Direkt nach dem Urteil stand für Leo Bögershausen fest, dass der Prozess in Gelsenkirchen nur eine Etappe auf dem Weg zur endgültigen Entscheidung war. „Die erste Halbzeit ist rum und es steht 1:0 für die Gegnerin, die Stadt Lünen. Wir wollen sehen, wie die zweite Halbzeit ausgeht“, gab sich der Mitinitiator der Bürgerinitiative „Gegen die Müllkippe“ kämpferisch. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht die Klage der BI gegen die Art der Durchführung des Bürgerentscheids in Lünen zu den Gewerbegebieten Derner Straße und Klöters Feld abgelehnt.
Nun setzten Bögershausen und die BI ihre Ankündigungen auch in die Tat um. „Wir haben bereits vor einer Woche Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt“, teilte der Mitinitiator am Freitag (22. September) mit. „Unser Anwalt arbeitet gerade an der Begründung.“

Wenn die Berufung der BI zugelassen wird, wird der Prozess am Oberverwaltungsgericht Münster weitergeführt. „Es gab noch kein gleichgelagertes Verfahren wie unser Anliegen. Daher rechnen wir damit, dass das Oberverwaltungsgericht sehr zeitnah über die Zulassung entscheiden wird“, sagt Bögershausen. Der Anwalt der Initiative, Wilhelm Achelpöhler, spricht sogar davon, dass „die Zulassung der Berufung so sicher wie das Amen in der Kirche“ sei.
Falls es zu einem Prozess in Münster kommen sollte, geht die BI optimistisch in das Verfahren. „Wir sehen gute Erfolgschancen, dass wir den Prozess gewinnen. Unserer Meinung nach hatte der Richter am Verwaltungsgericht schon vor Beginn des Prozesses sein Urteil gefällt“, erklärt Leo Bögershausen.
„Menschen zweiter Klasse“
Die Bürgerinitiative stützt ihr Vorgehen vor allem auf einen Punkt: die zu geringe Anzahl von Stimmbezirken. Das Verwaltungsgericht hatte geurteilt, dass keine Verletzung der elementaren und demokratischen Grundsätze feststellbar sei.
Die BI sieht jedoch ein Problem darin, dass nach der Satzung der Stadt Lünen
über die Durchführung von Bürgerentscheiden vom 28. Juni 2022 allein der Bürgermeister dazu befugt ist, das Abstimmungsgebiet in Stimmbezirke einzuteilen.
„Dann hätte er ja auch mehr Stimmbezirke einrichten können. Aber er wird wohl seine Gründe gehabt haben, warum er das nicht tut. Letztlich fehlten uns die Stimmen aus fünf Bezirken, die unter Umständen zu einem Sieg gereicht hätten“, vermutet Bögershausen und ergänzt: „Daher gibt es für uns immer noch Menschen der ersten bzw. der zweiten Klasse, was die Abstimmungsmöglichkeiten betrifft.“

Zur Erinnerung: Beim Bürgerentscheid gab es eine überwältigende Mehrheit, die für die Aufhebung abstimmte. Für den Bürgerentscheid Klöters Feld gab es 8560 Ja-Stimmen, für die Derner Straße 8552 Ja-Stimmen. 1725 (Klöters Feld) bzw. 1719 (Derner Straße) Abstimmende votierten mit „Nein“.
Das Problem: Für die Aufhebung beider Bebauungspläne hätten jeweils mindestens 9823 Abstimmende mit „Ja“ stimmen müssen. Damit verfehlten beide Bürgerentscheide das notwendige Quorum von 15 Prozent Ja-Stimmen aller Abstimmungsberechtigten.
„Verfahren richtungsweisend“
Unterdessen wies Leo Bögershausen auf die Tragweite eines Prozesses am Oberverwaltungsgericht Münster hin. „Es gab bisher keine Anfechtung gegen die Art der Durchführung eines Bürgerentscheids. Daher kann das Verfahren richtungsweisend für ähnliche Prozesse werden.“
Zu dem Zeitpunkt, als die BI Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen einlegte, wurde auch die Stadt Lünen als Angeklagte informiert. Eine angefragte Stellungnahme zu diesem Schritt der Initiative blieb bisher aus.
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