Ein Jahr Krieg in der Ukraine Lünerin: Bin sehr traurig für mein Volk und mein Land

Ein Jahr Krieg: Lünerin - Bin sehr traurig für mein Volk und mein Land
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Als Oksana Vogel vor einem Jahr erfuhr, dass Russland ihre Heimat Ukraine überfallen hat, war sie schockiert. Wie viele andere Menschen in der ganzen Welt konnte die Wahl-Lünerin nicht glauben, dass es tatsächlich einen Krieg geben würde. Ein Jahr ist mittlerweile vergangen, viele Menschen haben ihr Leben verloren, viele sind geflüchtet. Oksana Vogel hat von Anfang an geholfen - ihrer Familie, Bekannten und auch ganz fremden Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Die Situation und die Informationen aus ihrer Heimat haben sie belastet und belasten sie noch heute. „Ich brauche viel Kraft, um zur Ruhe zu kommen, muss aber funktionieren für die Menschen, die meine Hilfe brauchen.“

Ähnlich geht es wohl vielen Ehrenamtlichen, die seit einem Jahr in unterschiedlichen Rollen helfen. Derzeit sind 1028 schutzsuchende Menschen aus der Ukraine in Lünen. „Die Zu- und Wegzüge werden monatlich ausgewertet. Im Januar waren es 45 Zuzüge, 9 Geflüchtete aus der Ukraine sind verzogen bzw. in ihre Heimat zurückgekehrt“, so Stadt-Pressesprecher Daniel Claeßen auf Anfrage.

Einen Monat nach Kriegsbeginn fand eine Friedensdemo für die Ukraine auf dem Marktplatz in Lünen statt.
Einen Monat nach Kriegsbeginn fand eine Friedensdemo für die Ukraine auf dem Marktplatz in Lünen statt. © Daniel Magalski

Überwiegend sind die Geflüchteten in den städtischen Unterkünften und in von der Stadt angemieteten Wohnungen untergebracht. Derzeit sind es 1191 Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern. 260 Personen, darunter auch die Schutzsuchenden aus der Ukraine, haben selbst eine Wohnung angemietet, werden aber sozial betreut, so Claeßen. Die Stadt stellt die soziale Betreuung und die Unterbringung sicher und arbeitet eng mit den Wohlfahrtsverbänden, dem DRK, dem Caritasverband, der AWO, den Johannitern sowie dem Treffpunkt Neuland e.V. und dem Arbeitskreis Flüchtlinge e.V. zusammen. Es gebe eine Vielzahl von Angeboten, die auch gerne angenommen werden.

Anfang Februar wurden zwei Sprachkurse mit je 300 Unterrichtsstunden zur Erstorientierung beendet. Gefördert wurden die Kurse mit Mitteln der Stadtverwaltung. Den Teilnehmenden entstanden keine Kosten. Die Kurse fanden in den Räumlichkeiten des Gymnasiums Altlünen und in der Volkshochschule (VHS) Lünen statt. An beiden Kursen nahmen insgesamt 40 Geflüchtete aus der Ukraine teil. Claeßen: „Das Angebot mündete anschließend in die Integrationskurse, die aktuell stattfinden.“

Seelische Belastung

Niemand weiß, wie lange dieser Krieg noch dauern wird, wie viele Opfer noch zu beklagen sein werden. Oksana Vogel sagt: „Ich bin sehr traurig für mein Volk und mein Land, besonders für die Kinder.“ Die seelische Belastung durch die Situation in ihrer Heimat ist groß. „Ich muss stark bleiben für meine Tochter und meine Arbeit, aber auch für meinen Unterricht für ukrainische Kinder am Gymnasium Altlünen.“ So unterstützt sie gerade diese 30 Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die vor dem Krieg nach Lünen geflüchtet sind.

„Wenn ich in ihre Augen sehe, dann weiß ich, dass sie sich freuen, jemanden zu treffen, der nicht nur Ukrainisch oder Russisch, sondern auch Deutsch spricht. Es tut meiner Seele gut, wenn ich zur Schule fahre und mit den Kindern rede. Dann sage ich mir, du machst es richtig.“ Jedes der Kinder und Jugendlichen habe eine eigene Geschichte. Dass die Väter im Krieg für die Freiheit ihres Landes kämpfen, belastet die Kinder und auch deren Mütter.

Frieden in der Ukraine wünschen sich die Teilnehmer der Demo auf dem Markt vor dem Rathaus in Lünen. 150 Teilnehmer - so die offizielle Zahl der Polizei - kamen dafür Anfang April 2022 in die Innenstadt.
Frieden in der Ukraine wünschen sich die Teilnehmer der Demo auf dem Markt vor dem Rathaus in Lünen. 150 Teilnehmer - so die offizielle Zahl der Polizei - kamen dafür Anfang April 2022 in die Innenstadt. © Daniel Magalski

Bei ihren Terminen im Gymnasium Altlünen ist sie nicht nur als Lehrerin gefragt, damit die Schülerinnen und Schüler besser Deutsch lernen: „Wir bekommen auch Einblicke in das Leben der Kinder und müssen vorsichtig sein, weil wir ja erst gar nicht wissen, was sie alles erlebt haben.“

Wenn irgendwann kein Krieg mehr ist, wünscht sich Oksana Vogel, dass die Menschen, die in den vielen Ländern der Welt die Menschen in ihrer Heimat unterstützt haben und unterstützen, die Ukraine besuchen und die Schönheit des Landes sehen: „Das Schwarze Meer, die Karpaten, die vielen Seen.“

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