Die Cineworld-Geschäftsführer Lutz Nennmann (v.l.) und Meinolf Thies - hier beim Abschluss des 31. Kinofestes - sind froh, dass die Kinofans der Cineworld weiter die Treue halten.

Die Cineworld-Geschäftsführer Lutz Nennmann (v.l.) und Meinolf Thies - hier beim Abschluss des 31. Kinofestes - sind froh, dass die Kinofans der Cineworld weiter die Treue halten. © Günter Blaszczyk

Cineworld Lünen: Leute waren zum Glück ausgehungert nach Kino

rnNeue Studie über Lage der Kinos

Seit einem Jahr laufen wieder Filme in den deutschen Kinos, auch in der Cineworld. Doch die Folgen der Corona-Zwangspause sind weitreichend. Die Lüner Kino-Betreiber sind vorsichtig optimistisch.

Lünen

, 20.07.2022, 07:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nach zwei Corona-Jahren mit Lockdown-Zwangspausen starten die deutschen Kinos wieder durch. Ob sich die Lage langsam vom Horrorfilm wieder in Richtung Happy-End wandelt, verrät eine neue Studie. „Quo vadis Kino“ - der Titel ist angelehnt an einen erfolgreichen Hollywood-Film aus dem Jahr 1951. In Auftrag gegeben vom Branchenverband HDF Kino, der AG Kino-Gilde und dem Bundesverband Kommunale Filmarbeit mit Unterstützung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Jetzt wurden die Ergebnisse der Studie veröffentlicht. Wie die beiden Lüner Kino-Betreiber Lutz Nennmann und Meinolf Thies die Situation der Lüner Cineworld sehen, verraten Sie im Interview.

Corona hat den Kinobetreibern zwei Jahre lang große Probleme bereitet. Wie sehen die Besucher- und Umsatz-Zahlen bei der Cineworld aus?

Im Vergleich zu den Besucherzahlen vor Corona haben wir jetzt ein Niveau von etwa 70 Prozent erreicht, Tendenz steigend. Im Vergleich zu den beiden letzten Jahren ist alles besser als zwangsgeschlossen zu werden. Das war ein im Branchenvergleich durch die Politik vollkommen unnötig verursachtes Desaster.

Die Cineworld-Geschäftsführer Lutz Nennmann (v.l.) und Meinolf Thies streiten derzeit mit dem Land NRW um Gelder wegen der Corona-Zwangspause.

Die Cineworld-Geschäftsführer Lutz Nennmann (v.l.) und Meinolf Thies streiten derzeit mit dem Land NRW um Gelder wegen der Corona-Zwangspause. © Günter Blaszczyk (A)

Die Bundesregierung hatte den betroffenen Branchen finanzielle Hilfen versprochen. Wie sind die Erfahrungen der Cineworld mit der Beantragung und Bewilligung der Hilfen?

Bürokratie hoch zwei, aber wenn der Staat so viel Geld überweisen soll, muss man zumindest anerkennen, dass er auch viel wissen will. Einige Amtshürden bleiben dennoch unbegreiflich. Das Geld kam (fast zu) spät, aber es kam bis heute ein Teil, der unsere Existenz bewahrte. Um - aus unserer Rechtsauffassung heraus - noch ausstehende Zahlungen kämpfen wir nun vor Gericht gegen das Land NRW.

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56 Prozent der deutschen Kinobetriebe verloren Teile ihres Eigenkapitals, um in Corona über die Runden zu kommen. Wie sieht es bei der Cineworld aus?

Hätten wir 2019 nicht ein Rekord-Jahr in Lünen eingefahren und wären die Konten zum Corona-Start nicht gut gefüllt gewesen, gäbe es uns schon nicht mehr. Dann wurde es finanziell „blutig“ und die laufenden Kosten von täglich rund 5000 Euro (ein Wert, der in 2022 beachtlich in die Höhe schießen wird) haben im Grunde alles an Liquidität aufgezehrt. Mit Wiedereröffnung vor einem Jahr kamen dann viele große Filme und die Menschen waren nach Kino ausgehungert. Umsätze und Besucherzahlen waren auf Anhieb toll, das hat sehr geholfen, wirtschaftlich wieder in stabilere Fahrwasser zu gleiten.

