Regelung
Echte Ganztags-Alternativen zum Modell der Ogata gibt es in Lünen, wie in vielen anderen Kommunen, bislang nicht. In Wethmar zum Beispiel können Eltern zwar eine Übermittagsbetreuung wählen, sodass die Kinder verlässlich bis 13.30 Uhr versorgt werden – allerdings ohne Ferienbetreuung und eben nur bis zum Mittag.
Über Alternativen, wie das Modell einer Ganztagsgrundschule, in der auch im Nachmittagsbereich Unterricht stattfindet, sei zwar nachgedacht worden, sagt Sandra Ruiz, OGS-Koordinatorin der Stadt Lünen, aber die Umsetzung sei schwierig. „Es ist kaum möglich, allen gerecht zu werden“, so Ruiz. Zuletzt hatte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann immerhin in Aussicht gestellt, die Regelungen für die Gantagsschulen flexibler zu gestalten - allerdings erst nach der Landtagswahl.
Schulleiter Ebert: "Wir haben bisher immer Lösungen finden können"
Bis die Situation auf Landesebene anders geregelt ist, müssen Schul- und Ogata-Leitungen mit den Eltern gemeinsam Lösungen finden. „Ich kann das Problem der Eltern verstehen. Andererseits muss das Personal auch verlässlich seine pädagogische Arbeit machen können. Das geht nicht, wenn die Kinder willkürlich abgeholt werden“, so der Schulleiter. „Wir haben aber bisher immer Lösungen finden können.“