Der 9. Mai 2019 kann zum Schicksalstag für das Lüner Trianel-Kraftwerk werden. Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Es hat drei Optionen. Nur eine wäre wirklich gut für Trianel.

Lünen

, 09.05.2019, 04:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der seit zehn Jahren währende Rechtsstreit um das Trianel-Kraftwerk könnte an diesem Donnerstag (9. Mai) vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig sein Ende finden - oder in eine weitere Runde gehen. Die höchste Instanz, konkret der 7. Senat, überprüft im Revisionsverfahren das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster. Es hatte 2016 die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) abgewiesen und die Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg für das Kraftwerk für rechtens erklärt.

Pressestelle erklärt die juristischen Feinheiten

Aber welche Entscheidungsoptionen hat das Bundesverwaltungsgericht? Das haben wir die Pressestelle in Leipzig gefragt. Hier die Antwort der Pressestelle im Wortlaut:

Option 1: „Hält der Senat die Revision für unbegründet, so weist er die Revision zurück. Es bleibt dann bei dem Urteil des OVG.“

Option 2: „Hält der Senat die Revision hingegen für begründet, so hängt der weitere Verlauf des Verfahrens davon ab, ob die Sache spruchreif ist. Ist die Sache spruchreif, d.h. besteht aus Sicht des Senats kein weiterer Aufklärungsbedarf mehr, kann der Senat selbst in der Sache entscheiden, indem er das Urteil des OVG entsprechend seiner Rechtsauffassung ändert und z. B. den angefochtenen Bescheid aufhebt.“

Option 3: „Ist die Sache hingegen noch nicht spruchreif, weil etwa noch weitere Tatsachen aufgeklärt werden müssen (was dem BVerwG als Revisionsgericht verwehrt ist), so hebt der Senat das Urteil des OVG auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OVG zurück.“

Die Pressestelle erläutert weiter: „In den beiden ersten Fällen (Optionen 1 und 2) ist der Verwaltungsrechtsweg abgeschlossen, das Urteil wird rechtskräftig“. Ggf. könnte ein unterlegener Bürger noch Verfassungsbeschwerde erheben, wenn er sich in seinen Grundrechten verletzt sieht.“

Klage richtete sich gegen den Vorbescheid

Für Trianel wäre nur Option 1 ein juristischer Durchbruch in Richtung einer endgültigen Rechtssicherheit für das Kraftwerk.

Über die beiden anderen Optionen dürften sich die Kraftwerksgegner freuen. Sollten die Bundesrichter das Urteil des OVG von 2016 ändern und den angefochtenen Bescheid aufheben (Option 2), dürfte damit die Rechtsgrundlage für den Kraftwerksbetrieb entfallen sein.

Im September 2009 fand der erste Spatenstich für das Trianel-Kraftwerk statt. Bau und Betrieb werden seither von einem Rechtsstreit begleitet.

Im September 2009 fand der erste Spatenstich für das Trianel-Kraftwerk statt. Bau und Betrieb werden seither von einem Rechtsstreit begleitet. © Günther Goldstein

Mit „Bescheid“ ist der sogenannte Vorbescheid der Bezirksregierung Arnsberg gemeint. Er stellte die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit fest. Auf ihm beruhten weitere Teilgenehmigungen der Behörde zum Bau und Betrieb des Steinkohlekraftwerks, die im Planungsverfahren erteilt wurden. Genau diesen Vorbescheid hatte der Bund beklagt. Seit 2009 war das OVG Münster damit befasst.

Das Trianel-Kraftwerk im Stummhafen ist seit Ende 2013 am Netz und erzeugt Strom aus Steinkohle.

Das Trianel-Kraftwerk im Stummhafen ist seit Ende 2013 am Netz und erzeugt Strom aus Steinkohle. © Peter Fiedler

Dass die Aufhebung des Vorbescheids durch die Bundesrichter die Stilllegung des 1,4 Milliarden Euro teuren Kraftwerks zur Konsequenz hätte, wollte ein Trianel-Sprecher auf Anfrage nicht offiziell bestätigen. Er müsse sich zunächst bei den Juristen des Unternehmens rückversichern, erklärte er. Im Kraftwerk arbeiten 100 Menschen, die Stadtwerke Lünen sind mit 1,58 Prozent an der Kraftwerks-Gesellschaft beteiligt.

Rückverweisung wäre eine Zitterpartie für Trianel

Option 3, die Rückverweisung an das OVG Münster, wäre zwar besser als eine Aufhebung des OVG-Urteils durch die Bundesrichter, aber auch nicht wirklich gut. Denn dann würde das OVG aus Leipzig den Auftrag erhalten, nochmals zu verhandeln und zu entscheiden. Und dabei von den Bundesrichtern aufgeworfene Fragen zu klären. Ob das OVG dann die Klage zum zweiten Mal abweisen würde, ist ungewiss. Eine Zitterpartie also für Trianel und die Milliarden-Investition im Lüner Stummhafen.

Weitere Klage ist in Gelsenkirchen anhängig

Selbst für den Fall, dass die Bundesrichter die Revision für unbegründet halten, wäre Trianel noch immer nicht am Ziel der endgültigen Rechtssicherheit. Denn während es vor dem OVG Münster und in Leipzig um die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ging und geht, ist am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen noch ein Klage des BUND gegen die wasserrechtliche Genehmigung anhängig.

Gerichtssprecher Wolfgang Thewes erklärte auf Anfrage, das Gericht habe sich mit den Prozessbeteiligten darauf verständigt, zunächst die Entscheidung aus Leipzig abzuwarten. Hintergrund: Sollte das Bundesverwaltungsgericht die Genehmigung kassieren, hätte sich das Verfahren in Gelsenkirchen wohl erledigt.