Robert Goelzner, Sprecher der Stadtschulpflegschaft von Lünen, versteht Eltern, die sich eine Low-Cost-Anlage wünschen, wie sie das Max-Planck-Institut in Mainz entwickelt hat (l.).

Robert Goelzner, Sprecher der Stadtschulpflegschaft von Lünen, versteht Eltern, die sich eine Low-Cost-Anlage wünschen, wie sie das Max-Planck-Institut in Mainz entwickelt hat (l.). © Max-Planck-Institut/ Varga

Eltern aus Lünen fordern preiswerte Frischluftanlagen für Schulen

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Warum dürfen Fördervereine Schulen keine Lüftungsanlagen spendieren? Dass es allen Kindern im dritten Corona-Winter gleich schlecht gehen soll, wollen einige Lüner Eltern nicht akzeptieren.

Lünen

, 22.09.2022, 10:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Mobile Lüftungsanlagen gibt es nicht an Lüner Schulen. Weil sie zu teuer sind. Rund 3,5 Millionen Euro wären fällig, wenn alle Klassenräume der 88.000-Einwohner-Stadt damit ausgestattet werden sollten. „Das ist einfach nicht darstellbar“, sagt Jürgen Grundmann vom Fachbereich Bildung und Sport der Stadt Lünen mit Blick auf die angespannte Haushaltssituation. Mit Fördermittel des Landes kann die Stadt indes nicht rechnen. Voraussetzung für eine Finanzspritze aus Düsseldorf war, dass sich Fenster in Klassenräumen nicht weit öffnen lassen - anders als in Lünen. Nichtstun sei dennoch keine Alternative, meinen Eltern aus Lünen. Sie haben einen ganz praktischen Vorschlag, der bei Grundmann allerdings nicht gut ankommt - aus mehreren Gründen.

Low-Cost-Anlagen kosten 300 bis 500 Euro

Warum keine Low-Cost-Anlagen einbauen, wie sie das Max-Planck-Institut in Mainz entwickelt hat, fragt ein Vater in einem Brief an die Redaktion. Der Stadt liege seit einem Jahr der Hinweis auf das System aus Rheinland-Pfalz vor, das mit rund 300 bis 500 Euro Materialpreis weniger als ein Zehntel anderer Anlagen kostet. Dieses Geld bräuchte nicht einmal die öffentliche Hand zur Verfügung stellen, dazu wären durchaus einzelne Schul-Fördervereine bereit. Ein solches Angebot zu ignorieren, findet der Vater fahrlässig und appelliert an Politik und Verwaltung, sich des Themas noch einmal anzunehmen. Die nächste Gelegenheit dazu besteht am Donnerstag (22. 9., 17 Uhr) während der Sitzung des Ausschusses für Bildung und Sport. Unterstützung erhält der Briefschreiber von den beiden Sprechern der Lüner Stadtschulpflegschaft (SSPL).

Für ihn selbst sei das ein Entscheidungsprozess gewesen, sagt Robert Goelzner von der SSPL. Anfangs habe er auch Sorge gehabt, ob es richtig sei, Schulen mit starken Fördervereinen die Möglichkeit geben, Lüftungsanlagen zu kaufen, während andere Schulen in die Röhre schauten.

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Inzwischen findet er, dass es eine Ungerechtigkeit wäre, wenn sich alle an dem gleichen schlechten Niveau orientieren müssten. Er ist inzwischen für die Anschaffung der Anlagen - mit zwei Bedingungen: „Erstens: Die Anlage wird jeweils zu 100 Prozent finanziert. Zweitens: Der jeweilige Förderverein muss sich zusammen mit der ZGL an einen Tisch setzen und die näheren Modalitäten besprechen“ - etwa Einbau und Wartung. Goelzners SSPL-Kollegin Nicole Kleine hält dieses Angebot ebenfalls besser als gar nichts zu machen.

ZGL und TÜV haben Bedenken

Jürgen Grundmann von der Stadt Lünen kennt die Low-Budget-Anlagen aus Mainz. Dort haben sie teilweise Eltern mit ihren Kindern in Projektarbeit selbst zusammengebaut und installiert: etwas, das in Lünen nicht denkbar wäre. Das habe eine Prüfung des Teams der ZGL (Zentralen Gebäudewirtschaft Lünen) ergeben. „Wir haben uns außerdem auch den TÜV ins Haus geholt“, sagt Grundmann. Die unabhängigen Prüfer hätten die Vorbehalte des Stadtbetriebs bestätigt. Um eine Anlage nach Mainzer Modell zu bauen, müssen Abluftrohre unter der Decke angebracht werden. In den Klassen seien die Decken abgehängt, so Grundmann. Daher stelle sich die Frage, was passieren, wenn sich Halterungen lösten und die Rohre hinunter fielen. Darauf gebe es keine Antwort, sagt Grundmann. Er selbst sieht die Anlage aus einem anderen Grund kritisch.

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„Es muss ja ein Fenster permanent geöffnet sein, damit nicht nur verbrauchte Luft abgeführt, sondern auch frische Luft zugeführt werden kann“, sagt er. Mit anderen Worten: Der erhoffte Effekt, dass den Kindern das 20-minütige Stoßlüften bei Minustemperaturen erspart wird, verpuffe. Etwas, dem der Erfinder der Low-Cost-Anlage, der Physiker Frank Helleis aus Mainz, widerspricht. Ein ein spaltbreit geöffnetes Fenster sei lediglich nötig, damit frische Luft in den Raum gelange. Sie sinke, weil sie kalt sei, direkt zum Boden und breite sich dort aus. Helleis spricht von einem „Frischluftsee“.

CDU hat Diskussion um Verbesserung angestoßen

Die GFL hatte vor einem Jahr erstmals Low-Cost-Anlagen für Lüner Schulen ins Gespräch gebracht - und war gescheitert. Sie seien nicht genehmigungsfähig, hieß es damals. Dass sich die Politik seitdem untätig erweisen hätte, wie es der Vater vermutet, der sich an die Redaktion gewandt hat, stimmt aber nicht. Die CDU hatte im Sommer 2022 einen Antrag gestellt, interfraktionell zu prüfen, wie Schülerinnen und Schüler zu unterstützen seien im dritten Corona-Winter.

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„Wir haben daraufhin einen Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen angestoßen“, sagt Grundmann. Außerdem habe sein Team ein möglichst einfachen Erfassungsbogen entwickelt, um nach den Herbstferien Informationen zu sammeln, wann und wie oft die CO2-Ampeln in den Klassen auf Rot springen und das Öffnen der Fenster veranlassen. „Auf der Basis dieser Erkenntnisse werden wir uns noch einmal zusammensetzen und Maßnahmen prüfen“, sagt Grundmann. Dazu gehöre etwa ein Kalibrieren der CO2-Ampeln.

Unabhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie steht fest: Überall da, wo die Stadt Lünen Schulen neu bauen oder anbauen lässt - etwa Osterfeldschule oder Realschule Altlünen - kommen fest verbaute raumlufttechnische Anlagen zum Einsatz.

Ob das den Eltern in diesem Winter reicht? Sie wollen am Donnerstag das Thema im Ausschuss diskutieren.

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