Sitz des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster, LWL-Direktor Georg Lunemann: 130 Millionen Euro soll der Kreis Unna im nächsten Jahr im Zuge der Landschaftsumlage an den LWL überweisen.

Sitz des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster, LWL-Direktor Georg Lunemann: 130 Millionen Euro soll der Kreis Unna im nächsten Jahr im Zuge der Landschaftsumlage an den LWL überweisen. © Fotos: LWL/Montage: Kohues

Wofür kassiert der LWL eigentlich 130 Millionen Euro vom Kreis Unna?

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Die Landschaftsumlage steigt und steigt – binnen fünf Jahren soll der Kreis Unna fast 30 Millionen Euro mehr nach Münster überweisen. Der LWL erklärt, wofür er das Geld braucht.

von Kevin Kohues

Kreis Unna

, 20.09.2022, 07:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Das Haushaltsvolumen des Kreises Unna beträgt 2023 rund 570 Millionen Euro. Ein Großteil des Geldes sind Sozialkosten, etwa die Warmmieten für die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen. Sehr viel Geld überweist der Kreis Unna aber auch jedes Jahr nach Münster – und zwar in Form der Landschaftsumlage. In konkreten Zahlen: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) kassiert im laufenden Jahr 115 Millionen Euro, nächstes Jahr sollen es sogar 130 Millionen Euro sein. Wofür eigentlich? Unsere Redaktion hat an den Verband einen Fragenkatalog geschickt – mit dem Ziel herauszufinden, was mit dem Geld eigentlich passiert. Alles Wissenswerte bündeln wir in Fragen und Antworten.

? Was ist überhaupt die Landschaftsumlage?

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist ein Kommunalverband mit 27 Mitgliedskörperschaften, zu denen auch der Kreis Unna gehört. Für sie übernimmt der LWL Aufgaben in den Bereichen Soziales, vor allem für Menschen mit Behinderung, Psychiatrie, Maßregelvollzug, Jugend und Schule sowie Kultur.

Die LWL-Klinik für Forensische Psychiatrie in Dortmund (Wilfried-Rasch-Klinik) gilt mit 62 Behandlungsplätzen als eine der modernsten ihrer Art in Deutschland.

Die LWL-Klinik für Forensische Psychiatrie in Dortmund (Wilfried-Rasch-Klinik) gilt mit 62 Behandlungsplätzen als eine der modernsten ihrer Art in Deutschland. © LWL/Schulte-Fischedick

Der LWL übernimmt als Kommunalverband die Aufgaben für alle Städte und Kreise in Westfalen-Lippe, die die Kommunen nicht alleine leisten könnten. Da die Landschaftsverbände keine eigenen Steuereinnahmen haben und auch nur in relativ geringem Umfang anderweitige Erträge, stellt die Landschaftsumlage die Haupteinnahmequelle dar.

Der Hebesatz der Umlage wird von der Landschaftsversammlung, dem Westfalenparlament, mit dem LWL-Haushalt zusammen verabschiedet. Die Höhe des Hebesatzes wiederum hängt unter anderem davon ab, wie hoch die Steuerkraft (also Einnahmen aus Grund- und Gewerbesteuern) der Kommunen ausfällt.

? Was genau wird mit den 115 bzw. künftig 130 Millionen Euro aus der Umlage finanziert?

Der LWL betreibt insgesamt 35 Förderschulen, 21 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten deutschen Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Während die Krankenhäuser sich selbst – also ohne Landschaftsumlage – refinanzieren, bedarf es zur Deckung der Aufwendungen im sozialen, kulturellen und schulischen Bereich der Landschaftsumlage, wie der LWL mitteilt.

Beispiel Stadt Unna: Laut LWL-Leistungsbericht 2022 hatten im vergangenen Jahr Einrichtungen in Unna Aufwendungen in Höhe von 21,9 Millionen Euro (Hellweg-Werkstätten, Bethel regional, Lebensarche Königsborn, Sozialwerk St. Georg).

? Was haben die Menschen im Kreis Unna davon?

Der LWL hat im Jahr 2022 einen Haushalt von rund 3,69 Milliarden Euro zur Verfügung. Fast 90 Prozent des Haushalts fließen auf gesetzlicher Grundlage in soziale Aufgaben, vor allem in die sogenannte Eingliederungshilfe – die Sozialhilfe für Menschen mit Behinderung, die entsprechend den Betroffenen zugute kommt.

Einen wesentlich kleineren Teil der Aufwendungen macht der Bereich Kultur aus, doch er sei hier genannt, weil er auf Schloss Cappenberg potenziell für alle Menschen sichtbar wird. Dort betreibt der LWL ein Museum, wo aktuell eine große Barbarossa-Ausstellung zu sehen ist. Sie präsentiert rund 60 Exponate, die die Verbindungen zwischen dem Stift Cappenberg, einem früheren Kloster, und Kaiser Barbarossa im 12. Jahrhundert zeigen.

? Warum steigt die Umlage binnen fünf Jahren in der Höhe um fast 30 Millionen Euro?

Die Aufwendungen in der Eingliederungshilfe steigen laut LWL-Angaben jährlich, weil immer mehr Kinder und Erwachsene mit Behinderung einen gesetzlichen Anspruch auf Hilfe haben. Weitere Gründe für die Steigerung: Neben steigenden Fallzahlen in der Eingliederungshilfe auch mehr Fälle in den Gesundheitseinrichtungen, ein damit einhergehender steigender Personalbedarf, auch für mehr Aufgaben im Sozial- (Hilfeplanung) sowie im Kinder- und Jugendbereich (Frühförderung).

Eine Mitarbeiterin der Recklinghäuser Werkstätten. Ein Großteil des Geldes aus der Landschaftsumlage kommt der sozialen und beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zugute.

Eine Mitarbeiterin der Recklinghäuser Werkstätten. Ein Großteil des Geldes aus der Landschaftsumlage kommt der sozialen und beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zugute. © LWL

LWL-Sprecher Thorsten Fechtner erklärt: „Dass der LWL insgesamt mehr Landschaftsumlage braucht, liegt vor allem daran, dass mehr Menschen mit Behinderung auf Unterstützung (sogenannte Eingliederungshilfe) – auf die sie einen Rechtsanspruch haben – angewiesen sind und sich deren Unterstützungsbedarf mit zunehmendem Alter teilweise erhöht – Stichwort demografischer Wandel.“

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Hinzu kämen Aufgabenverlagerungen zwischen den kreisfreien Städten und Kreisen einerseits und den Landschaftsverbänden andererseits sowie Preis- und Tarifsteigerungen bei den Sach- bzw. Personalkosten. So führe etwa der Personalmangel im sozialen- und Pflegebereich auch dazu, dass die Gehälter in diesem Bereich deutlich angestiegen sind.

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