Um die Mitarbeiter halten zu können, setzten viele Betriebe, auch die Cineworld Lünen, auf Kurzarbeit. Wie sind Ihre Erfahrungen mit diesem Instrument?

Ein pragmatisches Instrument in Krisenzeiten, das geholfen hat, keine Frage. Dass studentische Arbeitskräfte durch dieses Netz fallen, weil vom Staat für diese Gruppe keine Unterstützung dieser Art vorgesehen ist, bleibt allerdings unbegreiflich und ist eine riesige Ungerechtigkeit. Wir haben „unsere Studenten“ dann von uns aus weiterbezahlt.

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Mehr als zwei Drittel der deutschen Kinos rechnen mit dauerhaften Besucher-Verlusten. Wie ist es mit der Treue der Besucher zum Lüner Kino bestellt?

Ach, es gibt so viele Leute, die im Januar prognostizieren, wie der kommende Sommer werden wird, dabei stimmt die Wettervorhersage noch nicht mal zwei Wochen im Voraus...
Es gibt derzeit viel zu viele unberechenbare Faktoren. Ein europäischer Krieg mit allen daran hängenden Auswirkungen für uns alle, der Bund und die Landesregierungen, die sich scheinbar nach den zum Frühjahr gesunkenen Inzidenzen in Sachen Corona schlafen gelegt haben - und offensichtlich auf ein Wunder zur nächsten dunklen Jahreszeit hoffen, anstatt den Impfdruck hochzuhalten...
Das macht einen fassungslos! Jenseits der vorgenannten „Weltereignisse“ sehen wir allerdings nicht einen einzigen Grund, woran man festmachen könnte, dass Kino nicht genau wieder auf dem Niveau agieren wird wie vor 2020. Der Pessimismus vieler Kinobetreiber macht sich am Streaming fest. Allerdings: Der in Corona-Zeiten gehypte Streamer Netflix verlor in den vergangenen sechs Monaten mehr als ein Drittel seines Unternehmenswertes von Ende 2021, und die Anbieter in diesem Bereich fangen nun an, sich gegenseitig zu bekämpfen, denn man merkt dort inzwischen: Abo-Zahlen lassen sich nicht beliebig in die Höhe treiben.

Benjamin Bach von Sky und der Lüner Kinobetreiber Lutz Nennmann (v.l.) bei der Branchen-Diskussion über die Streaming-Dienste und die Folgen für die Kinos beim Kinofest.

Benjamin Bach von Sky und der Lüner Kinobetreiber Lutz Nennmann (v.l.) bei der Branchen-Diskussion über die Streaming-Dienste und die Folgen für die Kinos beim Kinofest. © Günter Blaszczyk

Die meisten Kinobetreiber wünschen sich die exklusive Kino-Auswertung von Filmen. Streamen war ja auch ein großes Thema beim 31. Kinofest. Die Cineworld war gegenüber dem Disney-Konzern, der auf Streaming setzte, sehr konsequent. Würden Sie wieder so handeln und was wünschen Sie sich von den Film-Verantwortlichen?

Ja, das würden wir! Wir hatten uns jedoch von Anfang an zu diesem Thema einen Dialog und nach jahrelanger, sehr erfolgreicher Zusammenarbeit einen partnerschaftlicheren Umgang gewünscht statt des „Friss oder stirb“-Diktats. Jedoch waren die meisten anderen Filmverleiher gesprächsbereit und man konnte sich austauschen und Lösungen verhandeln, wenngleich ja auch etliche Studios gar nicht auf den Zug der Verkürzung des exklusiven Kinoverwertungsfensters aufgesprungen sind.
Die, die es dennoch taten, rudern teilweise schon zurück, denn dieses Vorgehen ist mitunter mächtig nach hinten losgegangen, und die erhofften wirtschaftlichen Effekte sind nicht wie prognostiziert eingetreten. Die Studios mussten erkennen, dass sich nichts daran geändert hat, dass sie das Kino als Motor für alle dann folgenden Film-Verwertungsstufen dringend brauchen.