Der Ukraine-Krieg mit all seinen Folgen hat die ohnehin schwierige Haushaltssituation des Kreises Unna und seiner Städte und Gemeinden noch einmal deutlich verschärft. Die Isolierung der kriegsbedingten finanziellen Schäden etwa bei den Soziallasten hilft zwar kurzfristig, gilt aber eher als eine Verschiebung des Problems in die Zukunft mit wachsender Schuldenlast.
Im Kreishaus und in den Rathäusern ist man sich einig, dass die Kommunen kaum noch Möglichkeiten haben, sinnvoll zu sparen oder ihre Einnahmen durch Steuererhöhungen zu verbessern. Es handele sich um ein Problem struktureller Unterfinanzierung, das vor Ort nicht gelöst werden könne. Deshalb schrieben Landrat Mario Löhr und die zehn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Kreis Unna bereits im September einen vierseitigen Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
Sozialausgaben steigen drastisch
Darin machen sie auf ihre Lage aufmerksam, die im Kreis Unna als vergleichsweise strukturschwacher Region mit 7,4 Prozent Arbeitslosigkeit wohl noch etwas misslicher ist als andernorts. In dem Schreiben heißt es wörtlich: „Wir können unseren Bürgern und Bürgerinnen nicht vermitteln, dass schon jetzt hohe Grundsteuern und andere kommunale Abgaben nach jahrelanger Konsolidierung der kommunalen Haushalte erneut dramatisch angehoben werden müssen, um bundesgesetzlich normierte Ansprüche in den sozialen Sicherungssystemen zu finanzieren.“
Die Kommunen hätten selbst nicht genug Steuereinnahmen, um die Zuwächse etwa bei den Sozialleistungen gegenzufinanzieren. Allein die Steigerungen für Sozialausgaben beim Kreis Unna und beim Landschaftsverband, die in engem Zusammenhang mit den kriegsbedingt ausufernden Energiepreisen sowie zusätzlichen Bedarfsgemeinschaften durch Ukraine-Flüchtlinge stehen, würden im Jahr 2023 zusätzliche Mittel in Höhe von rund 30 Millionen Euro erfordern.
Düsteres Szenario für die Zukunft
Der Landrat und die Bürgermeister malen in ihrem gemeinsamen Schreiben ein düsteres Bild. „Wenn nicht entschieden gegengesteuert wird, gehen im wahrsten Sinne des Wortes im Kreis Unna die Lichter aus – in Schwimmbädern, in Büchereien, in Jugendzentren...“
Deshalb formulieren sie den dringenden Appell an den Landesvater: „Bitte ergreifen Sie die Initiative, um die finanziellen Rahmenbedingungen für die Kommunen in unserem Bundesland mit den erforderlichen strukturellen Reformen nachhaltig zu verbessern. Sorgen Sie dafür, dass wir in die Lage versetzt werden, unsere Aufgaben auch künftig zu unser aller Wohl wahrnehmen zu können und um drohende gesellschaftliche Verwerfungen zu verhindern.“

Der Landrat traf sich außerdem vor einigen Tagen erstmals mit LWL-Direktor Dr. Georg Lunemann. Die Umlage an den Landschaftsverband ist mit künftig 130 Millionen Euro der größte Ausgabenposten im Kreishaushalt. Das Gespräch sei gut verlaufen, sagt Löhr, doch er ist es erkennbar leid, wenn sich Kommunen und Verbände gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben. „Auf die Standards etwa in Gesundheit und Pflege haben wir keinen Einfluss. Wenn Bund und Land das festlegen, sollen sie auch die Finanzierung der Einrichtungen übernehmen.“
Inzwischen hat die Staatskanzlei in Düsseldorf auf das Schreiben aus dem Kreis Unna geantwortet – allerdings relativ knapp und auch „nur“ durch einen Mitarbeiter von Hendrik Wüst. Mario Löhr ist über diese Art von Reaktion des Ministerpräsidenten enttäuscht. Ihm gehe es, betont der SPD-Mann mit Blick auf den Landesvater von der CDU, nicht um Parteipolitik, sondern um die Sache. Wüsts SPD-Vorgänger hätten das auch nicht besser gemacht, aber es brauche nun für die Kommunen eine Lösung, weil die Probleme immer größer würden.
„Bin als Landrat enttäuscht von meinem Landesvater“
„Ich bin als Landrat enttäuscht von meinem Landesvater“, sagt Löhr. Er habe von dem Schreiben gar nicht viel erwartet, „aber wenigstens, dass er sich damit beschäftigt“. Ein Satz wie „Herzlich versichere ich Ihnen, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen um die großen Herausforderungen weiß“ und das Versprechen, die „Anregungen in die weiteren Überlegungen der Landesregierung einfließen“ zu lassen, sind Löhr zu wenig. Immerhin kündigt Wüsts Referent an, dass der Kreis Unna vom zuständigen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung „weitere Nachricht“ erhalten werde.
So richtig, bilanziert Löhr ernüchtet, sehe er auf der großen politischen Bühne leider niemanden, der das Problem der Unterfinanzierung des kommunalen Raums gelöst haben will. Mit dem Ministerpräsidenten im Rücken könnte man das Thema anders angehen, sagt der Landrat. „Leider kommen wir nicht richtig weiter, aber es ist trotzdem wichtig dranzubleiben.“
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