„Na, wann verreckst Du denn endlich?“ - Stadt lässt Spruch entfernen

© Storks

„Na, wann verreckst Du denn endlich?“ - Stadt lässt Spruch entfernen

rnSchmiererei in Lünen-Süd

Der mit weißer Lackfarbe auf die Jägerstraße in Lünen-Süd geschmierte Schriftzug „J. Du da verrecke endlich“ zielte auf einen Anwohner ab. Jetzt hat die Stadt reagiert.

Lünen

, 31.01.2019, 05:45 Uhr / Lesedauer: 3 min

Update, 31. Januar, 17 Uhr:

Die Stadt teilt mit, dass sie den Satz auf der Jägerstraße entfernt hat. Dabei kam ein sogenanntes Anti-Graffiti-Gerät zum Einsatz, das Sandkörner mit Hochdruck auf den Straßenbelag sprüht.

Die Schrift konnte rückstandslos entfernt werden. Die Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe Lünen (WBL) und der Stadt Lünen achteten zudem darauf, dass so gereinigt wurde, dass die Beleidigung auch nicht mehr als „Phantomschrift“ erkennbar ist.

Meldungen über die Schrift auf der Jägerstraße gab es schon länger, jetzt erst reagierte die Stadt, die zuvor davon ausgegangen war, dass es sich um wahllose Schmierereien handelte - und nicht um gezielte Beleidigung eines Anwohners.

„Das hätte uns früher auffallen müssen und dann wären wir sicher auch schneller tätig geworden. Das ist nicht optimal gelaufen und wir bitten um Entschuldigung, dass es in diesem Fall bis zur Beseitigung so lange gedauert hat“, sagte Stadtsprecher Benedikt Spangardt. Man werde die Kommunikation über den Vorfall auch intern aufarbeiten.

Sowohl die Stadt Lünen als auch der Anwohner, an den sich die Worte offenbar richteten, haben Anzeige bei der Polizei erstattet.

Mit einem sogenannten Anti-Graffiti-Gerät entfernten Mitarbeiter von WBL den Lack auf der Jägerstraße.

Mit einem sogenannten Anti-Graffiti-Gerät entfernten Mitarbeiter von WBL den Lack auf der Jägerstraße. © Stadt

So haben wir ursprünglich berichtet:

Jürgen Duda traut sich seit Weihnachten nicht mehr aus dem Haus. Genau gesagt, seit dem 25. Dezember 2018, dem 1. Weihnachtsfeiertag. Als der 59-jährige Frührentner und Ex-Bergmann an diesem Dienstagmorgen die Fensterrollade seines kleinen Wohn- und Schlafzimmers hochzieht, kann er nicht glauben, was er da sieht. Unten auf der Jägerstraße prangt ein weißer Schriftzug: „J. Du da verrecke endlich“. Seitdem geht er „durch die Hölle“, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion am Mittwoch, 30. Januar, sagt: „Auf der Straße sprechen mich ständig irgendwelche Leute an und fragen: Na, wann verreckst Du denn endlich? Das geht so nicht weiter, ich kann bald nicht mehr. Hoffentlich wird das bald von der Straße entfernt.“

Zurück zum 1. Weihnachtsfeiertag:

Duda entdeckt die Schmiererei, ruft aus Verzweiflung eine Bekannte an. Weil Weihnachten ist, entscheiden die Beiden, erst nach den Feiertagen die Polizei zu informieren. Das geschieht telefonisch am Donnerstag (27.).

Polizeibeamte vor Ort

„Kurz nachdem wir bei der Polizei angerufen haben, sind auch zwei Beamte aus Dortmund vorbeigekommen und haben sich die Sauerei angeguckt“, sagt Duda im Gespräch - in seiner Wohnung - am Mittwoch (30.) weiter. Dabei raucht der 59-Jährige eine Zigarette nach der anderen, wirkt immer noch ganz aufgelöst:

„Als die Polizei hier war, habe ich gleich Anzeige gestellt.“ Außerdem seien am 2. Januar noch einmal Beamte vorbeigekommen. „Die haben da nicht nur Fotos von der Sauerei gemacht, die haben sogar noch versucht, das wegzumachen. Ansonsten habe ich von denen nichts mehr gehört.“, sagt Duda.

