Chefapotheker des Klinikums Lünen-Werne zu Medikamenten-Mangel „Kann so nicht weitergehen“

Klinik-Chefapotheker zu Medikamenten-Mangel: Kann so nicht weitergehen
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Örtliche Apotheken beklagen schon länger Lieferengpässe bei Medikamenten. Dass Arzneimittel knapp sind, spüren auch die Krankenhäuser. Die Apotheke des Klinikums Lünen-Werne versorgt das St. Marien Hospital Lünen und das St. Christophorus-Krankenhaus Werne sowie in Kooperation mit einer Apotheke die Onkologiepraxis von Dr. Bernward Grothaus-Pinke. Auch für das Krankenhaus sind mitunter wichtige Medikamente kaum zu bekommen.

Einen akuten Engpass gebe es zurzeit bei einem Mittel gegen Herzrhythmusstörungen. „Die Tabletten sind nicht das Problem, aber die Ampullen sind immer wieder knapp“, sagt Chefapotheker Bernd Scharfenkamp. Auch ein Medikament zur Behandlung von Schlaganfällen sei nicht ausreichend verfügbar. Die Klinik-Apotheke bekommt nicht das, was sie bestellt, sondern nur so viel, wie die Firma abgibt. Einen Vorrat könne Scharfenkamp davon gar nicht anlegen.

Kollegiale Zusammenarbeit

2000 Arzneimittel habe die Klinik-Apotheke auf Lager. Bei 50 Artikeln seien die Lieferungen begrenzt. „Das macht keinen Spaß“, sagt Scharfenkamp. Bisher habe er es immer noch geschafft, die Patienten mit Medikamenten zu versorgen. Das heiße aber nicht, dass es so weitergehen könne, kritisiert er. Der Aufwand der Beschaffung sei enorm.

Da helfe Zusammenarbeit. Bundesweit gebe es 2000 Klinik-Apotheken. Über kollegiale Hilfe könne man im Notfall alles besorgen. „Da lässt man sich nicht hängen“, sagt Bernd Scharfenkamp. Oder er sucht gemeinsam mit den Ärzten nach Alternativen. Entweder nach Produktgruppen mit gleichem Wirkstoff oder aber mit gleicher Wirkung.

Bei dem Mittel zur Behandlung von Schlaganfällen könne man zwar auch auf ein Notdepot der Firma zurückgreifen. Doch die Lieferzeit dauere, während der Patient schon da liege. Erst jüngst hätten die Kollegen aus Unna ausgeholfen. „Nur deshalb funktioniert es“, sagt Scharfenkamp.

Kürzlich kamen Anrufe aus dem Johannes-Hospital in Dortmund. Sie brauchten das Medikament gegen Herzrhythmusstörungen, das sie nur noch in kleinen Ampullen da hatten. In Lünen gab es Flaschen. Ein Taxi übernahm die Logistik. „Da wird nicht lange gefragt, da wird gemacht“, sagt Scharfenkamp. Man ermögliche alles, was gehe.

Antibiotika auch betroffen

Auch im Katholischen Klinikum Lünen/Werne sind manche Medikamente knapp.
Auch im Katholischen Klinikum Lünen/Werne sind manche Medikamente knapp. © Klinikum Lünen (A)

Antibiotika seien von Engpässen ebenso betroffen wie Mittel für die Chemotherapie. Doch bisher habe noch keine Therapie verschoben werden müssen, es gab höchstens einmal einen Tag Verzug. Bei den Antibiotika würde in solchen Fällen nicht das Standard-Produkt gewählt, sondern geschaut, worauf das Virus empfindlich reagiere. Da könne man wechseln.

Als Bernd Scharfenkamp vor knapp 30 Jahren in der Klinik-Apotheke anfing, hätten die Arzneimittellager der Hersteller Reserven für zwei Monate gehabt. Das sei inzwischen abgebaut. Die Produktion laufe „just in time“.

Bei Medizinprodukten sei es nicht anders. Infusionsbestecke seien teilweise nicht lieferbar. Hier könne man kaum auf eine Alternative ausweichen, weil dann das Personal erst geschult werden müsse.

Umzug: Wasserschaden behoben

Die Klinik-Apotheke ist seit Montag (19.12.) wieder komplett in ihren ursprünglichen Räumen. Am Wochenende fanden die letzten Umzüge statt. Ein Wasserschaden hatte vor über einem Jahr dafür gesorgt, dass Teile ausgelagert werden mussten. Unbemerkt war aus einem defekten Syphon einer Lüftungsanlage Wasser in den Boden gesickert.

Daraufhin musste die Herstellung von Zytostatika für Chemotherapien, für die Reinraumbedingungen nötig sind, in einem anderen Krankenhaus durchgeführt werden. Die Zubereitung steriler Lösungen fand in einem dichten Zelt im Konferenzraum statt. Medikamente wurden übergangsweise im Aktivum gelagert. Daher musste die Notfalldienstpraxis an die Altstadtstraße 24 umziehen.

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