
© Peter Fiedler
Caterpillar-Mitarbeiter nach der Horrornachricht: „Es war wie ein Schlag vor den Kopf“
Ungewissheit für Beschäftigte
Knapp 200 Jahre Werksgeschichte in Wethmar enden bald: Bergbauzulieferer Caterpillar will das Lüner Werk schließen. Eine Nachricht, die vor allem für die rund 500 Mitarbeiter ein Schock war.
Die E-Mail kam eine Stunde vorher: Um 10 Uhr am Donnerstag (5.3.) hatten alle Mitarbeiter am Caterpillar-Standort Lünen die Nachricht in ihrem Postfach, dass in einer Stunde eine Versammlung stattfinden sollte. Dort erfuhren die rund 600 Beschäftigten, dass der US-amerikanische Bergbauzulieferer das Werk auf dem ehemaligen Westfalia-Gelände komplett schließen will.
Damit trat das ein, was einige Mitarbeiter bereits im vergangenen Jahr befürchtet hatten. Entsprechend sei die Reaktion auf die Nachricht ausgefallen: Keine Pfiffe, keine Buhrufe, sondern einfach nur Resignation. „Es war wie ein Schlag vor den Kopf“, schilderten Mitarbeiter die Momente, nachdem die auf Englisch verkündete Nachricht übersetzt worden war.
Viele Angestellte hatten auf Rettung gehofft
Offenbar gab es doch eine Mehrheit an Angestellten, die mit einer Rettung des Standortes gerechnet hatten. „Die ganze Situation war natürlich deprimierend, wir hatten keine Aufträge“, hieß es aus Mitarbeiterkreisen. Vor einem Jahr hatten die Mitarbeiter einer Kürzung der Arbeitszeiten - und damit ihres Gehaltes - zugestimmt. Diese Regelung lief Ende 2019 aus, seitdem habe man auf neue Ankündigungen gewartet. „Wir dachten an weitere Kurzarbeit, oder dass es Kündigungen geben würde. Aber nicht so etwas.“
Wie unsere Redaktion weiter erfuhr, soll die Personalabteilung auch erst am Donnerstagmorgen gegen 8 Uhr über die Schließung informiert worden sein. Die Delegation der Geschäftsführung sei dann nach der „sehr kurzen“ Mitarbeiter-Versammlung durch den Hinterausgang verschwunden - begleitet von Bodyguards.
Unternehmen Caterpillar hält sich bedeckt
Während Gewerkschaft und Betriebsrat unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne ankündigten, über einen Sozialplan zu verhandeln, hielt sich das Unternehmen selbst bedeckt. In seiner offiziellen Mitteilung ging es überhaupt nicht auf die Mitarbeiter und deren Zukunft ein - und auch die Betroffenen selbst wissen nicht, was kommt. Man habe weder etwas von einem Sozialplan gehört, noch ob es Kündigungen geben wird - und ob die entsprechenden Fristen dann eingehalten werden können.
Offiziell heißt es, dass die Angestellten in den kommenden Monaten ganz normal weiterarbeiten sollen. Die Personalabteilung hat den Mitarbeitern nach Informationen unserer Redaktion allerdings freigestellt, ob man zumindest am Tag danach zuhause bleibt und diese Horrornachricht erst einmal sacken lässt.
Ein Unternehmenssprecher sagte auf Anfrage, dass jetzt erst einmal die Verhandlungen mit Betriebsrat und Gewerkschaft starten. Am kommenden Dienstag findet laut IG Metall eine bereits geplante Belegschaftsversammlung statt, in der die Geschäftsleitung den Mitarbeitern Rede und Antwort stehen solle.
Fast 200 Jahre Unternehmensgeschichte stehen damit in Wethmar kurz vor dem Ende. 1826 gründete Caspar Diederich Wehrenbold die Gewerkschaft Eisenhütte Westfalia. 2020 kündigt Caterpillar an, den Standort in Lünen zu schließen.
Noch 2011 waren hier über 1000 Mitarbeiter angestellt. In diesem Jahr übernahm Caterpillar in Wethmar das Ruder. Die Eisenhütte hatte sich zuvor mit anderen Unternehmen zur Deutschen Bergbau Technik (DBT) zusammengeschlossen und war 2007 schließlich vom Unternehmen Bucyrus, wie Caterpillar aus den USA, übernommen worden.
Caterpillar: „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“
Zu der jetzt angekündigten Schließung sagt Caterpillar-Sprecher Erik De Leye, der Bergbau-Riese untersuche „für bestimmte Bergbauprodukte strategische Alternativen zur Senkung der strukturellen Kosten und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“. Neben dem Lüner Standort sollen auch die Werke in Wuppertal und Dortmund dicht machen.
Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns bezeichnete die Ankündigung als eine „sehr bittere Entscheidung“. Die Stadtspitze habe in der Vergangenheit mehrfach Gespräche mit der Geschäftsleitung geführt. Er bedauere sehr, so der Bürgermeister, dass auch diese Gespräche „am Ende offenbar nicht dazu beitragen konnten, den historischen und identitätsstiftenden Bergbauzulieferer-Standort der ehemaligen Eisenhütte Westfalia hier in Lünen zu erhalten“.
„Ein Schlag ins Gesicht“ ist die Werksschließung für die Gewerkschaft IG Metall. Ulrike Hölter, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Geschäftsstelle Dortmund verspricht: „Wir werden hart darum verhandeln, um für die Menschen in dieser Situation das Bestmögliche zu erreichen.“
Wirtschaftsförderer Eric Swehla spricht von einem „Tiefschlag“, vor allem für die betroffenen Mitarbeiter. Das Bestreben der Wirtschaftsförderung sei es, dort schnellstmöglich neue Arbeitsplätze zu schaffen – „für die Caterpillar-Belegschaft und darüber hinaus!“
Leben erleben, mit allem was dazugehört, das ist die Arbeit in einer Lokalredaktion, und das wird auch nach mehr als 30 Jahren niemals langweilig, in der Heimatstadt Dortmund sowieso nicht. Seriöse Recherche für verlässliche Informationen ist dabei immer das oberste Gebot.

Gebürtiger und auch immer noch dort lebender Dortmunder. Der der Stadt Lünen aus der „Außensicht“ viel abgewinnen kann – und doch immer wieder erstaunt ist, wie manches hier so läuft. Lieblingsthemen: Politik, Wirtschaft, Soziales.
