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Ehemaliges Steag-Kraftwerk in Lünen: Der Fortschritt lässt sich sehen
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Nach dem Knall ist vor dem Knall: Der Rückbau des ehemaligen Steag-Kraftwerks schreitet trotz Corona planmäßig voran. Dabei ist alles auf das nächste Etappenziel im Frühjahr 2021 ausgerichtet.
Bereits Anfang Oktober hatte ein lauter Knall Lippholthausen und angrenzende Stadtteile aufgeschreckt: Die Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) am ehemaligen Steag-Kraftwerk an der Moltkestraße wurde mit Hilfe einer Sprengung zu Fall gebracht. Angekündigt wurde die Aktion nicht: „Gerade in Corona-Zeiten wäre der damit verbundene Menschenauflauf problematisch gewesen“, erläuterte Ingo Schäfer, Projektleiter für die Hagedorn-Gruppe aus Gütersloh, knapp einen Monat später noch einmal das Prozedere.
Mittlerweile sind von der REA nur noch vereinzelte Trümmer zu sehen - die allerdings veranschaulichen, mit welcher Präzision die Sprengmeister vorgehen müssen. Denn im Gegensatz zur Sprengung von Beton, wo die Ladungen per Bohrung in das Material eingelassen werden, musste bei der REA dicker Stahl regelrecht durchschnitten werden. „Dazu werden mehrere Sprengladungen auf den Stahl aufgesetzt und innerhalb weniger Millisekunden gezündet“, so Ingo Schäfer. Dabei müssten die Sprengmeister auch darauf achten, dass nicht eine Ladung die andere wegsprengt, bevor diese gezündet wird.
Bei der ersten REA klappte das - im Idealfall soll dieser Erfolg bei der zweiten Anlage auf dem Gelände wiederholt werden. Wann das sein wird, verrät Ingo Schäfer nicht - aus den bekannten Gründen. Es sei aber „sehr wahrscheinlich“, dass es noch in diesem Jahr einen weiteren Knall geben wird.
Zweimal sechs 40-Tonner - pro Tag
Ziel der Hagedorn-Gruppe, die das Kraftwerk im Dezember 2019 der Steag abgekauft hatte, ist ein möglichst schnelles „Freischaufeln“ der großen Gebäude, darunter das Kesselhaus und der Schornstein. Diese Teile werden zusammen mit dem Kühlturm auf der Nordfläche voraussichtlich im Frühjahr 2021 gesprengt - dann mit Ankündigung und entsprechender großflächiger Absperrung des Geländes. Hagedorn erarbeitet dazu mit den zuständigen Behörden ein Sicherheitskonzept.
Bis es so weit ist, haben die aktuell 12 Bagger auf dem Gelände noch viel zu tun: Stück für Stück reißen sie derzeit die Maschinenhalle ab. Zweimal am Tag fahren jeweils sechs Lkw den anfallenden Schrott ab. „Leer wiegen die 23, 24 Tonnen“, sagt Polier Antonio Lanzar-Tore. „Jeder fährt dann 25, 26 Tonnen Schrott ab.“ Bauschutt verbleibt hingegen auf dem Gelände und wird für die künftige Einebnung der Fläche, die dann als Gewerbe- und Industriegebiet dienen soll und von der Düsseldorfer Firma DFI Partners AG vermarktet wird, benötigt.
Um die Staubentwicklung beim Abriss so gering wie möglich zu halten, sind auch im Herbst hohe Wasserfontänen entlang der Moltkestraße zu sehen. Laut Ingo Schäfer sind für den gesamten Rückbau Wasserkosten von rund 200.000 Euro einkalkuliert - doppelt so viel wie für den Baustrom.
Journalist, Vater, Ehemann. Möglicherweise sogar in dieser Reihenfolge. Eigentlich Chefreporter für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen. Trotzdem behält er auch gerne das Geschehen hinter den jeweiligen Ortsausgangsschildern im Blick - falls der Wahnsinn doch mal um sich greifen sollte.