Auf die Frage, ob er denn einen Verdacht und diesen der Polizei mitgeteilt habe, antwortet der ehemalige Bergmann: „Ja, habe ich. Mehr sage ich aber jetzt nicht dazu.“

Möglicher Tatzeitraum

Eine Polizeisprecherin bestätigt am Mittwoch, dass seit dem 27. Dezember eine Anzeige Dudas gegen Unbekannt wegen Beleidigung vorliegt und dass die Beamten später noch versucht hätten, die Schmiererei zu entfernen: „Das hat aber nicht funktioniert, weil es sich um Lackfarbe oder ähnliches handelt.“

Wie die Sprecherin weiter sagt, soll sich die Tat zwischen dem 25. Dezember, 21 Uhr, und dem 26. Dezember, 9 Uhr, ereignet haben. Weitere Angaben macht die Polizeisprecherin keine, außer dass die Ermittlungen noch liefen und man die Stadt Lünen am 8. Januar über den Vorfall informiert habe.

Das wiederum hat die Stadt schon am Dienstag (29. Januar) unserer Redaktion auf Nachfrage mitgeteilt. Auslöser der Recherche war der Hinweis einer Anwohnerin der Jägerstraße, dass sie die Stadt schon am 7. Januar über die Schmiererei informiert habe und seitdem nichts passiert sei.

Antisemitischer Hintergrund?

Außerdem hatte die Anwohnerin vermutet, dass die Schmiererei einen antisemitischen Hintergrund haben könnte. Für sie las sich das Geschmiere als „Juda verrecke endlich“.

Derweil ist die Stadt Lünen um Schadensbegrenzung bemüht. Dort hatte es am Dienstag noch geheißen, dass nach Angaben der Wirtschaftsbetriebe Lünen (WBL) wegen der Witterung in den vergangenen Wochen die üblichen Methoden zur Entfernung beziehungsweise Überdeckung bisher nicht anwendbar gewesen seien und jetzt gerade eine Alternative geplant werde. Die scheint, ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wie aus heiterem Himmel gefunden. Denn seit Mittwoch heißt es bei der Stadt:

Stadt hat es auf einmal eilig

„Die Reinigung ist weiterhin witterungsabhängig. Morgen (Donnerstag, 31., Anm. d. Red.) soll ein sogenanntes Anti-Graffiti-Gerät zum Einsatz kommen. Das versprüht feine Sandkörner mit Hochdruck. Auch das wird aber nur möglich sein, wenn die Temperatur über 0° C liegt, weil sonst die Düse des Geräts zufriert.“

Außerdem heißt es: „Dass der Einsatz des Gerätes erst jetzt in Betracht gezogen wird, liegt daran, dass das Gerät normalerweise über den Winter eingemottet bleibt, weil es in dieser Jahreszeit ohnehin nicht sinnvoll eingesetzt werden kann. Das Gerät wird nun betriebsbereit gemacht und morgen wird der Einsatz versucht. Ist es zu kalt, wird es wahrscheinlich nicht funktionieren. Aber WBL wird das morgen nach Möglichkeit probieren, weil auch wir der Meinung sind, dass diese offenbar persönliche Beleidigung auf der Straße nicht irgendeine Schmiererei, sondern ein untragbarer Zustand ist.“

Zeugen gesucht

Dass es sich bei der Schmiererei um eine persönliche Beleidigung handelt, will die Stadt übrigens erst seit Dienstagabend nach einem entsprechenden Hinweis aufgrund unserer Berichterstattung im Netz wissen.

Stadtsprecher Benedikt Spangardt: „In der Mitteilung der Polizei, die bei uns am 8. Januar eingegangen ist, war nicht die Rede von einer ‚persönlichen Beleidigung’. Dass bei der Polizei eine Anzeige des offenbar betroffenen Anwohners vorliegt, war uns nicht bekannt.“

Zeugen können sich bei der Polizei wie gewohnt unter Tel. (0231) 132-7441 melden.

Jetzt lesen