
Decken allein reichen nicht: Reiner Hohl, Leiter des Gymnasiums Altlünen, will eine Kältefrei-Anfrage stellen bei der Bezirksregierung, wenn es empfindlich kalt werden wird. © dpa/Mack
Dritter Corona-Winter in Lünen: Schulleiter rechnet mit „Kältefrei“
Schulen
In Lünens Nachbarstadt Dortmund tobt die Diskussion über die Höchsttemperatur in den Klassenräumen. Lünen dreht nicht so radikal am Thermostat. Empfindlich kalt wird es trotzdem werden.
Maximal 19 Grad: In der Regel gilt inzwischen diese Höchsttemperatur für alle öffentlichen Gebäude im Land. Um Energie zu sparen, hatte das Bundeskabinett in Berlin Ende August eine entsprechende Verordnung beschlossen, die seit September gilt. Eine Ausnahme: die Schulen. Genau die will Dortmund aber mit einbeziehen, um den Gasverbrauch spürbar zu drosseln: ein Modell auch für die Nachbarstadt Lünen?
„Temperatur von 20 Grad vorhalten“
Stadtsprecher Daniel Claeßen widerspricht: „In den Klassenräumen hält sich die Stadt Lünen an die Vorgaben beziehungsweise Empfehlungen des Deutschen Städtetages, wonach während der Unterrichtszeit eine Temperatur von 20 Grad Celsius vorgehalten wird.“
Das lässt die Schulgemeinden jetzt aufatmen, obwohl es im Vorfeld offenbar Missverständnisse gab. Erst habe es geheißen, dass die Raumtemperatur runtergesetzt werde, sagt Reinhold Bauhus, Leiter der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule. „Uns hatte die Stadt jetzt mitgeteilt, dass die Heizung gar nicht niedriger gestellt wird“, ergänzt Reiner Hohl, Leiter des Gymnasiums Altlünen. „Gar nicht“: Das würde allerdings bedeuten, dass die zentral gesteuerten Heizungen weiter eine Soll-Temperatur von 21 Grad hätten. Hohl sieht es großzügig: Hauptsache, wir bleiben in diesem Bereich. Dass sei aber eher unwahrscheinlich, wenn der Winter streng wird.
Im Altlüner Gymnasium gibt es keine einzige Lüftungsanlage. Hohl und seine Kolleginnen und Kollegen müssen entsprechend viel lüften. Wann genau, zeigen ihnen die von der Stadt angeschafften CO2-Ampeln - meistens zumindest. „Es gibt einzelne Räume, da springen die CO2-Ampeln ganz schnell auf rot“, sagt er. In der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule sind es sogar eine ganze Reihe von Räumen. Schulleiter Bauhus ist deshalb schlecht zu sprechen auf die Hilfsmittel beim Lüften. Ein Trost: Inzwischen verfügen alle Räume in der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule über fest verbaute Belüftungsanlagen. „Aber Lüften müssen wir auch trotzdem.“
Hitzefrei öfter als in den Vorjahren
Für Bauhus, der auch Sprecher der weiterführenden Schulen ist, und für Hohl ist klar: In diesem Winter wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich die Menschen auch in Lünen an ein neues Wort gewöhnen müssen: Kältefrei.

Nicole Kleine von der Stadtschulpflegschaft in Lünen hält Hybridunterricht auf freiwilliger Basis in Zeiten von Corona und kalten Klassenräumen für ein gutes Angebot. Es gibt Widerspruch. © Nicole Kleine
Für Hitzefrei gibt es klare Regeln in NRW. Schulleiter oder Schulleiterin entscheiden bei hohen Temperaturen - das Ministerium spricht von 27 Grad und mehr - dass der Unterricht für die Primarstufe und die Sekundarstufe I beendet wird. Sieben- bis achtmal sei das in diesem Sommer vorgekommen, sagt Hohl: doppelt so oft wie in den Vorjahren. Was zu tun ist, wenn zu niedrige Temperaturen den Unterricht beeinträchtigen, ist beim Schulministerium nicht geregelt.
Reiner Hohl will es darauf ankommen lassen: „Sinkt bei uns die Temperatur unter 18 Grad, werde ich eine Anfrage an die Bezirksregierung stellen“ -aus Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz für Kollegium und Schülerschaft. Dass unter solchen Umständen ein vernünftiger Unterricht nicht mehr möglich ist, steht für ihn außer Frage.
Hybridunterricht als Lösung?
Ist Hybridunterricht die Lösung? Nicole Kleine von der Stadtschulpflegschaft sieht darin zwar kein Allheilmittel, aber eine gute Option auf freiwilliger Basis - zumindest für die Familien, für die das möglich ist, weil Eltern etwa selbst im Homeoffice seien. So ließe sich in diesem dritten Corona-Winter die Klassen-Dichte entzerren, die Ansteckungsgefahr reduzieren und auch die Lüftungsfrequenz senken, weil weniger Schülerinnen und Schüler gleichzeitig in einem Klassenraum sind. „Wir hatten damit bereits gute Erfahrungen gemacht und sollten daran anknüpfen.“
Reiner Hohl sieht das anders. „Richtig verstandener Hybrid-Unterricht bedeutet Verdoppelung der Arbeit.“ Dabei gebe es schon mit Blick auf die Personalsituation in den Schulen keine Spielräume mehr für Zusatzaufgaben.“
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.
